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Harte Strafen für Dealer

Frau, die Wohnung als Umschlagplatz für Dealer-Freund zur Verfügung stellt: 18 Monate Haft ohne Bewährung. Sextäter, der Nichte missbraucht: 15 Monate auf Bewährung.  Kriminalstatistik[2,0MB]

So lauteten vergangene Woche zwei Urteile des Landesgerichts Feldkirch am gleichen Tag beim gleichen Richter – und diese Urteile sind nicht selten. Für Außenstehende ist diese Rechtsprechung oft nur schwer nachzuvollziehen. Warum soll ein Sexualstraftäter besser gestellt werden als ein Dealer, fragt sich der Normalbürger. Für Richter Othmar Kraft vom Landesgericht Feldkirch gilt: „Es geht bei Drogen-Prozessen auch um das Thema Generalprävention, d.h., die Abschreckung potentieller Täter durch harte Strafen. Das Drogenproblem ist in Vorarlberg sehr groß, deshalb spielt dieser Aspekt eine große Rolle und die Bestrafung ist dementsprechend streng.“ Außerdem seien die Strafandrohungen im Bereich der Drogendelikte sehr hoch – niedrige Strafen des Landesgerichts würden vom Berufungsgericht in Innsbruck regelmäßig nach oben gestuft, so Kraft weiter.

Neben der Abschreckung ziehe man aber auch die Tatumstände und die Täterpersönlichkeit für die Strafbemessung heran. Dass es am Landesgericht Feldkirch ungeschriebenes Gesetz sei, Drogentäter stets mit Haftstrafen zu belegen, widerspricht der Strafrichter. „Alle Richter sind unabhängig und entscheiden frei.“

Umstrittenes Thema

Tatsache ist: Mit dem Damoklesschwert Gefängnisstrafe will man künftige Dealer warnen, ihr kriminelles Gewerbe auszuführen. Doch diese Wirkung ist durchaus umstritten. Strafrechtsprofessor Dr. Andreas Venier von der Uni Innsbruck widerspricht im „VN“-Gespräch der Theorie von der Wirksamkeit der Abschreckung: „Strenge Strafen wirken im Bereich der Drogendelikte nicht präventiv. Ein Drogenschmuggler überlegt sich nicht, ob zwei oder fünf Jahre Haft für sein Verbrechen angedroht sind, für ihn ist es nur wichtig, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass er entdeckt wird.“

Hartes Strafrecht

Venier stellt in den letzten Jahren eine unerfreuliche Strafentwicklung in ganz Österreich fest: „Es herrscht der Glaube vor, dass man mit einem harten Strafrecht alles verhindern könne, doch die Probleme im Drogenbereich lassen sich nur auf gesellschaftlicher Ebene lösen“, so der Strafrechtsprofessor. Viele Richter ließen sich zu sehr durch negative Medienberichte in ihrer Urteilsfindung beeinflussen, der Schrei der Bevölkerung nach harter Bestrafung dringe bis ins Richterzimmer und wirke sich in der Strafhöhe aus, kritisiert der Universitätsprofessor. Dass einige Urteile im Drogenbereich im direkten Vergleich mit manchen Urteilen für Sexualstraftäter in der Öffentlichkeit als niedrig erscheinen, lässt Venier gelten: „Doch für sich betrachtet, geht auch im Bereich der Sexualdelikte die Entwicklung der Strafen massiv nach oben.“

Auszug aus dem § 28 SMG:

  • (1) Wer den bestehenden Vorschriften zuwider ein Suchtgiftin einer großen Menge mit dem Vorsatz erwirbt oder besitzt, daß es in Verkehr gesetzt werde, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.
  • (2) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren ist zu bestrafen, wer den bestehenden Vorschriften zuwider ein Suchtgift in einer großen Menge erzeugt, einführt, ausführt oder in Verkehr setzt
  • (3) Mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren ist zu bestrafen, wer die im Abs. 2 bezeichnete Tat gewerbsmäßig oder als Mitglied einer kriminellen Vereinigung begeht.
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