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Fall Krems: Drei Verhandlungstage und eine mögliche Überraschung

Am Mittwoch startet im Landesgericht Korneuburg der Prozess gegen den Polizisten, der in der Nacht auf den 5. August 2009 in einem Kremser Supermarkt einen 14-jährigen Einbrecher erschossen hat.
Fall Krems: Prozess gegen Polizisten in Korneuburg
Sie nannten ihn "Rambo"
Fall Krems: 18 Monate Haft!
Richter Manfred Hohenecker hat seinen ursprünglichen Plan umgeworfen, das Verfahren in zwei Verhandlungstagen zu einem erstinstanzlichen Ende zu bringen. Wie Hohenecker am Dienstag auf APA-Anfrage darlegte, wird nun auch am Donnerstag verhandelt. Das Urteil soll am kommenden Freitag fallen, wobei mit der Urteilsverkündung nicht vor 15.00 Uhr zu rechnen ist.

Der Umstand, dass der Richter den polizeiinternen Personalakt des Beamten beischaffen hat lassen, um sich ein umfassendes Bild vom Angeklagten zu machen, könnte diesen in zusätzlichen Erklärungsbedarf bringen. Wie Recherchen der APA ergeben haben, soll daraus hervorgehen, dass gegen den 43-Jährigen vor einigen Jahren vom Wiener Büro für Besondere Ermittlungen (BBE) Erhebungen geführt und ein Strafverfahren wegen eines mit mehrjähriger Haft bedrohten Verbrechens eingeleitet wurde. Der Prozess endete mit einem rechtskräftigen Freispruch, bestätigten die Staatsanwaltschaft Wien und das Wiener Straflandesgericht der APA. Aus medienrechtlichen Gründen sind Veröffentlichungen über den konkreten Fall und die Umstände des Freispruchs verboten.

Die nunmehrige Anklage legt dem Beamten fahrlässige Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen zur Last. Im Strafantrag heißt es, der Mann habe “zumindest irrtümlich” einen Angriff auf seine Person angenommen, “in Furcht oder Schrecken” von seiner Dienstwaffe Gebrauch gemacht und damit “das gerechtfertigte Maß der Verteidigung” überschritten. Im Fall eines anklagekonformen Schuldspruchs drohen dem 43-Jährigen bis zu drei Jahre Haft.

Der 14-jährige Florian P. und sein 17 Jahre alter Freund Roland T. waren in der Nacht auf dem 5. August 2009 in den Supermarkt eingedrungen, weil sie nach Angaben des 17-Jährigen den Tresor aufbrechen wollten. Dabei lösten sie Alarm aus. Als die Polizei eintraf, versteckten sich die Jugendlichen zunächst in einem dunklen Gang vor dem Verkaufsraum.

Dort kam es gegen 3.00 Uhr zu der Begegnung mit dem 43-jährigen Polizisten und einer weiblichen Kollegin des Uniformierten, die sich im Dunkeln von den Vermummten angegriffen fühlten. Diese hatten eine Gartenharke bzw. einen Schraubenzieher dabei. Während der Polizist einen Warnschuss abgab, feuerte seine Kollegin auf die Beine des 17-Jährigen. Das Projektil drang dem Jugendlichen in beide Oberschenkel.

Für die Beamtin bleibt ihre Schussabgabe ohne strafrechtliche Folgen. Ihr wurde zugestanden, in einer “notwehrfähigen Situation” geschossen zu haben, weshalb das gegen sie gerichtete Verfahren eingestellt wurde.

Während der 17-Jährige nach dem Treffer unweit der Türe zum Verkaufsraum zusammengebrochen war, lief der 14-Jährige in den erleuchteten Raum und versteckte sich hinter einer Palette. Der Beamte folgte ihm, den Angaben des Polizisten zufolge soll er ihn neuerlich angesprungen haben, als er in die Nähe des Verstecks kam.

Wie der Schießsachverständige Ingo Wieser und der Gerichtsmediziner Christrain Reiter herausfanden, wurde der tödliche Schuss aus einer Entfernung von 1,8 bis zwei Metern abgegeben. Der Beamte dürfte sich vor der Schussabgabe nicht hingekniet haben, wie er bei der Tatrekonstruktion angegeben hatte. Vielmehr nahmen es die Gutachten als erwiesen an, dass der Polizist im Stehen dem 14-Jährigen in den Rücken schoss.

Für Verteidiger Hans-Rainer Rienmüller lag “eine Abwehrhandlung gegen bandenmäßige Einbruchskriminalität” vor, wie er vor wenigen Tagen gegenüber der APA betonte. Sein Mandant habe sich in einer Ausnahmesituation befunden: “Einbruch ist kein Hoppala. Die Täter waren vermummt und bewaffnet.” Für seine Reaktion wären dem Polizisten “hundertstel Sekunden” geblieben: “Wartet er zu, ist er immer unschuldig, eventuell aber tot oder schwer verletzt”, gab Rienmüller zu bedenken.

Der erste Verhandlungstag könnte bis 19.00 Uhr dauern. Nach der Einvernahme des Angeklagten kommen seine Kollegin sowie der 17-jährige Roland T. zu Wort. Im Anschluss wird der Schießsachverständige sein Gutachten vortragen.

Für den Donnerstag sind die Kriminalisten vom Landespolizeikommando Oberösterreich geladen, die die Ermittlungen geleitet hatten. Daneben werden der Gerichtsmediziner Christian Reiter, ein Chemiker sowie der Psychologe Roland Bugram gehört. Bugram wurde vom Richter mit der Erstellung einer Expertise über ein mögliche Post-Shooting-Symptome beim Angeklagten beauftragt.

Am Freitag sollen auch noch Zeugen aussagen, darunter eine Lehrerin des umgekommenen 14-Jährigen.

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