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Fahrer sagt bei Aliyev-Prozess aus: "Führten maskierte Männer herum"

Sjholpan Khasenova (l.), die Witwe eines der getöteten Nurbank-Manager
Sjholpan Khasenova (l.), die Witwe eines der getöteten Nurbank-Manager ©APA
Der Prozess um die Ermordung zweier kasachischer Bankmanager, die der verstorbene Ex-Botschafter Kasachstans in Wien, Rakhat Aliyev, veranlasst haben soll, ist am Dienstag mit der Einvernahme einer der Witwen fortgesetzt worden.
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Sholpan Khasenova erfuhr nach eigenen Angaben erstmals aus dem Mund des Angeklagten und Ex-Chef des kasachischen Geheimdienstes KNB, Alnur Mussayev, vom Tod ihres Mannes, sagte sie am Wiener Straflandesgericht.

Witwe von Opfer sagte aus

“Mussayev habe gesagt, dass er nicht daran beteiligt gewesen war, aber dass Aliyev sie entführt und umgebracht habe”, erzählte die Witwe des 2007 getöteten Nurbank-Managers Aybar Khasenov. Das Treffen gemeinsam mit der Witwe des anderen Opfers, Armangul Kapasheva, fand im Jahr 2009 statt. Sie hätten die Hoffnung geäußert, dass der ehemalige KNB-Vizechef Aliyev die Männer am Leben gelassen habe. Darauf soll Mussayev laut Khasenova geantwortet haben: “Was wäre er denn für ein KNBler.”

Aliyev-Tod nicht restlos geklärt

Aliyev, der ehemalige Schwiegersohn des kasachischen Präsidenten Nursultan Nasarbajew (Nazarbayev) und Besitzer der Nurbank, war bis zu seinem nicht restlos geklärten, mutmaßlichen Selbstmord in Haft der Hauptangeklagte in dem Verfahren. Der Prozess gemacht wird nun Mussayev sowie Aliyevs Sicherheitsberater Vadim Koshlyak. Ein Schwurgericht (Vorsitz: Andreas Böhm) muss in den nächsten Wochen und Monaten klären, ob die beiden an der inkriminierten Verschleppung, Misshandlung und Ermordung der zwei Manager der Nurbank beteiligt waren. Beide betonten bei ihren Einvernahmen ihre Unschuld.

Tränenreiche Aussage bei Prozess in Wien

Unter Tränen berichtete die Witwe Khasenova von den letzten Tagen vor dem Verschwinden ihres Mannes im Jahr 2007. Der damalige Leiter der Wirtschafts- und Finanzabteilung der Nurbank sei am Tag seines Verschwinden trotz Krankheit in seinem “besten Anzug” in das Büro gefahren, dort sei er – ihres Wissens – zum ersten Mal in “persönlichen Kontakt” mit Aliyev getreten. Einen Grund für dieses Treffen habe er nicht genannt. Einen Tag nach seinem Verschwinden habe sie eine Anzeige bei dem Departement für innere Angelegenheiten, beim KNB und später auch bei der Staatsanwaltschaft eingereicht.

Das nächste Mal hätte sie ihren Mann erst ein paar Tage später über Telefon gehört, erzählte die Witwe Khasenova. “Ist die Finanzpolizei nach Hause gekommen?”, habe er sie gefragt und ihr mitgeteilt, dass er sich vor dieser verstecke. Die Finanzpolizei sei zuvor tatsächlich zu ihrem Haus gekommen, jedoch habe sie unter dem Verweis, dass ihr Mann nicht daheim sei, die Tür nicht geöffnet.

“Er ist zu diesem schrecklichen Mann Aliyev gegangen”

Bei dem letzten Telefonat mit ihrem Mann habe sie auch gemerkt, dass mit ihm etwas nicht stimme. “Weil er ja zu diesem schrecklichen Mann Aliyev gegangen war, er hat mir ja erzählt, dass er ihn treffen würde”, antwortete die Witwe Khasenvoa auf die Frage, wie sie zu der Einschätzung gekommen wäre. “Es war ein unausgesprochenes Geheimnis, dass Aliyev sehr brutal im Umgang mit anderen Menschen war.”

Im Mai 2011 habe sie dann vom Leichenfund ihres Mannes erfahren, damals sei sie in Wien gewesen, um in der Sache vor die Öffentlichkeit zu treten. Auf dem Rückweg nach Kasachstan sei sie von der Polizei informiert worden. “Ich habe damals gesagt, das ist nicht mein Mann – sie haben mir ja nur Fotos gezeigt. Dann haben sie aber ein Gutachten gemacht.” Zudem habe die Polizei ihr Unterwäsche gezeigt: “Ich habe diese Unterwäsche wiedererkannt, zu Hause gab es auch solche.”

