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Flüchtlingsdrama im Mittelmeer mit über 400 Toten befürchtet

Flüchtlingsansturm sorgt für Chaos auf Sizilien
Flüchtlingsansturm sorgt für Chaos auf Sizilien
Bei einer der schlimmsten Flüchtlingskatastrophen der vergangenen Jahre sind möglicherweise erneut Hunderte Menschen im Mittelmeer ertrunken. Bei dem Unglück am Sonntag dürften 400 Menschen gestorben sein - 24 Stunden, nachdem ihr Boot von der libyschen Küste abgelegt hatte. Seit Samstag wurden über 10.000 Flüchtlinge von der italienischen Küstenwache im Mittelmeer gerettet worden.


Die Überlebenden waren am Dienstag in Reggio Calabria an der Südspitze Italiens an Land gebracht worden. Dort wurden sie von Mitarbeitern der Internationalen Organisation für Migration (IOM) und der Nichtregierungsorganisation Save the Children befragt. Die Suchaktionen wurden am Mittwoch fortgesetzt. Nach Angaben der Küstenwache gab es jedoch kaum Hoffnungen, “noch weitere Opfer oder Überlebende zu finden”.

Über 10.000 Flüchtlinge sind seit Samstag von der italienischen Küstenwache und der Marine im Mittelmeer gerettet worden. Allein seit Montag wurden 1.511 Migranten in Sicherheit gebracht. Chaotische Zustände herrschen auf Sizilien. In Palermo trafen am Mittwoch zwei Schiffe mit 480 Menschen an Bord ein, 236 landeten in der Hafenstadt Messina. Die neue Flüchtlingswelle betrifft auch die kleine Felsinsel Lampedusa südlich von Sizilien. 1.443 Menschen sind zurzeit im Auffanglager der Mittelmeerinsel eingepfercht. Dabei ist die Flüchtlingseinrichtung für lediglich 250 Menschen gedacht, warnen Menschenrechtsorganisationen. Die italienische Regierung will eine Luftbrücke organisieren, um die Flüchtlinge aufs Festland zu bringen.

Angesichts der zunehmenden Anzahl von Flüchtenden aus Libyen macht Italien Druck auf die EU für die Errichtung von Flüchtlingslagern in Afrika, die von internationalen Menschenrechtsorganisationen betrieben werden sollen. Menschen auf der Flucht vor Kriegen und Verfolgung sollten dort den Antrag auf politisches Asyl in der EU stellen können, forderte der italienische Vize-Außenminister Lapo Pistelli in einem Interview. “Die EU muss uns helfen, über eine halbe Million Flüchtlinge werden in den nächsten Monaten in Italien erwartet. Wir müssen in Europa die Last des Flüchtlingsnotstands auf faire Weise verteilen”, meinte Pistelli.

Die Regierung von Premier Matteo Renzi gerät wegen der Flüchtlingswelle auch politisch unter Druck. “Italien erlebt eine Flüchtlingsinvasion ohne gleichen, vor der die Regierung machtlos ist. Die Unfähigkeit dieser Regierung angesichts der Flüchtlingsproblematik ist skandalös”, betonte ein Senator der rechtskonservativen Oppositionspartei Forza Italia, Maurizio Gasparri.

Widerstand bekommt die Regierung in Rom auch von den norditalienischen Regionen zu spüren. Diese wollen keine weiteren Flüchtlinge aufnehmen. Die Asylantenheime im Veneto seien heillos überfüllt, sagte der Präsident der Region, Luca Zaia, Spitzenpolitiker der rechtspopulistischen Oppositionspartei Lega Nord. Auch die Lombardei will von weiteren Flüchtlingen nichts wissen. Die Region Piemont muss weitere 700 Migranten unterbringen, seit Anfang 2014 sind bereits 7.000 Flüchtlinge in der Region eingetroffen.

Lega-Nord-Chef Matteo Salvini sorgt unterdessen mit seiner aggressiven Anti-Flüchtlings-Kampagne für Aufregung. Der Lega-Vorsitzende rief die Bürgermeister und Präsidenten der Regionen auf, keine Migranten mehr aufzunehmen. “Lega-Aktivisten sind bereit, Hotels, Schulen und Kasernen zu besetzen, die für angebliche Flüchtlinge zur Verfügung gestellt werden sollen, um die Ankunft neuer Migranten zu verhindern”, sagte Salvini.

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