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Iran droht dem Westen

Im Atomstreit mit dem Westen hat Iran vor einer Anrufung des UN-Sicherheitsrates gewarnt. In diesem Fall werde Teheran "seine freiwilligen Maßnahmen zur Zusammenarbeit" einstellen. Pressestimmen

Auch nach der Entscheidung der EU-Troika (Deutschland, Frankreich, Großbritannien), die Verhandlungen mit der Führung in Teheran vorläufig abzubrechen, gibt es von europäischer Seite unverändert die Bereitschaft, über eine Lösung im Atomstreit zu sprechen. Nach den Worten seines Präsidenten Mahmoud Ahmadinejad fürchtet der Iran westliche Drohungen wegen seines Atomprogramms nicht. Teheran werde sein Programm fortsetzen, sagte Ahmadinejad am Freitag der Nachrichtenagentur Mehr.

Am Donnerstag hatten sich Deutschland, Frankreich und Großbritannien, die für die EU verhandeln, dafür ausgesprochen, den Atomstreit vor das höchste UNO-Gremium, den Sicherheitsrat, zu bringen, der gegebenenfalls Sanktionen verhängen kann. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier hatte aber betont, dass dies nicht das Ende der Verhandlungen bedeuten müsse. Auch London und Paris drangen am Freitag auf Geduld mit dem Iran.

Die Verhängung von Sanktionen gegen den Iran sei eine Option, doch zuvor müssten andere Möglichkeiten der Druckausübung versucht werden, sagte der britische Außenminister Jack Straw. Ein Sprecher des französischen Außenministeriums sagte, im jetzigen Stadium seien Sanktionen „verfrüht“. Der Westen befürchtet, dass der Iran sein wiederaufgenommenes Programm zur Urananreicherung zum Bau von Atomwaffen missbrauchen könnte.

Vertreter der EU, der USA, Russlands und Chinas wollen sich am kommenden Montag bei einem Treffen in London über das weitere Vorgehen im Atomstreit mit dem Iran abstimmen. Bei dem Treffen solle ein Termin für die geplante Sondersitzung des Gouverneursrats der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA (IAEO) vereinbart werden, hieß es am Freitag von europäischen Diplomaten am IAEA-Sitz in Wien. Der Gouverneursrat kann über die mögliche Anrufung des UNO-Sicherheitsrates entscheiden.

Zuvor hatte bereits der iranische Außenminister Manuchehr Mottaki damit gedroht, die Zusammenarbeit mit der IAEA aufzukündigen, wenn der Fall vor den Weltsicherheitsrat gebracht werde. Die russische Regierung richtete unterdessen einen neuerlichen Appell an die Führung in Teheran. Um die Krise zu entschärfen, müsse der Iran seine Forschung zur Urananreicherung wieder einstellen, hieß es in einer Erklärung des russischen Außenministeriums vom Freitag. Das Ministerium prüfe derzeit die Möglichkeit, den UNO-Sicherheitsrat mit der Angelegenheit zu befassen. Der Iran müsse zu „vollständiger und transparenter Zusammenarbeit“ mit der IAEA bereit sein, hieß es weiter.

Trotz des eskalierenden Streits um den iranischen Atompläne will Russland Teheran die vereinbarten Luftabwehrraketen Tor-M1 für 700 Millionen US-Dollar (578 Mio. Euro) liefern. „Der Vertrag über diese Waffensysteme und der Konflikt um das iranische Atomdossier sind in keiner Weise miteinander verknüpft“, sagte Verteidigungsminister Sergej Iwanow am Freitag in Moskau. Russland und der Iran hatten den international kritisierten Vertrag Ende 2005 geschlossen.

Anrufung des UN-Sicherheitsrats wird nicht einfach

Nach ihrem kurzen Treffen in Berlin gaben sich die Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens entschlossen. Die Atomgespräche mit Iran seien „an einem toten Punkt“ angelangt, meinte Frank-Walter Steinmeier. Und sein britischer Kollege Jack Straw sah „keinen anderen Ausweg“, als eine Sondersitzung der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA (IAEO) einzuberufen und den UNO-Sicherheitsrat einzuschalten.

