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Gerald Grosz im Vienna.at-Podcast zur Hofburg-Wahl: "Die Regierung hat versagt"

Gerald Grosz zur Bundespräsidentenwahl 2022 im Vienna.at-Podcast "Heast Oida".
Gerald Grosz zur Bundespräsidentenwahl 2022 im Vienna.at-Podcast "Heast Oida". ©APA/ERWIN SCHERIAU (Archiv)
Vienna.at hat im "Heast Oida"-Podcast mit Bundespräsidentschaftswahl-Kandidat Gerald Grosz über die Regierung, die Neutralität Österreichs und das Amt des Präsidenten gesprochen.
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Alle wichtige Fragen und Antworten zur BP-Wahl 2022

Gerald Grosz inszeniert die Hofburg-Wahl 2022 am 9. Oktober 2022 als Denkzettelwahl gegen die Bundesregierung. Sein Motto: "Wählst du Gerald Grosz, bist du die Regierung los". Der 45-Jährige kommt ursprünglich aus Graz in der Steiermark und war von 2008 bis 2013 Nationalratsabgeordneter des BZÖ. Zuvor war Grosz Mitglied der FPÖ. Von 2013 bis 2015 war der Grazer Bundesobmann des BZÖ.

Gerald Grosz im Podcast zur BP-Wahl: "Die Regierung hat versagt"

Im Vienna.at-Podcast "Heast Oida" sprach Gerald Grosz über die Gründe für seinen Antritt zur Bundespräsidentenwahl 2022, die Fehler der Bundesregierung, die Teuerung und die Sanktionen gegen Russland.

BP-Kandidat Grosz: "Ich glaube, dass diese Regierung versagt hat"

Vienna.at: Warum würden Sie als Bundespräsident die Regierung entlassen?

Gerald Grosz: Weil ich glaube, dass diese Regierung versagt hat. Und das spüren wir doch alle? Welcher Mensch will in unserem Land 50 oder 100 Prozent mehr für Lebensmittel bezahlen? Welcher Mensch will im Winter in kalten Wohnungen sitzen oder das Doppelte, Dreifache oder Vierfache für Strom- und Heizung zahlen? Welcher Mensch in Österreich hat diese Regierung ermächtigt, an dem Wirtschaftskrieg gegen Russland teilzunehmen? Kein einziger Mensch. Und wir blicken auf diese Regierung, die uns fünfzehn Mal den Neustart verkündet hat, durch fünfzehn Ministerwechsel – acht ehemalige Regierungsmitglieder sind in Korruptionsaffären verwickelt und werden staatsanwaltschaftlich verfolgt -  und da kommt man dann zu dem Schluss: Diese Regierung hat versagt. Diese Regierung hat in Österreich Grundrechte gebrochen. Sie hat die Verfassung selbst gebogen. Sie hat die Neutralität ausgehoben und wenn wir einen Blick in die längere Vergangenheit werfen, also 20 bis 25 Jahre zurück, dann kann man mit Fug und Recht behaupten: Es ist die schleißigste Regierung, die Österreich jemals angeführt hat.

Vienna.at: Sie bezeichnen die Sanktionen gegen Russland als Wirtschaftskrieg. Im Bundesverfassungsgesetz Österreichs steht zur Neutralität, dass sie das Teilnahmen an einer militärischen Organisation oder die militärische Beteiligung am Krieg untersagt. Von Wirtschaftssanktionen steht da nichts. Warum Zeichnen Sie dann dieses Bild von der Neutralität?

Gerald Grosz: Ich glaube, dass die Verfasser der österreichischen Bundesverfassung, darunter auch Kelson, sicherlich nicht daran gedacht haben, dass Österreich jemals im Rahmen einer europäischen Union einen Wirtschaftskrieg führt. Daher ist tatsächlich für den Fall keine Vorsorge getroffen worden. Es geht im Umgang mit der österreichischen Bundesverfassung viel darum, die Verfassung richtig zu interpretieren und die Interpretation liegt am Tisch. Österreich hat an zwei großen Weltkriegen teilgenommen. Geschundene Weltkriegsgenerationen haben sich nach dem Zweiten Weltkrieg gefunden und haben als Sucus (Anm.: lat. für Heilmittel) dieses Wahnsinns die Neutralität, die immerwährende Neutralität, in unsere Verfassung geschrieben. Diese wurde mit zwei Drittel Mehrheit beschlossen.

Diese bedeutet, dass wir uns neutral verhalten, dass wir unparteiisch sind, dass wir objektiv und nicht subjektiv sind. Es hat dann in den 60er und 70er-Jahren – Stichwort Jonas, Schärf, Kreisky – Staatspersönlichkeiten gegeben in Österreich, die diese Neutralität zum Leben erweckt haben und mit der Etablierung des UNO-Sitzes in Wien, Österreich als guten Ort der Vermittlung, der Diplomatie gefestigt. Und die derzeitige Bundesregierung macht das Gegenteil. Sie ergreift Partei. Sie macht an einem Wirtschaftskrieg mit. Sie lässt zu, dass durch österreichisches Staatsgebiet, sowohl am Boden, als auch in der Luft, Kriegsmaterial transportiert wird. Und das ist für mich ein klarer Bruch der Neutralität. Und die Konsequenz daraus ist, dass wir diesen Wirtschaftskrieg verlieren und das Wladimir Putin 41,4 Milliarden Euro unseres Steuergeldes badet, das ist der Gazprom-Gewinn. Und unsere Badewannen bleiben im Herbst kalt. Das kann nicht der Sinn und Zweck sein.

