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Handelsangestellte: Lage spitzt sich weiter zu, erste Proteste

GPA-Aktion der Handels-Betriebsräte in der Inneren Mariahilferstraße
GPA-Aktion der Handels-Betriebsräte in der Inneren Mariahilferstraße ©APA
Die Zeichen vor der letzten regulären Verhandlungsrunde für einen Lohnabschluss im heimischen Handel stehen auf Sturm. "Wir steuern auf einen ernstzunehmenden Konflikt im Handel zu", sagte Arbeitnehmer-Verhandler Manfred Wolf am Donnerstag im Vorfeld der fünften Gesprächsrunde am Freitag. Die Betriebsrätekonferenz auf der Wiener Mariahilfer Straße fand regen Andrang.

Die Arbeitgeber würden trotz guter wirtschaftlicher Entwicklung bei den Handelsunternehmen versuchen, “billig davon zu kommen”. Sollte auch morgen keinen Einigung erreicht werden, kündigt die Gewerkschaft Aktionen an, “die das Arbeitsklima nicht unbedingt verbessern” werden, wie es GPA-Verhandlungsführer Franz-Georg Brantner am Donnerstag vor Journalisten formulierte.

Die Kollektivvertragsverhandlungen für die rund 520.000 Angestellten und Lehrlinge im Handel brachten auch in der vierten Verhandlungsrunde keine Einigung, da die bisherigen Vorschläge der Arbeitgeber nach Meinung der Gewerkschaft für einen Gehaltsabschluss nicht ausreichten. “Unser Ziel ist es, einen zumindest gleichwertigen Gehaltsabschluss zu erreichen wie bisherige Abschlüsse im industriellen Bereich”, so Brantner. Denn: “Eine Krise im Handel gibt es nicht”.

Der Handel sei eine Niedriglohnbranche, in der überwiegend Frauen beschäftigt sind. Zahlreiche Teilzeitbeschäftigte verdienten aufgrund ihrer vereinbarten Arbeitszeit weniger als 1.000 Euro netto im Monat. Umso wichtiger sei eine werthaltige Gehaltserhöhung, so die Arbeitnehmerseite. Die Argumente der Gewerkschaft seien aber bisher von der Arbeitgeberseite nicht angenommen worden, sagte Brandtner. Arbeitgeber-Verhandler Fritz Aichinger betont stets: Die Umsätze seien nicht entsprechend und die Inflation gehe tendenziell nach unten.

Dem Gehaltsabschluss im Handel komme auch eine große volkswirtschaftliche Bedeutung zu, argumentierten die Gewerkschaftsvertreter weiter: Wegen der großen Zahl von Arbeitnehmern sei der Handel als Arbeitgeber auch eine wichtige “Nachfragemaschine”. Schätzungen der AK haben ergeben, dass 0,5 Prozent Gehaltserhöhung im Handelssektor die Kaufkraft bundesweit um rund 69 Mio. Euro erhöht.

Unter dem Strich will die Gewerkschaft heuer erstmals einen höheren Abschluss als die Metaller erzielen, bestätigte auch Wolf im Gespräch mit der APA. Einen “sportlichen Wettbewerb” zwischen den beiden Sektoren gebe es aber nicht, betonte er. Die Metaller hatten sich in langen schwierigen Verhandlungen und unter Streikdrohungen auf eine Erhöhung der Ist-Löhne um 1,45 Prozent und der Mindestlöhne um 1,50 Prozent geeinigt.

Sollte es beim morgigen Verhandlungstermin zu keinem Gehaltsabschluss kommen, ist laut Gewerkschaft der weitere Verlauf der KV-Gespräche völlig offen: “Klar ist, dass wir in diesem Fall nicht zur Tagesordnung übergehen können und das Weihnachtsgeschäft nicht ungestört verlaufen wird”, so Brantner. Das Stimmungsbarometer sei zuletzt rasch gefallen, dies zeige auch die rege Teilnahme an der heutigen Betriebsrätekonferenz, bei der 500 Teilnehmer erwartet werden.

Besonders zur Vorweihnachtszeit sei die Belastung der Angestellten sehr hoch und die Tatsache, dass es ab 1. Jänner 2010 keine zufriedenstellende Gehaltserhöhung gibt, werde sicher bei vielen Angestellten Ärger auslösen. “Dieser Situation müssen wir Rechnung tragen und wir werden durch geeignete Maßnahmen in den Betrieben und in der Öffentlichkeit darauf aufmerksam machen”, sagte der Arbeitnehmer-Vertreter und kündigte als eine mögliche Aktion “Dienst nach Vorschrift” an.

2008 wurde eine Erhöhung der Gehälter im Handel um 3,6 Prozent (ab 1.400 Euro brutto) bzw. 3,7 Prozent beschlossen – bei einer Teuerung von damals 3,2 Prozent. Vor drei Jahren haben sich die KV-Verhandlungen im Handel schon einmal bis zum Ende zugespitzt. Auch damals wurde erst in der Nacht auf den ersten Einkaufssamstag eine Einigung erzielt.

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