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Im Zweifel impfen: Das ist neu im Impfplan 2020 für Österreich

Das ist neu im Impfplan 2020.
Das ist neu im Impfplan 2020. ©APA/dpa
Im Impfplan 2020 für Österreich gibt es einige Neuerungen, mit denen man die Impfrate im Land verbessern will. So ist ab Februar eine verbesserte Pneumokokken-Impfung für Kinder kostenlos. Zudem sollte man sich im Zweifel immer für eine Impfung entscheiden.

Jedes Jahr passt das Autorenteam des Österreichischen Impfplans die Details jeweils an die neuesten Erkenntnisse und Entwicklungen im Bereich der Immunisierungen an. "Es gibt in diesem Jahr zahlreiche Neuerungen", sagte die Wiener Vakzinologin Ursula Wiedermann-Schmidt gegenüber der APA zu dem 176 Seiten dicken offiziellen Expertenstatements des Gesundheitsministeriums.

13-valente Pneumokokken-Impfung ab Februar kostenlos

Bei den in Österreich seit der Einführung des entsprechenden Programms unter der damaligen SPÖ-Gesundheitsministerin Eleonore Hostasch kostenlosen Kinderimpfungen findet sich beispielsweise eine erhebliche Änderung bei der Pneumokokken-Impfung. "Ab Februar 2020 ist der 13-valente Impfstoff Prevenar 13 (PNC13) im kostenfreien Impfprogramm verfügbar. Neu-Immunisierungen sollen ab diesem Zeitpunkt mit dem 13-valenten Impfstoff gestartet werden. Kinder, welche bereits mit dem 10-valenten Impfstoff Synflorix (PNC10) angeimpft wurden, sollen mit eben diesem Impfstoff fertig geimpft werden. Impfserien sollten prinzipiell mit demselben Impfstoff (PNC10 oder PNC13) komplettiert werden, mit welchem sie begonnen wurden. Ein generelles Nachimpfen von Kindern, welche bereits eine volle Impfserie mit PNC10 erhalten haben, ist nicht vorgesehen", heißt es im neuen Impfplan.

Bisher konnten die Kinder gegen zehn Stämme der Pneumokokken per Gratis-Impfung geschützt werden. Jetzt ist das bei 13 Stämmen der Fall, was die Erkrankungsraten reduzieren sollte. 2017 hat es laut Experten in Österreich immerhin zehn (invasive) Pneumokokkenfälle gegeben, bei denen die festgestellten Keime nicht durch die Vakzine abgedeckt worden waren. Die nach mehreren Jahren heftiger Diskussionen 2012 in das österreichische Gratis-Kinderimpfprogramm eingeführte Pneumokokkenimmunisierung schützt die bis zu Fünfjährigen, hat aber auch einen "Herdenschutz" für die nicht geimpften über 50-Jährigen. Das hat 2019 eine aktuelle wissenschaftliche Studie der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) und der MedUni Wien ergeben. Oft sind Kinder die Überträger dieser potenziell lebensgefährlichen bakteriellen Infektion.

Umstellung bei Rotavirus-Impfung

Ab 1. Februar dieses Jahres wird auch bei der Rotavirus-Impfung eine Umstellung erfolgen. Zum Einsatz wird dann bei den kostenlosen Immunisierungen die Rotarix-Vakzine kommen. Die Schluckimpfung mit dem Lebendimpfstoff soll ehestmöglich ab der vollendeten sechsten Lebenswoche verabreicht werden. Der Schluckimpfstoff braucht nur zweimal verabreicht werden. Er schützt gegen die vor allem bei Babys schweren Durchfallerkrankungen, die oft zu einer Spitalsaufnahme führen.

Neben den Masern wäre in Österreich auch der Impfschutz gegen die Pertussis (Keuchhusten) zu verbessern. "Der Impfschutz gegen Pertussis ist für alle Personen empfohlen, jedoch für folgende Personengruppen besonders wichtig: Frauen mit Kinderwunsch (vor Eintritt einer Schwangerschaft), Schwangere bevorzugt im 3. Schwangerschaftsdrittel (27.-36. Schwangerschaftswoche), unabhängig vom Abstand zur letzten Impfung gegen Pertussis", heißt es jetzt in dem Dokument. Hinzu kommen Personen im Umfeld von Babys, alle Angehörigen von medizinischen Berufen, Personal von Kinderbetreuungseinrichtungen sowie auch Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit (chronischen) Grunderkrankungen wie Asthma, COPD, Krebsleiden, Herz-Kreislauferkrankungen, Raucher etc. Die Pertussis, übertragen durch das Bakterium Bordetella pertussis, gehört zu den besonders ansteckenden Erkrankungen. Ein durchgemachter Keuchhusten führt nicht zur lebenslangen Immunität. Daher ist die Impfung auch im Erwachsenenalter wichtig.

