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Impfskeptiker könnten FPÖ bei OÖ-Wahl Platz 2 kosten

Haimbuchner muss "den Spagat" zwischen der moderateren Linie im Land und der impfkritischen Linie von Kickl schaffen.
Haimbuchner muss "den Spagat" zwischen der moderateren Linie im Land und der impfkritischen Linie von Kickl schaffen. ©APA/HERBERT NEUBAUER
Das Rennen um Platz 2 bei der OÖ-Wahl ist laut Experten noch nicht ganz entschieden. Grund dafür ist die Liste der Impfskeptiker, die der FPÖ doch einige Stimmen abziehen wird.
ÖVP als Wahlsieger, FPÖ auf Platz 2
Diese Parteien stehen am Stimmzettel

Bei der Landtagswahl in Oberösterreich am 26. September könnte sich laut Expertensicht das Rennen um den zweiten Platz zwischen FPÖ und SPÖ möglicherweise doch etwas enger gestalten als erwartet. Entscheidend werde sein, wie stark die Liste der Impfskeptiker (MFG) Stimmen von der FPÖ abziehen kann. Die jüngsten Umfragen deuten auf eine überraschend gutes Abschneiden dieser Liste hin, sogar ein Landtags-Einzug scheint einem Teil der Experten nicht ganz ausgeschlossen.

Impfskeptiker laut Umfrage mit Chancen auf Einzug in Landtag

Sowohl die jüngste Umfrage des Linzer Market-Instituts (für den "Standard") als auch jene von "Ifes" (für die SPÖ) sahen die Liste "Menschen Freiheit Grundrechte Oberösterreich" (MFG OÖ) an der Vier-Prozent-Marke und damit möglicherweise über der Hürde für den Landtagseinzug. Auch eine Umfrage von Peter Hajeks unique research-Institut (für die Gratiszeitung "heute") deutete auf ein starkes Abschneiden der Impfskeptiker hin: In der Erhebung wurden "andere Parteien" mit fünf Prozent, eventuell sogar sieben Prozent ausgewiesen - möglich sei, dass davon viele Stimmen auf die MFG fallen könnten. "MFG zieht von der FPÖ ab, wobei man auch sagen muss: die knabbern überall. Signifikant bei den Freiheitlichen, aber auch bei ehemaligen Grünwählern, weil Impfskepsis nicht ausschließlich rechts verordnet ist", sagte Hajek dazu.

Für ziemlich ausgeschlossen hält hingegen OGM-Chef Wolfgang Bachmayer einen Einzug der Liste. "Ein bisschen knabbern wird man noch dürfen, ein paar Stimmen werden sie bekommen. Ob das ins Gewicht fallen wird, bezweifle ich." Für Hajek könnte ein gutes Abschneiden der Liste den Abstand zwischen Blau und Rot jedoch maßgeblich beeinflussen: "In diesen Kampf um Platz zwei spielt MFG eine entscheidende Rolle", sagte er. Und für Polit-Berater Thomas Hofer ist die Liste wohl das "Zünglein an der Waage".

OÖ-Wahl: Kampf um Platz 2 dürfte etwas enger werden

Die FPÖ wurde in der unique research-Umfrage mit Werten zwischen 19 und 25 Prozent ausgewiesen, die SPÖ kam auf 17 bis 23 Prozent. In der im SPÖ-Auftrag durchgeführten Ifes-Erhebung lagen die Sozialdemokraten mit 20 Prozent sogar knapp vor den Freiheitlichen (19). Market sah hingegen die FPÖ mit 22 Prozent klar vor der SPÖ (18). Auch in länger zurückliegenden Umfragen lag die FPÖ stets auf Platz zwei und der Abstand zur drittplatzierten SPÖ war meist einige Prozentpunkte groß.

