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Interview mit 'Initiative Steinhof': "Die Grünen haben sich um 180° gewendet"

Ing. Gerhard Hadinger sieht "keine Gesprächsbasis".
Ing. Gerhard Hadinger sieht "keine Gesprächsbasis". ©APA/Schreinerkastler, Gerhard Hadinger
VIENNA.at spricht im Rahmen der Wien-Wahl auch mit Bürger-Initiativen der Stadt. Diesmal haben wir Gerhard Hadinger von der "Initiative Steinhof" zum Interview gebeten. Er spart nicht mit Kritik an der Stadtregierung und zeigt sich vor allem von den Grünen "enttäuscht".

Auf den Steinhofgründen im 14. Wiener Gemeindebezirk sollen durch Bauvorhaben neue Wohnungen entstehen. Dem wollte die “Initiative Steinhof” entgegentreten.

Gründer dieser Bürgerbewegung ist Gerhard Hadinger, der im VIENNA.at-Einblick in einen Kampf gegen Windmühlen gibt und kein gutes Haar an der Stadtregierung lässt.

VIENNA.at: Das Anliegen ihrer Bürgerinitiative ist es, die Steinhofgründe und das Otto-Wagner-Spital zu erhalten. Was können Sie über den Status quo berichten?

Gerhard Hadinger: Wie es jetzt aussieht, geht die Stadt Wien nicht ab davon, dort Wohnungen zu bauen. Vor Kurzem hat es einen neuen Teilungsplan gegeben, der eigentlich – was die Bauhöhe betrifft – noch ärger ist als jener, den es bei der Mediation im Jahr 2012 gegeben hatte. Vielleicht wartet man jetzt noch die Wahl ab, aber momentan schaut es danach aus, als würden sie trotzdem bauen wollen.

Sie haben in der Vergangenheit kritisiert, dass diese Bauvorhaben recht zügellos gebilligt wurden. Wie sieht da die Gesprächsbasis zwischen Ihrer Initiative und der Stadtregierung aus?

Es gibt eigentlich keine Gesprächsbasis. Jene Mediation 2012 war das Einzige, was es in dieser Hinsicht irgendwie gab, seitdem hat es keine Gespräche gegeben. Wir erfahren gewisse Dinge nur über Informationen, die wir hinten herum bekommen. Wie zum Beispiel dieser Teilungsplan. So etwas wird zwar öffentlich gemacht, aber es wird nicht kundgetan, dass es zu Änderungen gekommen ist. Das ist eigentlich das Schlimme, dass man als Bürger versuchen muss, alle möglichen Quellen anzuzapfen, damit man ansatzweise an Informationen kommt, denn offiziell gibt es keine.

Keine Gesprächsbasis zu haben, wirkt sich selbstredend fatal auf Ihre Arbeit und das Vorhaben Ihrer Initiative aus.

Natürlich! Wenn man nicht kommuniziert, kann man nicht wissen, was geplant ist. Es könnte ja auch sein – obwohl es darauf keinen Hinweis gibt – dass etwas Positives in Ausarbeitung ist. Aber das weiß man genauso wenig, wie die negativen Dinge.

Wie fällt Ihr Resümee der vergangenen fünf Jahre rot-grüne Stadtregierung aus?

Es waren gerade die Grünen, die 2006 für das Otto-Wagner-Spital Antrag auf Weltkulturerbe stellten. Während der Koalition mit der SPÖ haben sie sich, unserer Meinung nach, um 180 Grad gewendet. Momentan sind sie der Meinung, es müsse dort gebaut werden, dabei widerspricht das den grünen Grundsätzen, wenn man gleichzeitig sagt, man will die Natur, die Tierwelt und die Umwelt schützen. Da sind wir schon sehr enttäuscht und der Ansicht, dass sie sich in die falsche Richtung entwickelt haben – und das nicht nur bei Steinhof.

