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Gaza: Radikaler Israeli tötet drei Palästinenser

Bei einem bewaffneten Überfall auf ein Fahrzeug mit palästinensischen Arbeitern hat ein radikaler Israeli am Mittwoch im Westjordanland drei Palästinenser getötet und drei weitere verletzt. 

Das berichteten israelische Medien.

Der Mann habe einem Wachmanns der Siedlung Shilo bei Jerusalem die Waffen weggenommen und und das Feuer eröffnet, berichtete der Rundfunk. Er eröffnete wahllos das Feuer, berichteten Ärzte später. Der Mann sei festgenommen worden, hieß es in Medienberichten. Wachmänner überwältigten anschließend den Täter.

Die palästinensische Führung verurteilte die Tat aufs Schärfste. Ihr Unterhändler Saeb Erekat forderte die israelische Regierung auf, „Anschlägen dieser Art ein Ende zu machen“.

Zuletzt hatte ein israelischer Armee-Deserteur Anfang des Monats in einem Autobus im Norden Israels vier israelische Araber erschossen. Der Todesschütze war danach von einer arabischen Menge gelyncht worden.

Nach Ablauf der Frist zur friedlichen Räumung am Dienstag um Mitternacht hielten sich noch tausende jüdische Siedler und Sympathisanten im Gazastreifen auf. Medienberichten zufolge hatten bis zum Mittwochnachmittag 65 Prozent der Bewohner den Gazastreifen verlassen. Zuvor seien bereits 790 und damit mehr als die Hälfte der 1.446 Siedlerfamilien freiwillig gegangen.

Solana verurteilt Anschlag

EU-Chefdiplomat Javier Solana hat den bewaffneten Überfall eines radikalen Israelis auf palästinensische Arbeiter scharf verurteilt. „Ich hoffe, dass beide Seiten ihre Zurückhaltung beibehalten werden“, erklärte Solana am Mittwoch in Brüssel. „Ich verurteile in scharfer Form die Angriffe auf palästinensische Zivilisten in der Siedlung Schilo.“

Solana lobte die israelische und die palästinensische Führung für ihre Haltung angesichts der „schweren, aber unvermeidbaren Herausforderung“ des Abzugs aus dem Gazastreifen. Dessen erfolgreicher Abschluss werde ein „wichtiger Moment auf dem Weg zu einer friedlichen Zukunft von Israelis und Palästinensern“ sein.

Tages-Zusammenfassung

Mit Beginn der Zwangsräumung im Gaza-Streifen ist der Protest der israelischen Siedler und Abzugsgegner am Mittwoch eskaliert. Eine Siedlerin zündete sich an und fügte sich schwere Verletzungen zu. In Neve Dekalim, der größten Siedlung des Gebiets, mussten sich die israelischen Soldaten ihren Weg durch Barrikaden und aufgebrachte Demonstranten bahnen. Ministerpräsident Ariel Sharon hat unterdessen betont, dass er am Ausbau der Siedlungen im Westjordanland festhalten will. Die Besiedlung des Westjordanlandes „wird fortgesetzt und ausgebaut“, sagte der Premier nach einer Unterredung mit Staatspräsident Moshe Katzav, der die Bewohner der aufzulösenden Gaza-Siedlungen um Vergebung gebeten hatte.

Polizeisprecher Avi Zelba teilte mit, dass in den Siedlungen im Gaza-Streifen am Mittwoch 366 Gebäude geräumt wurden. „Die Zahl der Personen ist derzeit noch nicht festgestellt“, sagte er. Die Sicherheitskräfte fuhren Siedler und auswärtige Demonstranten in Dutzenden von Bussen aus dem Gaza-Streifen. Nach unbestätigten Angaben waren am Nachmittag etwa zwei Drittel der Gebäude in den 21 jüdischen Siedlungen aufgegeben bzw. geräumt. Angesichts der aufgeheizten Atmosphäre forderte Sharon die Abzugsgegner auf, ihre Wut gegen ihn zu richten und die Sicherheitskräfte nicht anzugreifen. Er trage die Verantwortung für den Abzug, sagte er im Fernsehen.

Eine über 60 Jahre alte Frau habe sich aus Protest gegen den Abzug angezündet, sagte eine Polizeisprecherin. Es handle sich um eine Siedlerin aus dem Westjordanland, wo Israel parallel zum Gaza-Streifen vier Siedlungen räumen will. Der Vorfall ereignete sich an einem israelischen Kontrollpunkt außerhalb des Gaza-Streifens. Die Frau wurde mit starken Verbrennungen in das Krankenhaus von Beersheva gebracht.

In Neve Dekalim bewarfen Siedler anrückende Truppen mit Geschirr und wurden gegen sie handgreiflich, als sie sich in unbewaffneten Gruppen von 17 Soldaten von Haus zu Haus vorarbeiteten, um die Gebäude zu räumen. Eine Frau wurde nach Polizeiangaben festgenommen, weil sie mit einem Messer auf einen Soldaten losgegangen war und ihn leicht verletzt hatte. Im Norden des Gaza-Streifens begannen die Soldaten noch am Mittwoch damit, erste Siedlerhäuser abzureißen.

Sharon wandte sich zum zweiten Mal seit Beginn des Abzugs über das Fernsehen an die Menschen und appellierte an sie, den Soldaten und Polizisten die Ausführung ihrer Befehle nicht zu erschweren. „Greift mich an! Ich bin verantwortlich dafür. Greift mich an. Gebt mir die Schuld!“, sagte er. Die Bilder von der Räumung des Gaza-Streifens habe er „mit Tränen in den Augen“ verfolgt, sagte der Regierungschef. „Wenn man diese Familien mit Tränen in den Augen sieht, und die Polizisten mit Tränen in den Augen, dann ist es unmöglich, selbst nicht zu weinen.“ Sharon hatte den Plan zur Räumung aller 21 Siedlungen im Gaza-Streifen und vier kleinerer Siedlungen im nördlichen Westjordanland gegen starken Widerstand in seiner eigenen Likud-Partei und seitens der Siedlerorganisationen durchgesetzt.

Die sechs Hauptsiedlungsblöcke, in denen die Mehrheit der rund 240.000 jüdischen Siedler des Westjordanlandes lebt, blieben unter israelischer Kontrolle, hatte Verteidigungsminister Shaul Mofaz am Montag im Militärrundfunk erklärt. Der internationale Friedens-Fahrplan („Roadmap“) sieht einen unabhängigen und lebensfähigen palästinensischen Staat im Westjordanland und Gaza-Streifen vor. Nach den Vorstellungen Sharons soll Israel große Teile des Westjordanlandes annektieren, was im Widerspruch zur Roadmap steht. US-Außenministerin Condoleezza Rice hatte bei ihrem jüngsten Nahost-Besuch die Verpflichtung der USA unterstrichen, für die Beendigung der israelischen Siedleraktivitäten in palästinensischen Gebieten Sorge zu tragen.

Um einen Nahost-Frieden möglich zu machen, müsse in Israel ein „vollkommenes Umdenken“ einsetzen, erklärte der Friedensaktivist und ehemalige Knesset-Abgeordnete Uri Avnery am Mittwoch in einem ORF-Interview. Die Räumung des Gaza-Streifens sei „psychologisch und politisch ungeheuer wichtig: Die Richtung verändert sich“, sagte der aus Deutschland stammende KZ-Überlebende, Gründer der Friedensbewegung „Gush Shalom“ und Träger des Alternativen Friedensnobelpreises. „Die Krise, die bevorsteht, ist wichtiger als der Rückzug selbst“, so Avnery.

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