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Georg Danzer-Buch vereint Memoiren und Zeitzeugen-Erinnerungen

Georg Danzer (1946 - 2007) galt als einer der Pioniere des Austropop
Georg Danzer (1946 - 2007) galt als einer der Pioniere des Austropop ©APA / Ueberreuter Verlag
Er ist auch acht Jahre nach seinem Tod für viele der Inbegriff des Austropops mit Herz und Hirn. Das Buch "Georg Danzer. Große Dinge - Erlebtes und Erzähltes" lässt nicht nur den Ausnahmemusiker in seinen eigenen, lange vergriffenen Memoiren zu Wort kommen, sondern auch seine engsten Vertrauten und musikalischen Weggefährten. VIENNA.at hat das Buch für Sie gelesen.
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Unter dem Titel “Auf und davon” erschienen bereits Anfang der Neunzigerjahre, also noch zu Lebzeiten Georg Danzers, die Kindheits- und Jugend-Erinnerungen des Musikers, der darin mit schönstem Lokalkolorit sein Aufwachsen in Wien bis hin zu seinen ersten Schritten im Musik-Business und einer ersten abenteuerlichen Griechenland-Reise mit Freunden schilderte.

Danzer-Memoiren wieder aufgelegt

Diese Memoiren waren nur kurze Zeit erhältlich, da das Buch damals durch den Konkurs des Verlages unmittelbar nach der Veröffentlichung rasch vergriffen war. Wer zu den vielen Fans gehört, die damals nicht in den Genuss kamen, Danzers Erzählungen aus eigener Feder zu lesen, hat nun wieder die Chance dazu.

“Georg Danzer. Große Dinge – Erlebtes und Erzähltes” ist ein in zwei Teile gegliedertes Erinnerungswerk, in dem “Auf und davon” ebenso enthalten ist wie zahlreiche Interviews mit Menschen, die Danzer persönlich kannten und ihn musikalisch und/oder freundschaftlich bis zu seinem Krebstod im Jahr 2007 begleiteten.

Eine Kindheit und Jugend in Wien

1993 wurde “Auf und davon” veröffentlicht. In diesem Werk, das der 1946 geborene Danzer seinen Eltern widmete, schildert er selbst seine Kindheit im Wien der Nachkriegszeit, an Schauplätzen von der elterlichen Wohnung am Gaudenzdorfer Gürtel in Meidling und der Schule in der Diefenbachgasse im 15. Bezirk bis hin zum Kult-Kaffeehaus Hawelka in der Wiener Innenstadt, das gewissermaßen sein zweites Zuhause wird und dem er später in “Jö schau” ein unvergessenes Denkmal setzt.

Erinnerungen Danzers: Meilensteine eines Lebens

Danzer berichtet von ersten Erlebnissen mit dem anderen Geschlecht, während er sich auf Sommerfrische mit den Großeltern befindet, und zeichnet ein lebhaftes Bild seines unzufriedenen Vaters und seiner liebevollen Mutter. Als eigenbrötlerisch und widerspenstig charakterisiert er sich dabei selbst, ein einsames Kind, das zu einem von Wehmut und Fernweh geprägten jungen Mann heranwächst. An einer Stelle benennt er eine “ungewisse Sehnsucht nach dem Traurigsein”, an der er gelitten habe. Meilensteine wie sein erstes Päckchen Zigaretten, sein erster Vollrausch am Faaker See und sein erstes sexuelles Erlebnis, wobei die Zigarette danach mindestens so wichtig war wie der Akt an sich, schildert Danzer in offenen Worten und sorgt beim Leser dabei für so manches Schmunzeln. Dass der junge Danzer das Billardspielen im Kaffeehaus der langweiligen Schulmesse vorzog, erfahren wir ebenso wie seine Erinnerungen an die Tanzschule und seine erste Gitarre. Große Träume und Ziele waren ihm schon als Jugendlichem nicht fremd: “Ich wäre so gerne etwas Besonderes gewesen, jemand, der im Mittelpunkt steht und die Menschen durch seine Taten zu Begeisterungsstürmen hinreißt,” bekennt er.