‘Initiative Steinhof’: “Anliegen Bürgerbeteiligung? Das kann nicht stimmen!”

Sie haben auch beklagt, dass man bei Anfragen an die Stadtverwaltung mit kurzen Statements abgespeist wird. Haben Sie das Gefühl, es mit einem übermächtigen, kaum greifbaren Gegenüber zu tun zu haben?

Ja, richtig! Es gibt ja nicht nur von uns Anfragen, Steinhof betreffend. Es werden dann immer wieder die gleichen Antworten mit den gleichen Satzformulierungen geschickt. Wenn die Fragestellung unterschiedlich ist, aber die Antworten über die Jahre immer die gleichen sind, dann ist das schon seltsam. So wie sich die Stadtregierung brüstet und sagt, Bürgerbeteiligung sei ein großes Anliegen – das kann nicht stimmen, wenn die Kommunikation so aussieht, dass man stets dieselben Pauschalantworten bekommt.

Das desillusioniert wohl auch.

Das Schlimme ist ja Folgendes: Bei einer Mediation kann es nur einen Konsens oder einen Dissens geben, und in puncto Bebauung in Steinhof gab es keinen Konsens, was eindeutig auch im Abschlusspapier zu lesen ist. Dennoch beruft sich die Stadt Wien nun darauf, dass sie das, was die Bürger wollen, jetzt umsetzt. Das stimmt ganz einfach nicht und da ist man einfach machtlos, denn was die Stadtregierung verlautbart, wird auch von den Medien so kommuniziert.

Das heißt, auch im Vorfeld der Wahl ist die Stadtregierung nicht in irgendeiner Form auf Ihre Initiative zugegangen.

Seit der Mediation 2012 nicht, nein.

“Das Einzige, das wirklich keinen Sinn hat, ist nichts zu machen”

Von der Politik zu den Bürgern: Wie kommt Ihrer Meinung nach Ihre Initiative bei der Bevölkerung an?

Zuerst heißt es, das hätte eh keinen Sinn, die Politik mache, was sie will und wofür tut man sich das überhaupt an? Das sind die negativen Reaktionen, auf die wir antworten: Das Einzige, das wirklich keinen Sinn hat, ist nichts zu machen. Aber in Grunde ist es ja leider wirklich so. Auch unsere Erfahrung hat gezeigt, dass sich die Bürger nicht gerne an etwas aktiv beteiligen. Sie können Unterschriftenlisten auflegen, da unterschreiben alle, aber sobald es um irgendeine Form des Aktionismus geht, wird’s wieder dünn. Das ist ein bisschen die Bequemlichkeit der Menschen – meckern tun wir alle und solange jemand anderes etwas macht, sagen wir: Das ist super! Im Prinzip ist der Tenor aber: Es hat eh keinen Sinn.

Unterstreicht das nicht auch ein gewisses Maß an Politikverdrossenheit?

Das könnte man so interpretieren. Man könnte es fast Ohnmacht nennen und das Eingeständnis der Ohnmacht, dass man sowieso nichts machen kann, weil “die da oben” eh machen, was sie wollen. So ist es sehr schwierig, die Leute zu motivieren, für das, was sie denken und möchten, einzustehen.

Gibt es aus Sicht Ihrer Initiative eine bevorzugte Koalition nach der anstehenden Wahl?

Es ist insofern schlimm, weil man von den etablierten Parteien weiß, dass es in der Vergangenheit nicht immer rund gelaufen ist und dass sich alle, wenn sie an der Macht sind, daran festklammern und einiges machen, was nicht den Grundsätzen der eigenen Politik entspricht. Es wäre wohl leichter, wenn man eine Partei hernimmt, die nicht so verwurzelt wie Rot, Schwarz oder Blau ist. Allerdings ist Grün nicht wirklich eine Alternative und bei den NEOS weiß man nicht, wofür sie wirklich einstehen.

>> Hier geht es zur Website der “Initiative Steinhof”

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