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Gesetzesentwurf kriminalisiert Sexualverhalten Jugendlicher

Die deutsche Bundesregierung will das Sexualstrafrecht verschärfen, um künftig auch 16- und 17-Jährige besser vor dem Abgleiten in die Prostitution zu schützen. Der Gesetzesentwurf ist nach Ansicht von Experten und der Opposition allerdings mit heißer Nadel gestrickt.

Künftig könnte auch normales Sexualverhalten von Jugendlichen kriminalisiert werden. Die Kritik hat offenbar Wirkung gezeigt: Die für Donnerstag im Parlament geplante Abstimmung zu dem Gesetzesentwurf wurde am Dienstag auf unbestimmte Zeit verschoben.

Nach dem derzeit geltenden Paragraf 182 des Strafgesetzbuches werden bisher Erwachsene bestraft, „die eine Person unter sechzehn Jahren dadurch missbraucht, dass sie … gegen Entgelt sexuelle Handlungen an ihr vornimmt oder an sich von ihr vornehmen lässt“. Die Neuregelung will aber nun nicht nur zusätzlich Erwachsene bestrafen, die mit 16- und 17-Jährigen Sex gegen Entgelt „oder sonstige Leistungen“ haben. Die Bundesregierung will zudem auch das Täteralter auf 14 Jahre absenken. Dass Jugendliche wie Erwachsene behandelt werden sollen, liegt in der Logik des Schutzgedankens: Beim Opfer förderten „entgeltliche Sexualkontakte“ unabhängig vom Alter des Täters „die Gefahr des Abgleitens in die Prostitution“, heißt es in der Begründung der Novelle.

Kritiker befürchten nun, dass damit auch normales Sexualverhalten von Jugendlichen kriminalisiert werden könnte. Erfährt etwa eine besorgte Mutter von Petting-Spielen ihrer 15-jährigen Tochter mit deren gleichaltrigem Freund im Kino, könnte sie den Burschen wegen „sexuellen Missbrauchs“ ihrer Tochter anzeigen, wenn der Bursche die Kinokarten bezahlt hat. Täter könnten jünger sein als ihre Opfer, und selbst der misslungene Versuch, solch einer sexuellen Annäherung unter Jugendlichen gegen „Entgelt“ soll unter Strafe gestellt werden, kritisiert etwa der Grünen-Parlamentarier Jerzy Montag.

Das deutsche Bundesjustizministerium hält derartige Befürchtungen allerdings für völlig überzogen. Bei der Auslegung eines Gesetzes müssten Staatsanwälte und Richter „immer den Sinn und Zweck der Vorschrift beachten“, betonte ein Sprecher von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD). Das Beispiel mit der Kino-Karte als Honorar für sexuelle Handlungen sei deshalb auch realitätsfern, denn in der Praxis würde da kein Staatsanwalt „den Finger rühren“.

Die Umsetzung des EU-Rahmenbeschlusses will zudem Pornografie verbieten, wenn darin sexuelle Handlungen Jugendlicher unter 18 Jahren thematisiert werden. Stellt etwa eine 17-Jährige ein aufreizendes Bild von sich ins Internet, macht sich dann auch jeder 14-Jährige wegen Besitzes von Jugendpornografie strafbar, der das Bild auf seinen Rechner lädt oder an andere weitermailt. Problematisch wären dann etwa auch freizügige Berichte und Bilder von Jugendlichen über ihre sexuellen Erfahrungen in Jugendmagazinen oder Chat-Foren im Internet.

Ob die deutsche Bundesregierung nun beim sexuellen Missbrauch das Täteralter bei 18 Jahren beibehält, wie das die Opposition fordert, und auch beim Pornografieverbot nachbessert, ist noch unklar. Nach den Vorgaben der EU wäre es möglich.

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