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Geiselmord in Afghanistan schockiert betroffene Familien zutiefst

Als sich die zunächst noch vage Nachricht von der Ermordung des 29-jährigen Südkoreaners Shim Sung Min durch seine Geiselnehmer in Afghanistan verbreitete, brach für seine Familie eine Welt zusammen.

In seiner Heimat war es schon tiefe Nacht, erst am frühen Dienstagnachmittag (Ortszeit) wurde die traurige Nachricht zur Gewissheit. Bis dahin durchlebten die Angehörigen zusammen mit anderen Familien der noch immer in der Gewalt der Taliban-Rebellen befindlichen Geiseln qualvolle Stunden.

„Warum haben sie ihn umgebracht? Wir können ohne ihn nicht leben!“, rief Shims Mutter Kim Mi Ok, bevor sie – wie koreanische Medien berichteten – bewusstlos zusammenbrach. „Auch wenn die Taliban ihre eigenen Zwecke verfolgen – wie kann es sein, dass sie, als menschliche Wesen, solch grausame Dinge tun“, sagte der Vater Shim Jin Pyo in seiner Verzweiflung.

Die Regierung in Seoul bestätigte den Tod des Mannes – dessen von Kugeln durchsiebten Körper die Kidnapper am Rand einer Straße abgelegt hatten – zwölf Stunden nach der Mitteilung der Taliban, dass sie eine weitere Geisel getötet hätten. Die Nachricht war für die Familien der Geiseln umso schrecklicher, als erst kurz vorher in den Medien vermeldet wurde, die Rebellen verlängerten ihr Ultimatum um zwei weitere Tage, um die Erfüllung ihrer Forderung nach Freilassung inhaftierter Gesinnungsgenossen zu erzwingen.

Durch den Mord an der zweiten Geisel hatte sich die Hoffnung der Koreaner, es werde noch zu einer Einigung über die Freilassung der Geiseln kommen, einen spürbaren Dämpfer erhalten. Das Fernsehen zeigte Bilder von verzweifelten und weinenden Müttern und Vätern, die sich zusammen in dem Seouler Vorort Pundang aufhielten. Dort befindet sich die Saemmul-Gemeindekirche – eine presbyterianische Freikirche, die die Gruppe von 23 Koreanern zur Entwicklungsarbeit nach Afghanistan geschickt hatte.

Die Kritik an der Kirchenleitung ebbte seit dem Tod der ersten Geisel, des 42-jährigen Predigers Bae Hyung Kyu, in der vorigen Woche nicht ab – auch wenn sie mittlerweile von dem Entsetzen über die Geiselmorde überlagert wird. Im ganzen Land werden Fürbittgottesdienste abgehalten. Neben den Christen betet auch die muslimische Gemeinde in Korea für die sichere Rückkehr der Geiseln.

Die Bestürzung in Südkorea über das Geiseldrama ist umso größer, als es sich bei den Entführten um junge Menschen handelt, die zum großen Teil unter 25 Jahre alt sind. In der noch verbleibenden Gruppe befinden sich 18 Frauen und drei Männer. Als nach wie vor unverständlich empfinden es die Koreaner, wie sich ihre Landsleute ohne Schutz in einem Bus auf eine Fahrt in eine gefährliche Gegend Afghanistans begeben konnten. In Bildern von der Gruppe, die kurz vor ihrem Aufbruch gemacht wurden, machen die Teilnehmer den Eindruck, als wollten sie sich auf einen Abenteuerausflug begeben.

Die Regierung reihte sich unter die Trauernden ein und warnte die Entführer vor weiterer Gewalt. Doch in einem offenbaren Appell an die Regierung in Kabul und auch an die USA, einem Tauschhandel mit den Geiselnehmern zuzustimmen, hieß es auch: Die Regierung sei sich bewusst, wie die internationale Gemeinschaft mit Geiselnahmen umgehe, doch glaube sie auch, „dass Flexibilität gebraucht wird, um wertvolles Leben zu retten“.

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