Unstimmigkeiten um Witwen-Aussage

Gleich zu Beginn beantragte der Verteidiger Koshlyaks, Walter Engeler, ein neues Beweisstück. In einem Schriftstück der opfervertretenden Kanzlei Lanksy, Ganzger und Partner (LGP) aus dem Jahr 2012 sollen die Aussagen der Witwe Timraliyevs, Armagul Kapasheva, vom vergangenen Freitag als unwahr entlarvt werden. Darin sei festgehalten worden, dass die beiden Witwen nach dem Verschwinden und dem Tod ihrer Männer finanziell mittelos gewesen seien.

Kapasheva hatte vergangene Woche beim Prozess ausgesagt, sei habe aus eigenem Vermögen etwa zehn Millionen Euro für die Strafverfolgung Aliyevs und seiner mutmaßlichen Mittäter ausgegeben. Dafür bediente sie sich des Vereins Tagdyr, der auch aus anderen Quellen Gelder für die juristischen Bemühungen gesammelt haben soll.

Die Witwe Khasenova sagte hingegen, sie habe kein Geld in den Verein gesteckt, auch hätte sie abgesehen von Pressekonferenzen oder Gesprächen keine öffentliche Funktion. Die Hauptsponsoren seien demnach ehemalige Vorstands-Vorsitzende der Nurbank, Abilmazhen Gilimov und eine weitere Person.

Fahrer: Führten maskierte Männer herum

Ein früherer Fahrer von Rakhat Aliyev, Viktor Sapozhnikov, hat seinen ehemaligen Vorgesetzten und dessen persönlichen Assistenten Vadim Koshlyak schwer belastet. Am Tag des Verschwindens der beiden Nurbank-Manager hätte er neben Aliyev und Koshlyak auch zwei maskierte Männer herumgefahren, sagte Sapozhnikov am Dienstag vor dem Straflandesgericht in Wien.

Sapoznikov fuhr nach eigenen Angaben den Begleitwagen Aliyevs. Am Tag des Verschwindens der beiden Bank-Manager wurde er und ein anderer Fahrer zu dem Gebäude der Nurbank bestellt, vor dem sich am Abend mehrere Polizisten, aber auch Reporter befanden. “Von dem, was sich da in dem Gebäude abspielte, hatte ich keine Vorstellung”, sagte er.

“Fragen stellen stand mir nicht zu”

Später seien dann mehrere Männer aus der Bank, darunter neben Aliyev und Koshlyak auch zwei für ihn unbekannte Männer “mit Mütze bis zur Nase”, gekommen. Auf die Frage von Richter Andreas Böhm, ob er dabei nicht nachgefragt hatte, sagte er: “Nein, in meiner Lage Fragen zu stellen, stand mir nicht zu.”

Auch könne er sich in den darauffolgenden Tagen, in denen er die Männer in der Gegend herumfuhr, nach mehrmaliger Nachfrage von Richter Böhm an kein auffälliges Gespräch erinnern. “Es ist sicher nicht über das Wetter gesprochen worden, aber auch nicht über die Situation”, betonte Sapoznikov. Den zweiten Hauptbeschuldigten Alnur Mussayev habe er dabei nicht gesehen.

Aussage belastete Aliyev

Sapoznikov hatte 2014 überraschend seine Aussage zulasten Aliyevs geändert. Als Richter Böhm fragte, warum er zuvor nicht gegen seinen früheren Arbeitgeber ausgesagt habe hatte, sagte er: “Aus Angst vor Aliyev.” Er betonte: “Für mich war klar, dass dieser Mann zu vielem fähig ist.” Er hätte aber keine Beweise dafür gehabt, deshalb hätte er das auch nicht früher erwähnt.

In einem anonymen Schreiben, das 14 Tage vor der Aussagenänderung bei der Staatsanwaltschaft eintraf, soll von Drohungen und enormen Druck auf Sapozhnikov und seiner Familie berichtet worden. “Direkt” gedroht habe Aliyev ihm aber nicht, betonte der Zeuge. Im Laufe der Jahre habe er aber den Eindruck gewonnen, dass Aliyev für die Ereignisse verantwortlich sei, ergänzte Sapozhnikov.

Prozess geht am Mittwoch weiter

Sapoznikov kam nach eigenen Angaben im Jahr 2007 als Fahrer mit Aliyev nach Wien. Nachdem er zwei Monate von der kasachischen Botschaft Gehalt bezog, wurde er gelegentlich von Aliyev und seinen Verwandten finanziell unterstützt. Nachdem er seine Aussage 2014 geändert hatte, wurden seiner Ehefrau von seinem Schwiegervater aus Kasachstan ein Betrag von 130.000 Euro überwiesen, sagte der Zeuge auf eine Frage hin.

Der Prozess wird am morgigen Mittwoch mit der Befragung eines ehemaligen Mitarbeiters Aliyevs, Tulegen Imashev, am Wiener Straflandesgericht im Raum 303 fortgesetzt.

(apa/Red)

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