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In Wien geht das Licht aus

Viel Diskussion um die Zusammenlegung von Wiens Bezirken.
Viel Diskussion um die Zusammenlegung von Wiens Bezirken. ©APA
Gastkommentar von Johannes Huber: Michael Häupl lässt Hinz und Kunz über die Zusammenlegung von Bezirken diskutieren. Sehr wahrscheinlich, um von einem viel größeren Problem abzulenken.

Dass Wien aus 23. Bezirken zusammengesetzt ist, ist nicht in Stein gemeißelt, meint Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) – und eröffnet eine Debatte über die Zusammenlegung kleiner Innenstadtbezirke sowie die Teilung großer Flächenbezirke.

Schon nach zwei Tagen sollte er jedoch sehen, dass er das wieder vergessen kann. Wie die Diskussion auf Twitter und Facebook erahnen lässt, würden sich zum Beispiel Währinger dagegen auflehnen, mit den Hernalsern zusammengehen zu müssen und dann auch noch irgendwie anders genannt zu werden. Ganz zu schweigen von den Döblingern, Brigittenauern oder Penzingern, die ebenfalls einen gesteigerten Wert auf die Eigenständigkeit ihres Heimatbezirks legen.

Was will Wiens Bügermeister?

Jetzt kann man natürlich einwenden, dass das alles lächerlich ist und es überhaupt viel größere Probleme gibt. Das ist korrekt. Gerade banal wirkende Fragen sind für die Politik jedoch die verhängnisvollsten; verpfuschte Gemeindezusammenlegungen waren etwa zu einem guten Teil dafür ausschlaggebend, dass SPÖ und ÖVP bei der steirischen Landtagswahl vor einem Jahr eine krachende Niederlage erlitten haben. Wenn’s um ihre unmittelbare Umgebung geht, dann sind viele Leute eben überaus sensibel.

Was also will der Bürgermeister? Würde er wirklich Bezirksfusionen anstreben, hätte er wohl schon einen entsprechenden Plan vorgelegt. So riskiert er, dass die Sache außer Kontrolle gerät. Also ist daran zu zweifeln, dass er sie ernst meint. Zumal sie finanziell gesehen schon ganz grundsätzlich nicht viel bringen würde: Sich mit dem Wegfall eines Bezirksvorstehers dessen Gehalt von über 10.000 Euro brutto im Monat zu ersparen, ist auch dann nur von symbolischer Bedeutung, wenn man seine Mitarbeiter und Stellvertreter mitberücksichtigt.

Allenfalls möglich wäre auch noch, dass Häupl als SPÖ-Vorsitzender die Genossen in den Bezirken schwächen möchte. Immerhin lassen vor allem die, die jenseits der Donau zu Hause sind, immer öfter Unmut über die Anti-FPÖ- und Pro-Grünen-Politik vermelden, die er betreibt. Deswegen aber die gesamte Parteiorganisation mitzuzertrümmern, wäre wohl zu viel des Guten.

Schon eher könnte es in eine ganz andere Richtung gehen; nämlich jene, die die Sozialdemokraten mit ihrer aktuellen Herbstkampagne bereits weisen: hin zu den Grätzln. In einer Stadt, in der soziale und sonstige Spannungen größer werden, reicht es nicht mehr aus, sich über die Bezirksebene darum zu kümmern. Man muss viel mehr rein in einzelne Blocks. Das aber ist ganz sicher nicht billiger – und widerspricht damit den Bemühungen, die Häupl vorgibt, ebenfalls zu pflegen.

Hinz, Kunz und das Stadtbudget

Womit wir an dem Punkt angelangt wären, um den es dem Bürgermeister am ehesten geht: dem Budget. Zumindest indirekt: Während er Hinz und Kunz so leidenschaftlich über Bezirksgrenzen diskutieren lässt, kann er sich im Hintergrund an der Seite von Finanzstadträtin Renate Brauner umso ungestörter mit der finanzielle Krise herumschlagen, in die die Stadt geschlittert ist. 130 Millionen Euro, die die Mindestsicherung zur allgemeinen Überraschung in diesem Jahr zusätzlich notwendig macht, sind nicht nichts; das ist ein Prozent der Gesamtausgaben. Da wird man sich etwas einfallen lassen müssen. Zumal es auch noch andere Herausforderungen, wie die Integration von Flüchtlingen, gibt, und die Lage ohnehin schon so angespannt ist, dass man bei den jüngsten Meldungen glaubt, sie kämen aus Athen, Thessaloniki oder sonst wo: Aus Kostengründen wird die Straßenbeleuchtung seit einigen Tagen etwa um eine Stunde früher gedimmt als bisher; nicht erst ab 23, sondern bereits ab 22 Uhr.

Johannes Huber betreibt die Seite dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik.

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