Gerald Grosz zu den Sanktionen: "Der Wirtschaftskrieg ist ein Fehler"

Vienna.at: Zu den Wirtschaftssanktionen: Mehrere Ökonomen wie zum Beispiel Dr. Janis Kluge oder ein Professor der Universität Yale, Jeffrey Sonnenfeld, bestätigen die Wirksamkeit der Sanktionen gegen Russland. Warum sehen Sie das anders?

Gerald Grosz: Diese Experten sind sicherlich auch der Meinung, dass die Lockdown-Politik eine sehr erfolgreiche war und eigentlich die Lockdowns ein Geschäft waren. Es werden sich sicherlich auch immer wieder Idioten finden, die behaupten, dass wenn die Volkswirtschaft in Österreich vernichtet wird, wenn Menschen das Doppelte und Dreifache zahlen für Lebensmittel, für Strom und für Energie, dass das ein gutes Geschäft ist. Ich sehe das nicht so. Wenn wir auf Russland blicken, blicken wir auf eine Gesellschaft, die nur reich und arm kennt und keine Mittelschicht hat. Das ist in Russland traditionell so. Das heißt: Wenn in Russland die Inflation auf zwölf bis dreizehn Prozent steigt, dann richtet sie dort weniger verheerende Schäden an, als wenn sie in Österreich auf neun Prozent steigt, weil es bei uns den sogenannten Mittelstand wegfegt.

Es gibt Studien, einige haben Sie im Übrigen zitiert, die besagt, dass der Krieg Wladimir Putin hundert Milliarden Dollar gekostet hat und im gleichen Zeitraum hat er 150 Milliarden Dollar verdient. Wir sehen nun, dass es einen Stellungskrieg im Donbass gibt – einen Stellungskrieg mit wechselseitigen Frontabgleichen, der sich aber noch die nächsten Jahre hinziehen könnte. Der Krieg bildet eine dauerhafte Instabilität in Europa ab und auch eine dauerhafte Instabilität unserer Märkte. Faktum ist, dass Europa mit Wladimir Putins Energie, mit dem billigen Öl und Gas, welches wir seit den frühen 60er-Jahren importieren, Wohlstand gebildet hat. Nun fehlt uns dieses Gas. Alles in Allem keine befriedigende Situation. Man kann sich natürlich schönreden und sagen Waldimir Putin wird bald fallen. Das höre ich jetzt schon seit sieben Monaten und er sitzt noch immer fest im Sattel. Nur uns geht langsam die Luft aus. Daher sage ich: Dieser Wirtschaftskrieg ist ein Fehler.

Vienna.at: Wie unterscheiden Sie sich vom FPÖ-Kandidaten Walter Rosenkranz oder von BP-Kandidaten Tassilo Wallentin?

Gerald Grosz: Ich habe das Unterscheidungsmerkmal zu beiden nicht gesucht, weil sie beide nicht mein Ziel sind, sondern Alexander Van der Bellen mein Ziel ist. Aber ich werde oft gefragt: Wo ist die Unterscheidung? Wenn man Tassilo Wallentin, Walter Rosenkranz und meine Standpunkte unterscheiden will, dann liegt das klar auf der Hand: Ich will ohne Wenn und Aber sofort die Regierung entlassen, meine zwei Mitbewerber aber nicht.

"Wenn das der einzige Kritikpunkt ist, dann steht meiner absoluten Mehrheit nichts mehr entgegen"

Vienna.at: In einer Videobotschaft vom Altausseer Kirtag singen Sie das Lied „Zipfl eini, Zipfl aussi“. Kann man Sie als Bundespräsident ernst nehmen?

Gerald Grosz: Ich glaube ein Bundespräsident, ein Amtsinhaber in Österreich, der in Videobotschaften Mickey Maus liest, Selbstgespräche mit seinem eigenen Ego führt, ein Bundespräsident der Frauen die Verhüllung angedeihen lässt und Jugendlichen sagt, dass sie die Zähne zusammenbeißen sollen, ist wahrscheinlich weit mehr ein Problem, als Kirtags-Lieder vom Gerald Grosz. Wenn das der einzige Kritikpunkt an mir ist, dass ich bei einem Kirtag – wenn auch zotige - Witze mache und auch Lieder singe, dann steht meiner absoluten Mehrheit im ersten Wahlgang nichts mehr entgegen. Dann rattere ich durch mit 51 Prozent.

Das Interview mit Bundespräsidentschaftskandidat Dominik Wlazny können Sie in voller Länge im "Heast Oida"-Podcast hören.

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(cor)

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