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Flüchtlingsthema wird laut Experten den BP-Wahlkampf bestimmen

Der Wahlkampf um die Hofburg wird spannend
Der Wahlkampf um die Hofburg wird spannend ©APA
Das bestimmende Thema des Wahlkampfes zur Bundespräsidentschaftswahl wird Experten zufolge wohl das Flüchtlingsthema sein. Aber nicht nur der Umgang der Kandidaten mit diesem brisanten Thema dürfte die Wahl interessant machen.
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Auch der Umstand, dass gleich mehrere Amtsanwärter durchaus gute Chancen haben, könnte für Spannung sorgen, meinte etwa der Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer (OGM).

Tagesthema Flüchtlingskrise wird Wahlkampf bestimmen

Die Präsidentschaftwahl werde ganz anders verlaufen als die bisherigen, sagte Bachmayer im Gespräch mit der APA. Denn bei den vergangenen Urnengängen zum höchsten Amt im Staate seien meist “zwei mehr oder weniger honorige Kandidaten von SPÖ und ÖVP nominiert worden”. Und die Wahlkämpfe seien meist “ziemlich zivilisiert” abgelaufen. Tagesthemen hätten dabei nie eine starke Rolle gespielt.

Dieses Mal werde das wohl alles ganz anders: Das aktuelle Thema der Flüchtlingsbewegungen werde vermutlich bis zum Urnengang die Innenpolitik und damit auch den Wahlkampf dominieren, sind sich die Experten einig. “Das Flüchtlingsthema ist das vorherrschende Thema, das natürlich auch den Präsidentschaftswahlkampf nachhaltig bestimmen wird”, meinte etwa Peter Hajek (public opinion strategies).

Schärfere Worte in der Causa

Er verwies darauf, dass nicht nur ÖVP-Kandidat Andreas Khol auf dieses Thema aufgesprungen ist, sondern auch die SPÖ zunehmend schärfere Worte in dieser Causa findet. Und auch wenn der rote Kandidat Rudolf Hundstorfer bei diesem Thema eher passiv bleiben sollte – wie Bachmayer vermutet – so werde sich dieser dennoch nicht “auf Gegenkurs” begeben. Denn die SPÖ-Wähler würden bei diesem Thema “blau und nicht rot” denken, so der OGM-Chef. Und Hundstorfer könne beim Flüchtlingsthema durchaus auch Wegbereiter für eine härtere SPÖ-Position werden, ohne dabei so hart wie Khol agieren zu müssen, sagte Bachmayer.

Besonderheiten beim BP-Wahlkampf

Interessant sei auch, dass – im Gegensatz zu vorangegangen Wahlen – die Kandidaten von SPÖ und ÖVP keine Favoritenrolle hätten, wie Bachmayer betonte. Es werde wohl fünf Kandidaten geben, die gute Chancen auf das Erreichen des zweiten Wahlganges haben. Auch der Polit-Berater Thomas Hofer sprach von einem “ausgeglichenen Feld”: Man könne nicht prognostizieren, wer in die Stichwahl kommt. Bachmayer meinte, die fünf aussichtsreichsten Kandidaten dürften wohl in der Bandbreite von 16 und 24 Prozent aus dem ersten Wahlgang hervorgehen – die Entscheidung, wer in die Stichwahl einzieht, werde also “enorm knapp”, es könnten sogar Zehntelprozentpunkte den Ausschlag geben.

Neben Hundstorfer, Khol und einem noch nicht fixierten FPÖ-Kandidaten räumen die Experten auch dem offiziell als “unabhängig” antretenden Ex-Grünen-Chef Alexander Van der Bellen gute Chancen auf das Erreichen der Stichwahl ein. Dass er eine Angelobung einer FPÖ-geführten Regierung ausgeschlossen hat, habe er machen müssen, um bei seinen eigenen Anhängern zu punkten, so Bachmayer.

Chancen bei der Bundespräsidentenwahl

Und auch für die ehemalige OGH-Präsidentin Irmgard Griss sehen die Meinungsforscher Chancen: Diese habe zwar einen “Frühstart mit Fehlern” hingelegt, sei aber trotzdem nicht zu unterschätzen, sofern sie einen professionellen Wahlkampf hinlegt, so Bachmayer.

