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Film zeigt spätere Queen beim Hitlergruß

Die Queen soll in dem Film etwa sieben Jahre alt gewesen sein
Die Queen soll in dem Film etwa sieben Jahre alt gewesen sein
Nur 17 Sekunden lang ist das Filmchen, das die kleine Prinzessin Elizabeth mit Onkel und Mutter fröhlich im Garten zeigt - wie sie die Hand zum Hitlergruß Richtung Kamera strecken. Der Palast ist über die Veröffentlichung verärgert, andere begrüßen den Coup der "Sun".

Die Briten sind stolz auf ihre Rolle als Gegner Hitlers. Dass es in höchsten Kreisen auch Sympathien für den Faschismus gab, wird oft verschwiegen. Ein Familienvideo der Windsors schockiert deshalb: Es zeigt Prinzessin Elizabeth und ihren Onkel beim Nazigruß.

Als Hitler in Deutschland an die Macht kam, hieß die heutige Elizabeth II. (89) noch Lilibet und war sechs Jahre alt. Zehn Jahre später, mitten im Zweiten Weltkrieg, trat sie in die Frauenabteilung der britischen Armee ein, die gegen Hitler kämpfte. Den Sieg über die Nazis feierte sie ausgelassen und unerkannt in Uniform mit Tausenden Londonern. Ein Video, das sie in den 30ern als kleines Mädchen spielerisch mit erhobenem rechten Arm zeigt, wirft vermutlich kein schlechtes Licht auf die Queen, die erst im Juni tief bewegt das frühere Konzentrationslager Bergen-Belsen besucht hat. Fragen muss sich das Königshaus trotzdem stellen.

Hitlergruß-Film wirft Fragen an die Geschichte der Windsors auf

Denn in dem nur 17 Sekunden langen, körnigen Schwarz-Weiß-Film, den die britische Boulevardzeitung “Sun” in der Nacht zum Samstag veröffentlicht hat, ist auch der spätere König Edward VIII. zu sehen, der Onkel der heutigen Königin. Er hat nicht nur eine der schwersten Krisen der britischen Monarchie der jüngeren Zeit ausgelöst, als er im Dezember 1936 nach nur 325 Tagen den Thron freiwillig aufgab, um eine geschiedene Amerikanerin zu ehelichen. Edward (1894-1972) Sympathisierte auch offen mit den Nationalsozialisten.

Der “Sun” zufolge soll es 1933 oder 1934 auf dem königlichen Landsitz Balmoral aufgenommen worden sein und die spätere Königin Elizabeth II. im Alter von etwa sieben Jahren zeigen. Dass Edward, der 1936 für nur 295 Tage König war und dann abdankte, vom Faschismus fasziniert war, ist Historikern bekannt. Ein Foto aus dem Jahr 1937 zeigt ihn mit seiner Frau Wallis Simpson, wie sie Adolf Hitler in München besuchen.

Die Sache mit ihrem Onkel ist allerdings historisch noch nicht aufgearbeitet. Urbach hat nach eigenen Angaben in spanischen und russischen Archiven Beweise dafür gefunden, dass Edward 1940 über eine mögliche Allianz der Briten mit Hitler gesprochen habe.

“Bis heute wissen wir wenig über die politischen Ansichten der königlichen Familie in den 1930ern”, sagt die Historikerin Karina Urbach, die die “Sun” vor der Veröffentlichung befragt hat. Dass es der Gruß der Nazis ist, den die Royals in dem Video – neben Edward und Elizabeth ist sind auch die Queen Mum und die kleine Schwester Elizabeths, Prinzessin Margaret, zu sehen – bezweifelte in Großbritannien am Samstag niemand.

Queen über Nazi-Verdacht erhaben

Die Geste hat ihren Ursprung möglicherweise im Alten Rom und wurde erst später von den Nationalsozialisten für Propagandazwecke eingesetzt. Zum Riesen-Aufreger taugt das Video erst mal nicht. Dass die Queen selbst über jeden Nazi-Verdacht erhaben ist, ist Konsens.

Palast zeigt sich über die Veröffentlichung verärgert

Bisher hätten die Archive des Königshauses Historikern keinen Zugang zu Material aus den 1930ern gegeben, sagt Urbach. “Ich denke, es ist sehr, sehr gut, dass die “Sun” dieses Dokument aufgedeckt hat.” Der Palast sieht das naturgemäß anders und reagierte ungewöhnlich zügig. “Enttäuschend” sei es, dass die Zeitung das private, acht Jahrzehnte alte Video “beschafft und auf diese Weise ausgeschlachtet” habe.

Kein Wort zu dem, was darin zu sehen ist, kein Wort zu Edward. Auch auf der Homepage des Königshauses sind seine politischen Ansichten kein Thema, schließlich soll ein britischer Monarch der – ungeschriebenen – Verfassung des Landes zufolge ja gar keine haben.

Warum dürfen wir nichts über die Ansichten der Queen erfahren?