“Auf und davon”: Eine Reise nach Griechenland

Am Ende seiner Memoiren steht ein Abnabelungsprozess vom Elternhaus in Form einer ersten auf eigene Faust unternommenen Reise: Mit zwei “obskuren Existenzen aus dem Hawelka” unternimmt der noch nicht volljährige Danzer einen Trip nach Griechenland – per Autostopp. An der Triester Straße beginnt mit hochgerecktem Daumen ein Abenteuer, das einen ersten wichtigen Schritt ins Erwachsenwerden bedeuten wird. Nach seiner Rückkehr hat Danzer Geschmack an der Welt jenseits des vertrauten Wiens gefunden, der ihn zeitlebens nicht mehr loslassen soll.

In einem Epilog widmet sich Danzer daraufhin noch einem besonders dunklen Kapitel seines Lebens: dem Unfalltod seiner Mutter in einem Schiurlaub und dem darauf folgenden Suizid seines schwer kranken Vaters. Nachdenklich endet Danzer: “Wie schrecklich ist unsere Angst vor dem Tod. Es muss schön sein, ohne Schmerzen und Traurigkeit einfach einzuschlafen.”

Georg Danzer, wie man sich an ihn erinnert

Für den zweiten Teil des Buches standen dem Autor und Musikjournalisten Andy Zahradnik, der für Danzer jahrelang Pressetexte verfasste, nahezu alle Rede und Antwort, die im Austropop Rang und Namen haben – von Danzers “Austria 3”-Kollegen Wolfgang Ambros und Rainhard Fendrich bis hin zu Marianne Mendt, Peter Cornelius, Hans Theessink und Ulli Bär, um nur einige zu nennen. Sie alle sind sich einig: “Des kaun do no ned ollas g’wesn sein … da war do no was”. Auch Branchengrößen wie Rudi Dolezal, René Reitz und Andy Baum lassen in den Gesprächen mit Zahradnik die Leser an ihren teilweise sehr persönlichen Erinnerungen an Georg Danzer teilhaben, erzählen Anekdoten und geben Bonmots zum besten, die ihnen teils jahrzehntelang im Gedächtnis geblieben sind.

Aus diesen von Respekt und Sympathie durchdrungenen Erzählungen entsteht das Bild eines sehr vielseitigen Musikers von großer Intelligenz und begnadeter Inspiration, dem die gesellschaftspolitische Message seiner Lieder stets mindestens ebenso am Herzen lag wie der (nicht immer gegebene) Erfolg derselben. Eines Musikers, den nur wenige einen wirklich engen Freund nennen durften, da ihm Oberflächlichkeiten verhasst waren, und der nicht jeden Menschen gleich ohne Weiteres nahe an sich heranließ, da ihm sein Privatleben heilig war. Eines Musikers mit zahlreichen Stärken, aber auch allzu menschlichen Schwächen. Als Leser erlebt man in der Erinnerung der damals hautnah Dabeigewesenenen den Entstehungsprozess unvergessener Werke wie “Der Tschik” oder “Jössas na” (das Lied um den ominösen “Nockaten im Hawelka”.) Jedes der Interviews endet damit, wie die betreffende Person vom Tod Danzers erfuhr – und beschreibt, wie schwer der Verlust des Ausnahmemusikers vor dem Hintergrund der gemeinsamen Geschichte wog.

“Georg Danzer – Erlebtes und Erzähltes”

Nach der Lektüre des Buches, das nicht nur für Fans eine berührende Fundgrube an Versatzstücken darstellt, die Georg Danzer gewissermaßen lebendig werden lassen, hat man als Leser das Gefühl, noch ein bisschen besser zu verstehen, wie er gewesen sein muss – was Georg Danzer bewegte, was ihn antrieb, was ihn ausmachte. Fazit: Ein berührendes und wichtiges Buch über einen Liedermacher, der Generationen von österreichischen Liedermachern geprägt und beeinflusst hat – ein Buch, das einen Blick hinter die Kulissen eines Mannes erlaubt, der gewissermaßen schon zu Lebzeiten Legende war.

Georg Danzer, Franz Christian Schwarz, Andy Zahradnik: “Georg Danzer. Große Dinge – Erlebtes und Erzähltes”. Ueberreuter Verlag, Hardcover, 240 Seiten, mit zahlreichen Farbabbildungen. 19,99 Euro. ISBN 978-3-8000-7611-6

(DHE)

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