Masern: 95 Prozent sollen zwei Teilimpfungen erhalten

Bei den Masern sollte - neben dem Garantieren, dass zumindest 95 Prozent der Kinder zwei Teilimpfungen (MMR-Vakzine) erhalten - auch darauf geachtet werden, dass keine Impfversager auftreten. "Da ein sehr geringer Anteil (max. drei Prozent) der geimpften Personen auch nach zwei Impfungen keinen Schutz gegen Masern aufbauen bzw. es in seltenen Fällen bei niedrigen Antikörper-Spiegeln zu einer erneuten Infektionen kommen kann, wird für Personal in medizinischen Hochrisikobereichen (z.B. Transplantationsmedizin, Onkologie, Neonatologie, Pädiatrie, etc.) sowie für Patientinnen und Patienten mit schwerer Immunsuppression eine serologische Impferfolgskontrolle (Nachweis von Antikörpern gegen Masern im Blutserum; Anm.) empfohlen, dies gilt insbesondere in Ausbruchssituationen. Bei fehlender Immunantwort wird eine weitere Impfung empfohlen", schrieben die Fachleute.

Immer Impfen, wenn Vakzine verträglich

"Schutzimpfungen gehören zu den wichtigsten, wirksamsten präventiven Maßnahmen in der Medizin", heißt es in der Präambel. In Österreich sei da einiges aufzuholen: "Die derzeitige epidemiologische Situation in Österreich erfordert vor allem Anstrengungen zur Reduktion des Erkrankungsrisikos an Keuchhusten und Masern. Auch Influenza verursacht jedes Jahr bis zu 1.000 Todesfälle, darunter auch Todesfälle bei zuvor vollkommen gesunden Kindern. Hier ist es ebenfalls notwendig, die Durchimpfungsraten deutlich zu erhöhen.

Entsprechend der UN-Konvention vom 20. November 1989 hätten Kinder das Recht auf beste Gesundheitsversorgung. Dazu gehöre auch der Schutz vor Erkrankungen, die durch Impfung vermeidbar sind. Die Eltern seien angehalten, Schutzimpfungen bei ihren Kindern vornehmen zu lassen. In der medizinischen Versorgung von Säuglingen und Kleinkindern entspreche es dem Stand der medizinischen Wissenschaft, Grundimmunisierungen rechtzeitig zu beginnen, nicht unnötig zu verzögern und zeitgerecht abzuschließen. Außerdem sollte laut Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) jeder Arztkontakt dazu genutzt werden, zu prüfen, ob die empfohlenen Impfungen durchgeführt worden sind, und - wo notwendig - fehlende Impfungen nach geholt werden.

Im Zweifel für die Impfung

Insgesamt sollte bei Vorhandensein eines verträglichen Impfstoffes im Zweifelsfall die Immunisierung erfolgen. Der Impfplan Österreich 2020: "Die Frage 'Wer soll geimpft werden?' ist meist leichter zu beantworten als die gegenteilige Frage 'Wer soll nicht geimpft werden und warum?', die aber natürlich auch in die Überlegungen einbezogen werden muss. Sofern ein verträglicher Impfstoff verfügbar und das Risiko der Infektionsexposition gegeben ist, wird die Antwort zugunsten der Impfung ausfallen.

Als allgemeiner Grundsatz könne gelten: Jede einzelne Person, die sich und ihre Familienangehörigen (Kontaktpersonen) schützen will, soll sich impfen lassen. Generell wird empfohlen, alle Impfungen bei gegebener Indikation weitestgehend als Kombinationsimpfungen durchzuführen, um die Zahl der Injektionen möglichst gering zu halten." Damit soll der Schutz optimiert werden, gleichzeitig sollen potenzielle Nebeneffekte möglichst selten auftreten.

(APA/red)

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