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Fünfter Tag im Immofinanz-Prozess: Zeugen belasten Petrikovics schwer

Im Immofinanz-Strafprozess  rund um Aktiengeschäfte des früheren Konzernchefs Karl Petrikovics und seiner Kollegen haben heute die Zeugen den Hauptangeklagten schwer belastet. Vor allem ging es am fünften Tag im Prozess um die Frage der Betrachtung des hochkomplexen Firmenkonstrukts der Constantia Privatbank (CPB). Besonders die sogenannten "Leintuchgesellschaften" waren Gegenstand der Zeugenbefragungen.
Bilder aus dem Gericht
Prozess startet in Wien
Petrikovics war “Mastermind”
In Bilanz ist fast alles “irgendwie”
“Petrikovics über Verlust informiert”
Zeugen werden befragt

Die Constantia Privatbank (CPB) hatte zahlreiche 19-Prozent-Beteiligungen an Gesellschaften, die wegen der geringen Beteiligung nicht in die Bank konsolidiert wurden. Der Angeklagte CPB-Chef Karl Petrikovics argumentierte in seiner Verteidigung gegenüber dem Untreue-Vorwurf, dass das Ganze als Konzern gesehen und gehandhabt wurde. Es habe Patronatserklärungen der Bank gegenüber diesen 19-Prozent-Töchtern gegeben, wenn diesen ein Schaden entstanden wäre hätte das die Bank aufgefangen.

Wirtschaftsprüfer im Zeugenstand

Ganz anders schilderte der Wirtschaftsprüfer Andreas Grave die Situation. Er war verantwortlicher Abschlussprüfer für die Jahre 2004 und 2005. Die 19-Prozent-Gesellschaften seien aus Sicht der Wirtschaftsprüfer nie Tochtergesellschaften der Bank gewesen, weil die Bank nur einen Minderheitsanteil gehabt habe. Zwei andere Aktionäre hielten jeweils 40,5 Prozent. Ob es oberhalb eine wirtschaftliche Einheit gegeben habe, wisse er nicht, aber “wir haben es aus Sicht der Bank nie als wirtschaftliche Einheit gesehen”.

Dies bestätigte auch Wirtschaftsprüfer Nikolaus Müller, ebenfalls Prüfer der CPB und Vorgänger von Grave. Es habe zwar traditionellerweise eine Gesamtdarstellung der Bank-Gruppe gegeben, in der auch die Leintuchgesellschaften enthalten waren, aber aus Sicht der Bank habe dies bilanztechnisch eigentlich keine Folge gehabt. “Am Ende des Tages war die Familie Turnauer Eigentümer, soweit ich das verstanden habe”, meinte Müller. Aus bilanzrechtlicher Sicht der CPB sei das aber keine Einheit gewesen.

Mit den Verteidigern der Angeklagten entspannen sich längere Debatten um die “Patronatserklärung”, mit der die CPB den Töchtern den Fortbestand zugesichert haben soll – oder auch nicht. Die Fragestellungen der Anwälte waren so komplex und hypothetisch, dass sie sogar von den Wirtschaftsprüfern teils nicht auf Anhieb verstanden wurden.

Tag 5 im Immofinanz-Prozess

Staatskommissär in der CPB war bis 2010 Gerhard Steger. In seiner Zeugenbefragung schilderte er, dass er als “Aufpasser des Staates” sein Wissen ausschließlich aus den Aufsichtsratssitzungen der Constantia-Bank bezog. Von eventuellen Vorbesprechungen zum Aufsichtsrat wisse er nichts, jedenfalls sei er nie dabei gewesen. “Wir haben immer brav im Sitzungssaal gewartet, bis die Herrschaften erschienen sind”. An besondere Vorkommnisse konnte er sich nicht erinnern. Thematisiert wurden in der CPB manchmal Großveranlagungen, für die es gesetzliche Grenzen gibt. Aber auch hier seien die Geschäfte in der Regel genehmigt worden.

Rudolf Goby, stellvertretender Staatskommissär in der CPB, konnte sich nicht daran erinnern, dass die Großveranlagungsgrenzen jemals ein Thema bei den AR-Sitzungen der Bank gewesen waren, auch nicht im Zusammenhang mit Immofinanz- oder Immoeast-Aktienkäufen. Organgeschäfte seien zwar grundsätzlich thematisiert worden, aber nicht solche mit den Angeklagten. Der komplexe Aufbau der Banken-Gruppe sei im Aufsichtsrat nie diskutiert worden.

Goby kann sich auch nicht daran erinnern, dass der Shortbestand an Aktien der Bank oder die Auslagerung von Aktien in Töchter im Aufsichtsrat diskutiert worden wäre. Er gehe davon aus, dass Incentives an den Vorstand und Aufsichtsrat genehmigungspflichtig gewesen wären. Es habe in der CPB keine mündlichen Beschlüsse gegeben. Zu Themen der Bilanzierung, Verlustausgleich oder Patronatserklärung habe er ebenfalls keine Wahrnehmungen gehabt. Er sei nur für die CPB zuständig gewesen.

Zeugen belasten Petrikovics schwer

 “Ich sehe hier schwere Untreue”, sagte die ehemalige Bankeigentümerin und Erbin von Herbert Turnauer, Christine de Castelbajac, im Zeugenstand. Auch eine Prüferin der Finanzmarktaufsicht (FMA) und ein Prüfer der Oesterreichischen Nationalbank belasteten Petrikovics, der alle Fäden im CPB-Immofinanz-Konzern zog.

Der frühere Aufsichtsrat in der Constantia Privatbank (CPB) Thomas Uher, jetzt Vorstand der Erste Bank, erklärte im Zeugenstand, wie er in einer AR-Vorbesprechung nach einem Verlust von über 7 Mio. Euro (eine Rückstellung aus Optionsgeschäften) gefragt hatte. Es sei aus Geschäften mit einem “guten Kunden” entstanden, erhielt er damals von Petrikovics als Antwort. Von Aktiengeschäften der Beklagten mit der Bank habe er damals nichts gewusst, diese wären wohl Organgeschäfte gewesen und daher aufsichtsratspflichtig.

Weitere Zeugen sollen befragt werden

Dass Petrikovics auch die Finanzmarktaufsicht (FMA) angelogen hatte erläuterte eine FMA-Prüferin. “Es ist uns aufgefallen, dass 2007 eine große Anzahl von Immoeast-Aktien über die Bank veräußert wurden. Das hat uns interessiert”, so die Zeugin. Die Antwort der Bank, es hätten drei Gesellschaften aus Liechtenstein Aktien erworben, hätte sich im Nachhinein nicht als wahr herausgestellt.

Nach einer über achtstündigen Zeugenbefragung geht es Mittwoch, den 30. Jäner mit neuen Zeugen weiter. Am Nachmittag werden etwa Ex-CA-Chef Guido Schmidt-Chiari und Ex-Wienerberger-Chef Erhard Schaschl befragt.

(APA)

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