In Großbritannien hat das Video aus den 1930er-Jahren gemischte Reaktionen ausgelöst. “Das Material schadet der königlichen Familie natürlich”, sagte Graham Smith von der antimonarchistischen Gruppe Republic der Zeitung “Guardian”. Die Royals hätten immer ihr “Märchen-Image” gepflegt, das über einen fragwürdigen familiären Hintergrund hinwegtäusche. “Es wirft die Frage auf, warum wir nichts über die Ansichten der Queen erfahren können, damit wir entscheiden können, ob wir wollen, dass sie uns repräsentiert.” Ein Verdacht, die Queen habe selbst mit den Nazis sympathisiert, lasse sich aus dem Video aber nicht ableiten, da sie ein Kind gewesen sei.

“Die meisten Menschen werden diese Bilder im angemessenen Kontext und aus der Zeit heraus sehen”, zitierte die Nachrichtenagentur PA eine Palastquelle. Das ist eine Familie, die spielt und für einen Moment auf eine Geste Bezug nimmt, die viele in zeitgenössischen Nachrichtensendungen gesehen haben.” Damals habe niemand gewusst, welchen Verlauf die Geschichte nehmen werde. Die Dienste der Königin und ihrer Familie an ihrem Land während des Kriegs und die 63-jährige Regierungszeit der Queen, in der sie “Brücken zwischen Nationen und Völkern” gebaut habe, sprächen für sich selbst.

Sun: “Faszinierende Einblicke” in das Weltbild Edwards

Die “Sun” betonte, die Veröffentlichung richte sich nicht gegen Elizabeth II., sie gäbe jedoch “faszinierende Einblicke” in das Weltbild Edwards. Wie das Video überhaupt in die Hände der “Sun” gekommen ist, verschweigt die Zeitung. Den Palast werde das brennend interessieren, sagte der frühere Pressesprecher der Queen, Dickie Arbiter, dem Sender Sky News. “Ich könnte mir vorstellen, dass es versehentlich mit ein bisschen harmlosem Material von 1933 herausgegeben wurde, ohne dass jemand wirklich wusste, was drauf war.”

Sprecher der Queen: Bilder müssen im Kontext betrachtet werden

Der BBC sagte Arbiter, man müsse die Bilder im Kontext betrachten – sie seien vermutlich im Sommer 1933 auf dem königlichen Landsitz Balmoral in Schottland aufgenommen worden, damals habe niemand gewusst, was Ende der 1930er geschehen werde.

Das ist natürlich richtig. Niemand würde einer siebenjährigen Prinzessin ernsthaft faschistische Ideen unterstellen. Doch Edwards Fall ist ein anderer. Mit der Geschichte von Elizabeths Onkel tut sich das Königshaus noch schwerer als mit den deutschen Wurzeln der Familie. Am vergangenen Freitag war der 98. Jahrestag des Namenswechsels von Sachsen-Coburg und Gotha zu Windsor. Der Grund: König George V. hatte im Ersten Weltkrieg die Sticheleien über die “deutschen” Monarchen auf dem britischen Thron satt und änderte den Namen des Hauses in Windsor.

Der Hitlergruß: Von der Römergeste zur NS-Propaganda

Hintergrund: Als Hitlergruß gilt der auf Augenhöhe erhobene gestreckte rechte Arm. Im Jahr 1926 hatte die NSDAP als Zeichen des entstehenden Führerkultes um Adolf Hitler den Gruß zunächst für “Parteigenossen” eingeführt. Nach 1933 wurde der gestreckte Arm – meist in Verbindung mit dem Ruf “Heil Hitler” – als “Deutscher Gruß” für alle vorgeschrieben.

Die Nationalsozialisten hatten den Gruß nach Ansicht von Historikern von den italienischen Faschisten übernommen. Diese streckten bereits einige Jahre zuvor den Arm zum Gruß, um an eine Tradition des antiken Rom anzuknüpfen. Allerdings gibt es kaum historische Darstellungen des angeblichen “Saluto Romano” (Römischer Gruß). So heben etwa im Relief dargestellte Figuren auf der Trajanssäule von 113 n.Chr. in Rom den rechten Arm.

Auf antike Vorbilder beriefen sich auch Sportler, die in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg den rechten Arm zum “Olympischen Gruß” empor reckten. Ein offizielles Plakat der Olympischen Spiele in Paris 1924 zeigte Athleten mit erhobenem Arm vor der französischen Trikolore.

In der Bundesrepublik Deutschland ist die Grußform des gestreckten rechten Arms als “Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen” verboten. Paragraf 86a des Strafgesetzbuches sieht dafür Geldstrafen oder bis zu drei Jahre Gefängnis vor. Mehrere Neonazis mussten sich bereits wegen der Propagandageste vor Gericht verantworten. Auch in Österreich fällt der Hitlergruß unter das Verbotsgesetz. So besagt Paragraf 3: “Wer sich auf andere als die in den §§ 3a bis 3f bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn betätigt, wird, sofern die Tat nicht nach einer anderen Bestimmung strenger strafbar ist, mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren, bei besonderer Gefährlichkeit des Täters oder der Betätigung bis zu 20 Jahren bestraft.”

(red/dpa)

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