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Hörbücher aus dem Automaten

Wenn es nach zwei Ausstellern der Frankfurter Buchmesse geht, sind Romane, Lyrik und Fachliteratur bald nicht mehr nur im Buchhandel und über die Internet-Portale zu haben.

Auch an Bahnhöfen, Flughäfen, Tankstellen und in den Cafeterien von Krankenhäusern oder großen Firmen könnten die Titel rund um die Uhr erstanden werden. Der „BuyoMat“ und die fast zwei Meter große gelbe MP3-Zapfsäule spucken Hörbücher aus – der eine im handelsüblichen Format, der andere als Download für Computer, MP3-Player und Handy. Die Hersteller wollen mit den Automaten, die sich auch in die Schaufenster von Buchläden einbauen lassen, von dem Hörbuchmarkt profitieren. Dieser wächst zweistellig, allerdings auf niedrigem Niveau.

Auf der Messe hat angesichts des stagnierenden Buch-Geschäfts „der Hoffnungsträger“ Hörbuch noch nie so viel Raum eingenommen wie dieses Jahr: 70 Aussteller präsentieren sich an einem Gemeinschaftsstand. Den derzeitigen Marktanteil beziffern die Veranstalter der Buchmesse auf rund vier Prozent. 2005 liege der Umsatz mit Hörbüchern voraussichtlich um 20 Prozent über dem Vorjahreswert, wie der Börsenverein des Deutschen Buchhandels am Mittwoch schätzte. Im laufenden Jahr könnte der Umsatz auf bis zu 100 Millionen Euro nach geschätzten 60 Millionen Euro 2004 steigen. Am stärksten legte die Belletristik zu.

Plus bei “Schule und Lernen”

Die Sachgruppe Schule und Lernen wachse mit 16 Prozent mehr als doppelt so schnell wie im Vorjahr. Dagegen verzeichnet das Kinder- und Jugendhörbuch nach einem Plus im Vorjahr von 13,1 Prozent ein Minus von 1,4 Prozent. „Das könnte ein Harry-Potter-Effekt sein“, sagte Marc Sieper von dem Arbeitskreis Hörbücher des Branchenverbands. In einem Jahr mit einem Harry-Potter-Hörbuch merke man das deutlich an den Zahlen, in einem Jahr ohne eine Audio-Version eines solchen Bestsellers aus der Feder der britischen Schriftstellerin Joanne K. Rowling aber auch.

Etwa 13.000 Titel zum Hören haben rund 500 Verlage dem Börsenverein zufolge derzeit im Angebot. Das Medium für die Ohren spreche einer Umfrage zufolge vor allem „eine junge multimedial erfahrene Zielgruppe an“. Der Imagewechsel vom Nischenprodukt für Sehbehinderte und Kinder zum Medium für alle sei vollzogen. Hauptabnehmer ist laut Sieper nach wie vor der traditionelle Buchhandel. Knapp 65 Prozent der Titel gingen dort über die Theken. Etwa ein Viertel der Verlage vertreibe die Literatur zum Hören aber auch über die wachsenden Download-Portale im Internet.

Angebote im Netz

Nach dem Pionier soforthoren.de mit fast 100 Verlagen folgten audible.de und ohrbuch.net als Hörbuch-Portale. Auf der Buchmesse starteten der Focus Magazin Verlag und der Hörbuchverlag am Mittwoch das Portal claudio.de (700 Titel). An diesem Donnerstag soll hoerbie.de für Kinder mit 400 Angeboten folgen. Außerdem finden sich im Netz diadopo.de und als Spezialist für Sachbücher hoerkiosk.de. Der Internet-Medienhändler libri.de will bis März 2006 mehr als 1000 MP3-Bücher anbieten.

Mit der wachsenden Nutzung der Download-Portale steige allerdings auch die illegale Nutzung von Hörbüchern, berichtet Barbara Dietz vom Arbeitskreis Piraterie. Über die Höhe der Schäden gebe es jedoch noch nicht einmal Schätzungen. Hörbuch-Spezialistin Claudia Gehre meint, die Zuwächse beim Umsatz pendelten sich in den nächsten Jahren bei 10 bis 20 Prozent ein. Weltleitmarkt für die Literatur zum Hören sind die USA, wo der Anteil allerdings trotz eines völlig anderen Nutzerverhaltens nicht über zehn Prozent hinausgekommen ist. In Europa hat Großbritannien dank der BBC die Nase vorn. Ost-Europa hingegen gilt noch als Entwicklungsland. In manchen südeuropäischen Ländern gebe es noch nicht einmal ein Wort für Hörbuch, sagt Gehre.

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