Auch einem potenziellen FPÖ-Kandidaten werden gute Chancen auf den zweiten Wahlgang eingeräumt. Sowohl Bachmayer als auch Hofer gehen ziemlich sicher davon aus, dass die FPÖ noch einen eigenen Kandidaten ins Rennen schicken wird. Dass sich die Partei bisher ausschwieg und ihren erst später bekannt geben will, hält Bachmayer für einen geschickten Schachzug, weil dann die Neugierde der Öffentlichkeit steigt. Ein Nicht-Antreten der FPÖ wäre seiner Ansicht nach hingegen ein “strategischer Fehler”. Denn dann würde nur mehr ein einziges Thema dominieren: Nämlich, dass eine schwarz-blaue Zusammenarbeit auf Bundesebene in der Zukunft fixiert sei.

Wen schickt die FPÖ ins Rennen?

Wen die FPÖ letztendlich ins Rennen schicken wird, wollte Bachmayer nicht einschätzen. Neben Rechnungshof-Präsident Josef Moser hält er auch das Antreten von Volksanwalt Peter Fichtenbauer, aber auch von Ursula Stenzel für möglich. Aber auch ein komplett unbekannter Quereinsteiger, den man bisher nicht mit der FPÖ in Verbindung gebracht hat, sei denkbar. Die Chancen auf den Wahlsieg der FPÖ im zweiten Wahlgang schätzt Bachmayer freilich mit “gleich Null” ein, was für die Partei aber egal wäre. Denn die FPÖ werde den Wahlkampf vor allem für die Verbreitung ihrer Positionen nutzen.

Schaden würde ein Antreten der FPÖ nach Bachmayers Ansicht vor allem dem ÖVP-Kandidaten Khol: Dessen Chancen auf die Stichwahl hält er in diesem Fall für geringer. Khols Wahlkampf-Start hält er angesichts der Umstände für recht gelungen: “Angesichts dessen, dass er Ersatzkandidat (für Erwin Pröll, Anm.) und zweite Wahl ist, ist der Antritt dank seiner Routine und dank einer klaren, schnellen Entscheidung von Parteichef Reinhold Mitterlehner noch gut hinbekommen worden”.

“Ziemlich unprofessionelle Kandidatenpräsentation” der SPÖ

Eine “ziemlich unprofessionelle Kandidatenpräsentation” attestiert Bachmayer der SPÖ. Er sei erstaunt darüber, dass die Regierungsumbildung innerhalb der roten Ministerriege die Kür von Rudolf Hundstorfer zur roten Hofburg-Hoffnung quasi überlagert habe. Chancen auf die Stichwahl sieht er für den langjährigen Sozialminister aber gegeben.

Einig sind sich die Experten darin, dass die Wahl durchaus auch bundespolitisch Auswirkungen haben könnte. Vor allem ein Scheitern der Kandidaten von SPÖ und ÖVP im ersten Wahlgang könnte zu Unruhe in den jeweiligen Parteien führen. Es wäre für die beiden Regierungsparteien eine “Horrorvision, ihre Kandidaten nicht in die Stichwahl zu bringen”, so Hofer. Er glaubt zwar nicht, dass es sofort zu einer Ablöse von SPÖ-Chef Werner Faymann kommen würde, aber zu Diskussionen innerhalb der Partei. “Bei (ÖVP-Chef Reinhold, Anm.) Mitterlehner ist das nicht viel anders.”

Bachmayer schätzt die Wahl für den derzeitigen SPÖ-Chef etwas heikler ein als Hofer: “Wenn bei der Präsidentschaftswahl Hundstorfer nicht in die Stichwahl kommt, dann brauen sich dunkle Wolken über dem Ballhausplatz zusammen” – und dann werde es kritisch für Faymann. Und auch ein Neuwahl-Szenario wäre dann nicht mehr ganz auszuschließen.

>>Weitere Informationen zur BP-Wahl

(apa/red)

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