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Freilassung von Guantanamo-Gefangenen Rückschlag für Bush

Ein US-Bundesrichter hat erstmals die Freilassung von Häftlingen aus dem berüchtigten US-Gefangenenlager Guantánamo auf Kuba angeordnet. Die 17 muslimischen Uiguren aus der chinesischen Region Xinjiang, die ursprünglich als Terroristen verdächtigt worden waren, sollen auf Anordnung des Richters bis Freitag in die USA gebracht und dort auf freien Fuß gesetzt werden.

Bisher hat noch kein ausländischer Guantánamo-Insasse in die USA reisen dürfen. Die Entscheidung sei ein “schwerer Rückschlag” für die US-Regierung und Präsident George W. Bush, schrieb die “New York Times” am Mittwoch. Die Bush-Regierung versuche seit Jahren, ihr Vorgehen in Guantánamo, wo Gefangene ohne Prozess festgehalten werden, als zulässig zu verteidigen.

Eine Regierungssprecherin sagte nach Angaben der Zeitung, es sei noch nicht geklärt, ob das Gericht tatsächlich die Macht habe, die Gefangenen in den USA freizulassen. Die Regierung sei “tief beunruhigt” über die Entscheidung. Sie könne als Präzedenzfall genutzt werden und dazu führen, dass künftig Guantánamo-Gefangene, die eine Gefahr für das Land darstellten, in die USA einreisen dürften. “Unsere Verfassung verbietet es, Gefangene unbegrenzt ohne Grund festzuhalten”, sagte Richter Ricardo M. Urbina der “Washington Post”. Das Vorgehen der Regierung sei ungesetzlich. Dennoch befürchten Vertreter der Uiguren, die Männer könnten gleich nach ihrer Freilassung in den USA wieder festgenommen werden. Die Einwanderungsbehörde könne etwa anführen, dass sie keine Aufenthaltsgenehmigung hätten.

Die US-Militärbehörden hatten bereits früher den Vorwurf des Terrorismus gegen die 17 Männer fallengelassen. Allerdings scheiterte eine Freilassung daran, dass sich kein Land zur Aufnahme der Chinesen bereitfand. Peking betrachtet die Männer als Terrorverdächtige und fordert eine Auslieferung, was Washington mit Hinweis auf drohende Folter in China ablehnte. Die Uiguren sollen zunächst bei Familien in der Nähe von Washington unterkommen, bis eine langfristige Lösung gefunden ist. Der österreichische UN-Sonderberichterstatter für Folter, Manfred Nowak, hatte gewarnt, den von den USA 2001 in Afghanistan festgenommenen Uiguren drohe bei einer Überstellung an China “Gefahr an Leib und Leben”. Peking behauptet, dass es zwischen uigurischen muslimischen Separatisten und dem Terrornetzwerk Al-Kaida Verbindungen gäbe. Menschenrechtsorganisationen erklären, Chinas Führung nütze den von den USA ausgerufenen internationalen Kampf gegen den Terrorismus aus, um verschärft gegen Regimekritiker und Minderheiten vorzugehen.

“Einmal mehr hat ein Bundesgericht den Glauben der Bush-Regierung zurückgewiesen, dass ihre eigenen Sichtweisen über juristischen Überprüfungen und Verfassungsrechten stehen”, betonte Jennifer Daskal von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) in einer Stellungnahme. Nach fast sieben Jahren Haft ohne Anklage kämen die Uiguren endlich in den Genuss einer rechtlichen Befreiung, die sie längst verdient hätten.

Der unklare Rechtsstatus der Guantanamo-Häftlinge sorgt regelmäßig für Proteste von internationalen Menschenrechtsorganisationen. UNO-Experten haben die Anwendung von Gewalt gegen Gefangene, die Überstellung von Häftlingen in Länder, in denen ihnen Folter droht, und die Verletzung ihrer religiösen Gefühle durch das Militärpersonal in Guantanamo angeprangert. Der mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete ehemalige US-Präsident Jimmy Carter hatte geschrieben: “All das passt zu Unrechtsstaaten, die von amerikanischen Präsidenten in der Vergangenheit immer verurteilt worden sind.”

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