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Flüchtlinge in der Votivkirche: Das sagen Caritas, Diözese und Innenministerium

Beim Pressetermin in der Votivkirche: Flüchtlinge stellen Forderungen
Beim Pressetermin in der Votivkirche: Flüchtlinge stellen Forderungen ©VIENNA.AT/Lukas Krummholz
Bei einer Pressekonferenz am Mittwoch haben sich Caritas und Erzdiözese solidarisch mit jenen Flüchtlingen gezeigt, welche die vergangene Nacht in der Votivkirche verbracht haben, und sicherten ihnen Schutz zu. Auch der Forderung nach einem Dialog mit dem Innenministerium wird wohl entsprochen werden.
"Angedrohte" Überraschung
Pressetermin in der Kirche
Pfarrer gegen Flüchtlinge
Flüchtlinge in der Votivkirche

Der Wiener Caritasdirekttor Michael Landau und Bischofsvikar Dariusz Schutzki als Vertreter der Erzdiözese haben beim Pressetermin am Mittwoch ihre Solidarität mit den Flüchtlingen bekundet, die sich derzeit in der Votovkirche aufhalten. Ein Polizeieinsatz zur Räumung sei kein Thema, betonte Caritas-Direktor Klaus Schwertner.

Schutz in der Kirche gegeben

“Wenn die Flüchtlinge Schutz in der Kirche brauchen, werden sie auch Schutz finden.”Wien. Zur Lösung struktureller Probleme im Asylbereich forderte Landau einen Runden Tisch mit Vertretern der Regierung, von NGOs und Vertretern der Religionsgemeinschaften. An die Flüchtlinge – einige kamen zur Pressekonferenz und setzten sich ans Podium – appellierte er, die von Bund, Stadt Wien und der Caritas gemachten Unterbringungsangebote anzunehmen.

Es handle sich um Menschen in einer für sie verzweifelten Situation, die angehört werden wollten, so Landau. “Wir nehmen die Ängste und die Sorgen ernst. Das ist auch die Bitte an die Verantwortlichen in der Regierung.” Es gehe um Grund- und Menschenrechte und einen humanitären Umgang Österreichs mit Flüchtlingen, nicht um Unterstützung einzelner Gruppierungen oder Aktivisten, betonte Landau und warnte vor Instrumentalisierungsversuchen.

Die Kirche stehe Seite an Seite mit den Flüchtlingen, sagte Bischofsvikar Schutzki und erinnerte an das bevorstehende Weihnachtsfest: “Die Herbergssuche 2012 ist ein wenig Realität geworden.”

Pfarrer verlangte Abzug der Flüchtlinge

Caritas-Sprecher Schwertner versuchte Pfarrer Joseph Faruggia zu verteidigen, der am Dienstag via Kathpress den Abzug der Flüchtlingscamper aus der Votivkirche verlangt und von einer Involvierung der Polizei gesprochen hatte. Seine Aussagen seien “aus einer Überforderung heraus” entstanden. Seit die Caritas und die Erzdiözese sich eingeschaltet haben, sei ein Polizeieinsatz nie ein Thema gewesen, betonte Schwertner.

Forderung: Gespräch mit Innenministerium

Die Flüchtlinge in der Votivkirche fordern ein Gespräch mit dem Innenministerium. Sie werden die Kirche vorher nicht verlassen, betonte ein Vertreter am Mittwoch in der Pressekonferenz. Und kündigte eine “große Überraschung” für den Weihnachtstag an, sollten ihre Forderungen nicht angehört werden.

Unterstützt wurde er vom Wiener Grünen LAbg. Senol Akkilic, der an Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (V) appellierte, die Flüchtlinge zu hören.Die Flüchtlinge hätten “berechtigte Forderungen”. Er verstehe nicht, warum das Innenministerium ein Gespräch verweigere, kritisierte er sowohl die “sture Haltung der ÖVP” als auch deren “Duldung” durch die SPÖ auf Bundesebene. Verständnis hat Akkilic dafür, dass die seit gestern in der Votivkirche residierenden Flüchtlinge nicht ins Freie – also in den Sigmund-Freud-Park vor der Kirche, wo sie seit dem “Flüchtlingsmarsch” aus Traiskirchen am 25. November zelteten – zurückkehren.

Was ist die “big surprise”?

Was die “große Überraschung” sein werde, sagte der Flüchtlingsvertreter nicht. Aber er versicherte, dass es keine Gewalt und keine Zerstörung geben werde. Außerdem betonte er, dass die Kirche nicht besetzt sei. Jeder habe das Recht, in ein Gotteshaus zu gehen, also sei man vom Park in die Kirche übersiedelt. Dafür brauche man keine Erlaubnis. Enttäuscht zeigte er sich von der Caritas – weil sie nicht zur Pressekonferenz in die Votivkirche kam, sondern kurz später eine eigene am Stephansplatz gab. Der Sprecher berichtete auch von teils großer Verzweiflung unter Asylwerbern und meinte, man könne nicht garantieren, dass kein Selbstmord geschieht.

Die Forderungen der Flüchtlingsgruppe sind: Grundversorgung für alle Asylwerber, freie Wahl des Aufenthaltsortes, kein Transfers gegen den Willen der Betroffenen, Zugang zum öffentlichen Wohnbau und zum Arbeitsmarkt, Bildung und Sozialversicherung, Abschiebungsstopp nach Ungarn und keine Dublin II-Abschiebungen mehr, Einrichtung einer unabhängigen Instanz zur Prüfung negativer Asylbescheide sowie Anerkennung sozioökonomischer Fluchtmotive.

Innenministerium zu Dialog bereit

Das Innenministerium wäre bereit, an einem von der Caritas initiierten Dialog in der Flüchtlingsfrage mitzuwirken, hieß es später am Mittwoch. Gleichzeitig lobte Ministeriumssprecher Karlheinz Grundböck die konstruktive Rolle, die von der Caritas in der aktuellen Asyl-Diskussion rund um die Besetzung der Votivkirche eingenommen werde. Der Wiener Caritas-Direktor Michael Landau hatte davor einen Runden Tisch mit Vertretern der Regierung, von NGOs und Repräsentanten der Religionsgemeinschaften beworben.

FPÖ: “Besetzung der Votivkirche beenden!”

FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky forderte hingegen, die Besetzung der Votivkirche “durch linke Anarchos und aufgehetzte Asylsuchende” sofort zu beenden. Wenige Tage “vor dem wichtigsten christlichen Fest” sei die Aktion eine Provokation der Sonderklasse”, so Vilimsky in einer Aussendung. Asylsuchenden, die mit der Betreuung in Österreich nicht zufrieden seien, stehe es frei, das Land umgehend zu verlassen.

Der Senat der Wiener Akademie der bildenden Künste unterstützte am Freitag in einer Aussendung die Forderungen der protestierenden Flüchtlinge gegen die “eisige Ignoranz” der Regierung, wie es darin hieß.

(apa/red)

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