"Eine Hypothese lautet: Die MFG nimmt insgesamt der FPÖ etwas weg, aber nur ganz wenig bei der SPÖ - und das verändert die Relation zueinander", so Hajek. Das Rennen um Platz zwei zwischen FPÖ und SPÖ könnte damit "enger als ursprünglich gedacht" sein. Gleichzeitig betonte der Experte, dass diese Annahmen mit großen Unsicherheiten behaftet sind - aber: "Die MFG haben echte Chancen auf den Einzug in den Landtag" - sofern deren Sympathisanten auch zur Urne schreiten. Für Polit-Berater Hofer wäre ein Erfolg der Liste freilich "eine ziemliche Sensation".

Schlechte Werte für SPÖ: Aufholen wäre "eine Überraschung"

Trotz all dieser Überlegungen wäre es laut den Experten überraschend, sollte die SPÖ vor der FPÖ landen. Hofer verwies etwa auf eine Spectra-Umfrage (für die "Oberösterreichischen Nachrichten") von Anfang September, bei der die SPÖ mit 14 bis 16 Prozent sogar hinter den Grünen mit 15 bis 17 Prozent lag. Und in der erwähnten Market-Umfrage kam die SPÖ mit 18 Prozent zwar wieder klar vor den Grünen (12 Prozent) zu liegen - mit vier Prozentpunkten Abstand aber deutlich hinter der FPÖ. Wenn die SPÖ wirklich an den Blauen vorbeiziehen könnte, wäre das "eine Überraschung", betonte Hofer. Ähnlich sah dies Bachmayer: Die SPÖ versuche "einen Zweikampf um den zweiten Platz zu inszenieren, als Mobilisierung".

Für die oberösterreichische FPÖ, die mit deutlichen Verlusten gegenüber ihrem Top-Ergebnis von 2015 (30,36 Prozent) rechnen muss, bedeute die Corona-Pandemie "Fluch und Segen" zugleich, sagte Hajek. Landesparteichef Manfred Haimbuchner müsse "den Spagat" zwischen der moderateren Linie im Land und der scharfen, stark impfkritischen Linie von Bundesparteiobmann Herbert Kickl machen. Probleme sieht Hajek bei diesem Thema in abgeschwächter Form auch bei der ÖVP: Oberösterreich sei ein vergleichsweise sehr impfkritisches Bundesland, was an der Durchimpfungsrate ablesbar sei - gleichzeitig würden derzeit die Infektionszahlen in die Höhe schießen.

ÖVP als klarer Wahlsieger, Grüne wohl mit leichten Zugewinnen

Dass die ÖVP klar auf Platz eins landen wird, ist unbestritten, fraglich ist, ob sie gegenüber ihrem historischen Tiefststand von 36,4 Prozent im Jahr 2015 signifikant zulegen kann. Als bedeutsam wird die 40 Prozent-Marke angesehen: "Den Vierer zu überspringen wäre symbolträchtig", so Hajek. Auch erinnerte er daran, dass die Volkspartei 2015 unter Josef Pühringer etwas mehr als zehn Prozentpunkte verlor - und dementsprechend zulegen will. In den jüngeren Umfragen wurde die ÖVP allerdings mit Werten nur zwischen 36 und 40 Prozent ausgewiesen, auch die "Market"-Erhebung sah sie bei nur rund 38 Prozent.

Mit leichten Zugewinnen gegenüber ihrem Ergebnis von 2015 (10,3 Prozent) rechnen dürfen die Grünen. Laut den Erhebungen sind zwischen elf und 13 Prozent zu erwarten. Die NEOS hoffen nach dem Scheitern 2015 mit 3,5 Prozent auf den Einzug, die Experten sehen die Chancen dafür intakt. "Für NEOS schaut es nach wie vor gut aus mit dem Einzug. Sie waren aber im August einen Tick gefestigter", so Hajek.

Der Meinungsforscher rechnet jedenfalls recht fix mit einer Fortsetzung des türkis-blauen Arbeitsübereinkommens in der Proporzregierung: "(Landeshauptmann Thomas, Anm.) Stelzer wird nicht ungeschickt sein und sich eine extrem starke Opposition in die Landesregierung holen. Es spricht alles gegen ein anderes Arbeitsübereinkommen."

(APA/Red)

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