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"In der Quellenstraße wird halt hin und wieder g’schossen"

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Wo die Quellenstraße den Reumannplatz längst hinter sich gelassen hat und auf die Absberggasse zusteuert, dort ist nicht mehr Wien, dort ist Vorstadt.

Der Gemeindebau auf Nummer 24 A wird von zwei Ein-Euro-Shops, einem Zielpunkt, Weinhaus, Friseur und einem türkischen Supermarkt umzingelt. Der Umgangston ist hier vielleicht noch ein bisserl rauer als im Rest der Stadt. Das Schussattentat auf einen achtjährigen Buben vom Montagabend wird am Dienstagvormittag mit einer Mischung aus Resignation und Gelassenheit zur Kenntnis genommen.

„Is des ihr Radl?“ Eine kleine Frau, die gerade vom Mistkübelauslehren kommt, hebt mit strenger Stimme den akustischen Zeigefinger. „Tun’s ja aufpassen, sonst is weg.“ Eine andere Dame mit Einkaufswagerl, die zuerst eifrig nickt, kommt ebenfalls schnell zur Sache: „Was suchen’s denn?“ Aja, den besagten Kinderspielplatz. „Nein nein, der ist nicht hier, auf „B“, sondern drüben, auf „A“. Quellenstraße 24, wo man Anfang der dreißiger Jahre einen mächtigen Gemeindebau auf die G’stettn geklotzt hat, ist eine überaus lang gezogene Adresse. Gegenüber, dort wo die Fußball-Legende Matthias Sindelar gewohnt hat, ist nämlich schon 75.

„Kommen’s, ich zeig’s ihnen. In den Innenhöfen der dunkelgrauen Wohnburgen herrscht Totenstille, die nur hie und da von einem aufgescheuchten Vogelgezirpe durchbrochen wird. Schaukel-Tiere mit dicken Metallfedern, Klettergerüste, Hutschen und Holzbänke ergeben das ideale Standbild – nichts bewegt sich. „Sie können sich ja gar ned vorstellen, was da sonst los ist. Na, was glauben’s, da ist ein Lärm. Einen Nachmittag bei offenem Fenster können’s vergessen. Und jetzt kommen auch noch die Ferien“, bricht aus der Frau mit dem Einkaufswagerl die pure Verzweiflung heraus.

“22 Jahre bin ich jetzt schon Hausbesorgerin, aber so schlimm wie jetzt war’s noch nie. Wie’s da ausschaut, ich kann zwei Mal am Tag den Weg kehren. Und die Eltern? Die sitzen z’haus. Und wer ist am Ende Schuld? Ich.“ Die Leute, die hier Ruhe suchen, haben es nicht gerade leicht, meint die Frau, viele ältere Menschen reagieren da schnell gereizt. „Aber deswegen muss man ja ned gleich auf die Kinder schießen.“

Das grundsätzliche Problem sei eben ein Kinderspielplatz mitten im Hof. „A Wahnsinn, wie es da hallt, des is ja ned zum aushalten“, lässt eine andere Frau aus dem Bau ihrem Frust freien Lauf. Es sei übrigens nicht das erste Mal gewesen, dass so etwas passiert ist. „Wissen’s, bei uns wird halt hin und wieder g’schossen“, sagt sie und schüttelt etwas ratlos den Kopf. „Aber, i frag sie: Is sowas notwendig? Gell, weit hamma’s bracht, a Schand’ is des.“

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