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Geiselnehmer wollte Aufmerksamkeit

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Eine Geiselnahme ohne leicht erkennbares Motiv: Bewaffnet, wie man heute weiß, mit Plastikspielzeug, suchte Günter B. die Konfrontation mit Polizei und Medien. Er steckt in einer Lebenskrise.

Der 39-jährige Wiener Günter B. betrat die Bawag-Filiale in der Mariahilfer Straße 22 in Wien-Neubau, nachdem er die ganzer Nacht mit Freunden durchgemacht hatte. Das sagten Polizeivertreter bei einer Pressekonferenz am Dienstagabend nach dem Ende des fünfstündigen Tauziehens um die sieben Geiseln.

Der Täter ist wegen Gewalt- und Eigentumsdelikten vorbestraft. Er hatte eine Beziehung beendet.


Um 10.58 Uhr erfolgte der Alarm nach einem Notruf aus der Bank. „Eineinhalb Minuten später waren unsere Leute am Tatort“, sagte Vizepolizeipräsidentin Michaela Pfeifenberger. Den Beamten schickte der 39-Jährige die erste Geisel, eine Bankangestellte entgegen. „Quasi als Botin“, so Pfeifenberger. Die Funkstreifenbesatzung alarmierte die Wiener Einsatzgruppe Alarmabteilung (WEGA), die das Areal um die Bankfiliale sicherte.

Ermittler der Kriminaldirektion 1 (KD 1, Gruppe Schaffer, Major Gerhard Winkler) nahmen schnell Kontakt mit dem Geiselnehmer auf. Etwa 20 Minuten nach Beginn ließ Günter zwei weitere Bankangestellte, eine Frau und einen Mann, frei. Dann hieß es für die Ermittler und die zahlreich anwesenden Medienvertreter, sich in Geduld zu üben.

Mittlerweile wurde das Gelände großräumig abgesperrt, außerdem wurden etwa 40 Beamte des Einsatzkommandos „Cobra“ hinzugezogen. Hannes Gulnbrein, Leiter der Cobra Wien: „Nach etwa zwei Stunden hatten wir die Vorbereitungen getroffen, bei einer Eskalation einen Zugriff in der Bank zu machen.“


Nach rund dreistündigen Verhandlungen kam die nächste Geisel frei. „Stufe für Stufe wurde immer eine Geisel ausverhandelt“, beschrieb Oberstleutnant Gerhard Haimeder von der KD 1 die Arbeit. Dazwischen hatte Günter B. Zigaretten sowie Getränke von einem Fastfood-Lokal in der Nähe, das die Polizei quasi als Einsatzzentrale requiriert hatte, verlangt und bekommen. Nachdem um 15.14 Uhr eine weitere Geisel freigekommen war, brachten die Verhandler den 39-Jährigen schließlich zur Aufgabe.

Aufgabe kurz vor 16 Uhr

Kurz vor 16.00 Uhr warf er seine „Waffe“, ein silberfarbener Spielzeug-Plastiknachbau, aus der Bawag-Filiale und kam mit einer Bankangestellten heraus.

Unbemerkt versteckte sich ein Mann in der Bank

Die Polizei nahm den Mann fest und brachte die nach Meinung des Täters letzte Geisel in Sicherheit. Danach kam ein weiterer Mann aus dem Geldinstitut: Ein Kunde hatte sich während der gesamten Zeit in Büroräumen der Bank im ersten Stock versteckt.

Von der Überfall-Theorie scheint bei den Ermittlern niemand so recht überzeugt zu sein. Die Verhandler hatten eher den Eindruck, dass es sich um eine geplante Geiselnahme handelte, sagte Major Winkler.

Möglicherweise wollte er nur Aufmerksamkeit erregen. „das Handeln ging von ihm aus. Was er wirklich wollte, ist Gegegenstand von Ermittlungen“, sagte Haimeder. Nähere Aufschlüsse erhoffen sich die Fahnder hier von den Einvernahmen des Täters. Bei seiner Aufgabe hatte Günter B. keine Beute bei sich.

Winkler sprach außerdem von schwierigen Verhandlungen mit dem 39-Jährigen. Immer wieder brach Günter B. das Gespräch ab, wenn ihn etwas störte. Die Beamten kontaktierten jedes Mal wieder. Einmal kündigte er sogar an: „Das kann die ganze Nacht dauern“, schilderte Haimeder.

Außerdem hatte die Polizei für den Extremfall vorgesorgt: Eine Ex-Freundin des Täters, zu der er noch immer guten Kontakt hat, wurde an den Tatort gebracht, um notfalls in die Verhandlungen eingreifen zu können. Auch seine Freunde wurden ausgeforscht und für den Fall des Falles bereit gehalten.

Medien-Nutzer

Eine weitere Schwierigkeit: „Es ist ein Geiselnehmer in der Bank, der sehr wohl auch Medien nutzen kann“, sagte Pfeifenberger. Günter B. dürfte vor allem im Internet gesurft haben. Live-Berichte sowie der „Versuch einer Kontaktaufnahme direkt mit dem Täter“ hätten zu einer Panik führen können, kritisierte die Vizepolizeipräsidentin.

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