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Größte Zivilschutzübung Israels verschärft Nahost-Spannungen

In Israel haben Millionen Menschen am Dienstag im Rahmen der bisher größten Zivilschutzübung in der Geschichte des Landes Zuflucht in Bunkern und Luftschutzräumen gesucht. Die Alarmsirenen ertönten im ganzen Land. Die Übung war Teil einer fünftägigen Simulation, mit der sich Israel unter anderem auf einen möglichen Raketenangriff vorbereiten will.

Die libanesische Armee und die schiitische Hisbollah-Miliz wurden wegen der Übungen in Israel in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt. US-Präsident Barack Obama bekräftigte unterdessen seine Forderung nach einem vollständigen israelischen Siedlungsstopp im besetzten Westjordanland. Israelische Regierungsmitglieder wiesen dies zurück.

Israels Übung kommt zu einem Zeitpunkt verstärkter Spannungen insbesondere um das iranische Raketen- und vermutete Atomwaffenprogramm. Die rechtsgerichtete Regierung von Premier Benjamin Netanyahu erklärt, die Zivilschutzübung gehe auf den Libanon-Krieg vom Sommer 2006 zurück, den die Hisbollah mit der Gefangennahme von zwei israelischen Soldaten und dem Raketenbeschuss Nordisraels provoziert hatte. Die Übung schien am Dienstag bis auf einzelne Zwischenfälle erfolgreich zu verlaufen. In einem Stadtviertel Tel Avivs konnte der Luftalarm nicht gehört werden. In Rehovot, südlich der Küstenmetropole, konnte ein Luftschutzbunker nicht aufgeschlossen werden. Netanyahu suchte bei Ertönen der Sirenen mit seinen Mitarbeitern ebenfalls in einem sicheren Raum Schutz. Als Teil der Übung berief er auch eine Dringlichkeitssitzung des Kabinetts ein, wie sein Büro in Jerusalem mitteilte.

Vor Antritt seiner Reise in den Nahen Osten und nach Europa sagte Obama in einem BBC-Interview, die USA könnten dabei helfen, die israelisch-palästinensischen Gespräche auf den richtigen Weg zu bringen. Das Ziel sei, dass “zwei Staaten Seite an Seite in Frieden und Sicherheit leben”. Es sei nicht nur im Interesse der Palästinenser, einen eigenen Staat zu haben, eine Stabilisierung der Situation sei auch im Interesse des israelischen Volkes. Die israelische Regierung wies die Forderungen nach einem Siedlungsstopp erneut zurück. Nach Verkehrsminister Israel Katz forderte Umweltminister Gilad Erdan die US-Regierung auf, sich an Abmachungen aus der Vergangenheit zu halten. Wenn Obama einen Baustopp fordere, rücke er damit von Vereinbarungen seines Vorgängers George W. Bush ab, sagte der Minister und enge Vertraute Netanyahus im israelischen Rundfunk. Bush hatte Israel bilateral zugesichert, 14 “Einwände” gegen den internationalen Friedensfahrplan (“Roadmap”) zu berücksichtigen; die Israelis widersetzen sich unter anderem dem geforderten Siedlungsstopp und der Überwachung der vorgesehenen Maßnahmen durch das Nahost-Quartett (USA, UNO, EU, Russland).

Die libanesische Armee versetzte 25.000 Soldaten im Süden des Landes in Alarmbereitschaft. Die Hisbollah-Miliz erklärte, auf jede “mögliche Aggression durch den israelischen Feind” vorbereitet zu sein. Die 34-tägige israelische Libanon-Offensive vor drei Jahren mit mehr als 1200 libanesischen und 160 israelischen Toten hatte eine politische Stärkung der pro-iranischen Schiitenorganisation zur Folge. Im Libanon, wo kommenden Sonntag Parlamentswahlen stattfinden, wird die letzte Wahlkampfphase ganz von der Affäre um die Aufdeckung eines Spionagerings in israelischen Diensten beherrscht. Neben dem pensionierten General Adib el-Alam werden inzwischen 35 Personen verdächtigt, gegen 14 von ihnen ist wegen Hochverrats und Kollaboration mit dem Feind Anklage erhoben worden, zwei Spionageverdächtige haben sich mit ihren Familien nach Israel abgesetzt.

Unter dem Vorsitz von Staatspräsident Michel Sleimane trafen die Führer aller politischen und konfessionellen Gruppen in Beirut zu einem “Nationalen Dialog” zusammen. Sie appellierten an die Bürger, “ruhig und verantwortungsvoll” von ihrem Stimmrecht Gebrauch zu machen und das Wahlergebnis zu respektieren.

Der Iran würde einem libanesischen Ersuchen um militärische Hilfe unverzüglich nachkommen, hatte Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah, am Freitagabend vor tausenden Anhängern in Baalbek in der Bekaa-Ebene erklärt. Insbesondere wäre Teheran bereit, die libanesischen Streitkräfte mit Luft-Luft-Raketen auszurüsten, um Israel die Stirn bieten zu können. “Die Islamische Republik wird sich keine Zurückhaltung auferlegen, wenn es darum geht, dem Libanon zu helfen, ein starker und stolzer Staat zu werden”, unterstrich Nasrallah. Bisher habe Beirut nicht um Waffen gebeten, “und der Iran wird sie nicht von sich aus anbieten, wenn er nicht darum gebeten wird”, fügte er hinzu.

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