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Interview mit Co-Kuratorin der Ausstellung "nackte männer" in Wien

Bei der "nackte männer"-Ausstellung in Wien
Bei der "nackte männer"-Ausstellung in Wien ©PA/ROLAND SCHLAGER
Zur Eröffnung der Ausstellung "nackte männer" im Leopold Museum gab die Co-Kuratorin Elisabeth Leopold ein Interview, in dem sie über ihre ursprüngliche Idee zur Schau, die Überklebung des Plakatsujets und ihren Zugang zur männlichen Nacktheit sprach.

APA: Frau Leopold, was war Ihnen bei der Konzeption der Ausstellung “nackte männer” wichtig?

Elisabeth Leopold: Die Idee ist entstanden, als ich eine Frauen-Ausstellung machte (Anm.: “Körper, Gesicht und Seele. Frauenbilder vom 16. bis zum 21. Jahrhundert”, 2006.). In der Akt-Abteilung habe ich gesehen, dass der Blick der Künstler naturgemäß ein Blick des Mannes ist und dass es immer wieder die schöne, die aufreizende, die anziehende Frau sein muss.

Dass also der Mensch als Mensch sich in einem weiblichen Akt immer nur in einer kleinen, abgegrenzten Perspektive sieht. Da kam mir der Gedanke, dass ich mit dem männlichen Akt, fußend auf die griechische Bildhauerei, eine so viel größere Perspektive habe. Den Knaben, den Jüngling, den Mann, den Göttervater Apollo oder Hermes oder den Sklaven, nicht zu vergessen. Alles das darzustellen im menschlichen Körper, durch den menschlichen Körper, das war zunächst mein Gedanke. Mein Titel für die Ausstellung heißt ja eigentlich “Poesie des Körpers”.

Über die Sujet-Aufregung

APA: Können Sie die Aufregung rund um das Plakat nachvollziehen?

Leopold: Bis zu einem gewissen Teil habe ich es verstanden. Ich glaube, dass sich im Körper des Menschen sein Geist ausdrückt. Wenn ich also einen Menschen mit seinem völligen Geschlecht darstelle, dann ist es sozusagen schlimm, wenn das Gesicht vollkommen ohne jeden Geist ist. Denn dann konzentriert sich die Aufmerksamkeit nur auf das Geschlecht. Diese lieben Fußballer (auf dem Plakat, Anm.) sind nicht besonders durchgeistigte Köpfe. Ich will sie nicht beleidigen, Fußballer müssen sehr gescheit sein, da sie strategisch überlegen müssen, ich empfinde das schon als eine intellektuelle Leistung. Aber wir haben ja gehört, dass das auf dem Bild ja Models sind. Leider muss ich sagen, ich sehe hier eben kein Gesicht, das etwas besonderes ausstrahlt. Dadurch kommt diese Konzentration jetzt auf ihr Geschlecht, noch dazu mit den vielen Haaren rings herum, das klescht quasi heraus, wenn das Gesicht so wenig sagt.

APA: Hätten Sie ein anderes Sujet ausgesucht?

Leopold: Wir haben ja zwei Plakate, ich habe mir den Schiele genommen, den mit den Händen, aus dem Jahr 1911. Der Schiele auf dem Plakat ist sehr ausdrucksvoll, auch schon im Gesicht, und dadurch wird der Körper geprägt. Das Bild musste ich etwas mit Widerstand durchsetzen und habe deshalb gesagt, “dann macht ihr eure Sache mit den Fußballern”. Da habe ich mich nicht wesentlich hineingemischt. Aber nochmal: Als Ärztin und alte Ehefrau kann ich an einem männlichen Geschlecht nichts Absonderliches finden. Ich finde eigentlich, dass der Penis nicht so ein wahnsinnig schöner Körperteil ist. Das geistvolle Gesicht und die “prachtvollen Glieder” interessieren mich letztlich fast mehr. Der Penis ist eigentlich nur ein Annex.

Warum erstmals nackte Männer?

APA: Woran liegt es, dass es bisher keine Ausstellung zum Thema gab?

Leopold: Ich glaube das kann ich nicht so ohneweiteres beantworten. Vielleicht waren die Frauen halt wichtiger, weil meistens die Künstler Männer waren. Ich liebe Frauen, wie ich auch Männer liebe. Aber jetzt war es ausstellungstechnisch ganz amüsant, einen nackten Mann darzustellen.

APA: Haben Sie zu Lebzeiten mit Prof. Leopold über Ihre Idee gesprochen?

Leopold: Eigentlich nein. Das war wirklich erst nach seinem Tod. Das letzte halbe Jahr, mit den ewigen Krankheiten, war das Thema Kunst nicht möglich. Also wir haben immer wieder über Kunst gesprochen, aber mehr über Grundsätzliches, weniger über das, was sein wird oder was wir machen werden.

APA: Hätte er diese Ausstellung auch gemacht?

Leopold: Er hätte sie mehr opulent mit schönen Bildern gemacht, glaube ich. Etwas Modernes war ihm auch wichtig und wir haben bei fast allen Ausstellungen immer wieder einen modernen Teil gehabt. Auch bei “Provokation und Melancholie”. Dieses moderne Ausschwingen ist eigentlich Usus.

(Das Gespräch führte Sonja Harter/APA)

(apa/red)

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