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FPÖ: Beschädigt, aber nicht erledigt

©APA/HANS KLAUS TECHT
Gastkommentar von Johannes Huber. Heinz-Christian Strache hat seiner Partei ein schweres „K.o.“ zugefügt. Ihr Ende ist das aber noch lange nicht.

„FPÖ am Ende!“, titelte die Kronenzeitung nach Veröffentlichung des Ibiza-Videos vor dem Sommer: Seither konnte man immer wieder zum Schluss kommen, dass es jetzt aber wirklich soweit ist; irgendwie erholten sich die wenigen Damen und vielen Herren dann aber doch jedes Mal aufs Neue. Gleich nach dem Video flogen sie aus der Regierung und Heinz-Christian Strache aus all seinen Ämtern. Ruckzuck traten mit Norbert Hofer und Herbert Kickl zwei echte Kaliber an seine Stelle.

Dieser Tage nun der nächste Tiefpunkt: Sehr, sehr üppige Spesenersätze für Strache wurden bekannt. So sind ihm, der als Vizekanzler 19.647,90 Euro brutto im Monat verdient hat, in der Vergangenheit 2500 Euro extra für die Bleibe in Klosterneuburg überwiesen worden. Das ist genau das, was einen Durchschnittswähler weit mehr empören kann als das Ibiza-Video: Er selbst verdient nämlich eher nur das Zehntel eines Vizekanzlers; und seine Wohnkosten bekommt er trotzdem nicht vergütet. Soll heißen: Bei der Nationalratswahl könnte es nun eine böse Überraschung geben für die FPÖ. Einen Solidarisierungseffekt mit ihr und Strache wie bei der EU-Wahl Ende Mai wird es wohl kaum geben.

Fragt sich, wie es weitergeht: Spät, aber doch wird ein Parteiausschluss von Strache zum Thema. Zu glauben, dass ein solcher Schritt alle Probleme lösen würde, wäre jedoch naiv: Strache dürfte sich dann erst recht gezwungen sehen, politisch wieder tätig zu werden. Im Fall des Falles halt mit einer eigenen Liste, die der FPÖ zum Beispiel bei der Wiener Gemeinderatswahl 2020 ein paar Prozentpunkte abnehmen könnte.

Auf Bundesebene wird’s kaum leichter für die Partei: Hofer mag sich darum bemühen, weiterhin unter der ÖVP von Sebastian Kurz mitregieren zu dürfen. Einfach so bewerkstelligen lässt sich das aber für beide nicht: Kurz steht intern unter Druck, die Finger von den Freiheitlichen zu lassen. Und Hofer müsste für eine Fortsetzung der Koalition wohl so viele Zugeständnisse machen, dass es schwer für ihn wird, von seinen Parteifreunden die nötige Mehrheit dafür zu bekommen.

Droht der FPÖ also wirklich ihr Ende? Nein: Sie hat trotz allem Zukunft. Da sollte sich niemand täuschen. Grund eins: Sie ist und bleibt eine Protestpartei, die sich all jenen anbietet, die Regierenden eins auswischen wollen. Aus der Opposition heraus kann sie daher immer wieder aufsteigen, wie sie das unter Jörg Haider in den 1980er und 1990er Jahren sowie unter Heinz-Christian Strache in den 2000er und 2010er Jahren geschafft hat. Umso mehr, als es da noch einen zweiten Grund gibt, der zumindest Freiheitliche zuversichtlich stimmen darf: Ihre Personaldecke ist sehr dick.

Keine andere Partei hätte ihren erfolgreichen Obmann (Strache) so schnell durch einen neuen Obmann (Hofer) austauschen können, der unter normalen Umständen noch größere Wahlerfolge erzielen kann (siehe Bundespräsidenten-Wahlen 2016). Ja, selbst Hofer ist ersetzbar; durch Herbert Kickl beispielsweise oder den Oberösterreicher Manfred Haimbuchner. Vergleichbares ist bei Grünen oder Neos undenkbar. Von der ÖVP gar nicht zu reden: Sie steht und fällt auf Bundesebene allein mit Sebastian Kurz. Ein Ersatz für ihn ist gar nicht vorstellbar.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik.

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