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Fake News zum Coronavirus: Expertin klärt auf

Im Internet kursieren zahlreiche Falschnachrichten über das Coronavirus.
Im Internet kursieren zahlreiche Falschnachrichten über das Coronavirus. ©pixabay.com (Sujet)
Verschwörungen, Verharmlosungen oder politische Stimmungsmache: Im Internet finden sich die wildesten Spekulationen rund um das Coronavirus. Eine Expertin klärt über aktuelle "Fake News" auf.

Die Journalistin und Social-Media-Expertin Ingrid Brodnig sammelt laufend Beispiele von Fake News und unbelegten Behauptungen rund um das Coronavirus.

Faktencheck zu Coronavirus-"Fake News"

Im Folgenden ein Überblick über Falschnachrichten, die aktuell die Runde machen.

Spekulationen über Umstellung des Wirtschaftssystems

Spekulationen über einen absichtlich herbeigeführten Finanzcrash oder eine geplante Umstellung des Wirtschaftssystems sind auch in der vergangenen Woche weiter hochgekocht. Die Behauptung: Es ginge Regierungen oder nebulösen Finanzakteuren darum, das Wirtschaftssystem stillzulegen und Bürger womöglich sogar von einem Teil ihres Geldes zu enteignen. Befeuert werden solche Thesen beispielsweise von dem Autor Ernst Wolff, der laut Brodnig oft in "alternativen Medien publiziert". Sein Video hat auf Youtube bereits 1 Mio. Aufrufe. Laut Brodnig handelt es sich dabei um vielfach "unbelegte Meinungen und Spekulationen, die aber enorme Aufmerksamkeit auf sich ziehen".

Verharmlosungen

Wie bereits in der Vorwoche sind auch verharmlosende Einschätzungen nach wie vor weit verbreitet. Besondere Aufmerksamkeit erlangt derzeit das Video des Mediziners Sucharit Bhakdi, der behauptet, 99 Prozent der Corona-Betroffenen hätten keine oder nur schwache Symptome. Das Video rief bereits Faktenchecker auf den Plan, seiner Verbreitung tut dies jedoch keinen Abbruch. Laut Brodnig können gerade solche beschwichtigenden Wortmeldungen einzelner weniger Mediziner dazu führen, dass sich Menschen nicht mehr an die Vorgaben der Regierung halten, da sie das Virus nicht mehr ernst nehmen. Der Fakten-Check widerlegt die These: Laut Robert-Koch-Institut ist jede fünfte Erkrankung mit dem Coronavirus schwer oder lebensbedrohlich.

Vergleich mit Grippe-Toten

Eines der größten Probleme ist laut Brodnig das Herunterspielen der bisherigen Corona-Toten durch Vergleiche mit Grippe-Toten. Zahlreiche dementsprechende "Artikel" oder Videos vergleichen bisherige Zahlen jedoch mit den Zahlen von Grippetoten pro Jahr, während das Coronavirus erst seit kurzer Zeit in Europa Todesfälle verursacht. Auch würden laut Brodnig oft Zahlen aus Jahren herangezogen, in denen besonders viele Grippetote zu beklagen waren. "Die große Angst rund um das Coronavirus ist aber nicht, wie viele jetzt schon gestorben sind, sondern wie viele Menschen sterben könnten, wenn das Gesundheitssystem überlastet ist", so Brodnig. Zudem würden in Videos bereits veraltete Zahlen aus Italien verwendet, wodurch die Gefahr heruntergespielt werde. Ein Interview mit dem in der Impfkritikerszene beliebten Arzt Claus Köhnlein erreichte bereits über 700.000 Aufrufe auf YouTube, ursprünglich wurde es von "RT" (vormals "Russia Today") verbreitet.

Deutsche Regierung wusste seit Jahren Bescheid

Seit Wochen kursiert auch die Behauptung, die deutsche Regierung habe bereits 2012 vom Coronavirus gewusst und einen "Geheimplan" erstellt. Fakt ist, dass tatsächlich ein mögliches Pandemie-Szenario durchgespielt wurde - allerdings mit einem fiktiven Virus.

Kettenbriefe über falsche Mitarbeiter des Gesundheitsamts

"Hallo ihr Lieben, von einer Freundin von mir vom KH verschickt - bei uns kommt gerade eine Meldung rein, das Leute von Haus zu Haus gehen und sich als Leute vom Gesundheitsamt ausgeben. Sie sind ausgerüstet mit Mundschutz, Schutzanzug u.s.w. (Sieht ziemlich echt aus) und wollen die Menschen testen und in deren Wohnung gelangen. Diese Leute sind NICHT vom Gesundheitsamt. Es sind Betrüger, die sich die momentane Verunsicherung und Angst der Menschen zu Nutze mache. Bitte aufpassen und die anderen bitte informieren." Laut Brodnig hat die mittlerweile weit verbreitete Nachricht zwar einen wahren Kern, sei dann aber sehr weit gereist. "Tatsächlich gab es in deutschen Gemeinden solche Warnungen der Polizei, aber diese WhatsApp-Meldung verbreitet sich dann rasant über viele Orte hinweg - womöglich auch an Orte, wo keine solchen Betrüger unterwegs waren", so Brodnig.

Keine Fake News, aber Stimmungsmache: Flüchtlingsfeindliche Posts

Auch wenn es sich um keine klassischen Fake News handelt, beobachtet Brodnig derzeit vermehrt flüchtlingskritische "Trittbrettfahrer": In den Gemeinden Wildon (Steiermark) und Ossiach (Kärnten) haben Bürger Fotos von Flüchtlingen gemacht, die in diese Gemeinden gebracht wurden. Und auch rechte Akteure verbreiten diese Aufnahmen nun stark. Empört heißt es in einem stark verbreiteten Post beispielsweise: "Wie ist es möglich, dass wir uns zuhause einsperren müssen und die Flüchtlinge können mit einem Bus eng nebeneinander zu uns gebracht werden in dieser angeblichen schweren Viruszeit?" Tatsächlich sei es so, dass das Innenministerium weiterhin Flüchtlinge in neue Quartiere zuweist. Es handle sich also um keine Desinformation, sondern um tatsächlich stattfindende Unterbringungswechsel von Flüchtlingen, die dann politisch (gerade von Akteuren der rechten Szene) laut thematisiert werden.

Diskussion um Coronavirus laut Expertin leicht rückläufig

Grundsätzlich beobachtet Ingrid Brodnig, dass die Diskussionen rund um das Coronavirus auf Social Media auch stark damit zusammenhängen, wie intensiv gerade neue politische Maßnahmen gesetzt und kommuniziert werden.

Nach der ersten Aufregung sei die Diskussion "leicht rückläufig". Brodnig: "Ich hoffe, dass die starke Emotionalisierung langsam zurückfährt, das hängt aber vor allem vom weiteren Verlauf der Krise ab."

Live-Ticker zum Coronavirus

(APA/Red)

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