Doch der angedrohte Gang nach New York, der den Druck auf den Iran weiter erhöhen soll, wird alles andere als ein Spaziergang. Bereits in der kommenden Woche wollen sich deshalb Vertreter der EU, der USA, Russlands und Chinas in London treffen, um über die weiteren Schritte zu beraten

Während die USA der iranischen Führung schon seit mehr als zwei Jahren mit der Knute politischer und wirtschaftlicher Sanktionen drohen, griff die EU erst im September zu diesem Mittel. Auf einer Sondersitzung des IAEA-Gouverneursrats in Wien drückten sie eine Resolution durch, in der Iran erstmals mehrerer Verstöße gegen den Atomwaffensperrvertrag bezichtigt wurde. Diese müssten nach den IAEA-Statuten nach New York gemeldet werden.

Schon diese Erklärung spaltete die 35 Mitglieder. Zahlreiche Mitglieder, darunter China, stimmten dagegen. Immerhin enthielten sich Russland (als Veto-Macht im Sicherheitsrat) und Indien. Angesichts des starken Widerstands versichern Diplomaten des EU-Trios auch jetzt wieder, man wolle den „Fall Iran“ nicht aus der Hand geben, auch an Sanktionen oder gar Gewalt sei nicht gedacht. Man hoffe lediglich, dass der Sicherheitsrat mit seiner Autorität Iran zum Einlenken bringen werde. „Es wird immer übersehen, dass der Sicherheitsrat mehrere politische Instrumente zur Verfügung hat, bevor man zu Sanktionen greift“, betonten Diplomaten am Freitag in Wien

Auch jetzt dürfte es EU und USA schwer fallen, die Mitglieder des Gouverneursrats zu überzeugen. Schließlich wollen sie ein Land für ein Vergehen vor den Sicherheitsrat bringen, das zwar gegen den Atomwaffensperrvertrag verstoßen und die Wiener Atombehörde durch ihr geheimes Atomprogramm 18 Jahre hintergangen hat. Seit zwei Jahren aber kooperiert Teheran mit der IAEA.

Es hat seine Atomforschungsstätten für IAEA-Inspektoren geöffnet und im Dezember 2003 das Zusatzprotokoll zum Sperrvertrag unterzeichnet, das zahlenmäßig unbegrenzte Kontrollen durch IAEA-Inspektoren nach kurzer Vorwarnung ermöglicht. Diese Kontrollen haben – so IAEA-Chef Mohamed ElBaradei – keinen Beweis erbracht, dass Teheran in den vergangenen Jahrzehnten wirklich aktiv an der Entwicklung von Atombomben gearbeitet hat.

Auf dieser Basis riskiert die neue Regierung in Teheran unter dem Hardliner-Präsidenten Mahmoud Ahmadinejad auch die Konfrontation mit dem Westen. „Wir verfolgen nur unser (im Atomsperrvertrag) verbrieftes Recht auf friedliche Nutzung der Atomenergie“ bekräftigen alle Sprecher in Teheran. Mit dem Beitritt zu diesem Vertragswerk sicherten sich die Unterzeichner automatisch dieses Recht. Auch das auf die Anreicherung von Uran, die der Westen, aber auch Russland Teheran inzwischen vorenthalten wollen. Doch nicht nur der Westen hat Zweifel an der Redlichkeit Teherans und sieht sich nicht zuletzt durch die verbalen Ausfälle Ahmadinejads gegen Israel bestätigt.

Angesichts dieser diplomatisch schwierigen Ausgangsposition wollen Europäer und USA im Fall Iran zunächst „Schritt für Schritt“ vorgehen. „Der Weg der Diplomatie ist noch lange nicht zu Ende“, heißt es vor der angekündigten Sondersitzung des Gouverneursrats in Wien, für die es aber noch keinen Termin gibt. Wie es allerdings weiter gehen soll, falls Teheran auch dem Druck des Sicherheitsrats widersteht, darüber will man nicht spekulieren.

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