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Extremistenführer will nichts mit Bhutto-Mord zu tun haben

Zwei Tage nach dem Attentat auf die pakistanische Oppositionspolitikerin Benazir Bhutto werden Zweifel an der offiziellen Darstellung der Umstände ihres Todes laut.

Der mutmaßliche Al-Kaida-Chef in Pakistan, Baitullah Mehsud, bestritt am Samstag eine Verwicklung der Terrororganisation in Bhuttos Tod.

Deren Mitarbeiterin Sherry Rehman wies Regierungsangaben zurück, denenzufolge die 54-Jährige durch einen Aufprall auf das Auto-Schiebedach starb. Die nationale Wahlkommission deutete wegen der gespannten Lage eine Verschiebung der Anfang Jänner geplanten Wahl an. Präsident Pervez Musharraf ordnete ein hartes Vorgehen gegen gewalttätige Demonstranten an.

Mehsuds Sprecher Maulana Omar sagte: „Er ist in dieses Attentat nicht verwickelt.“ Es wäre es für Militante „unmöglich“ gewesen, den Sicherheitsring um Bhutto zu durchbrechen. „Das ist eine Verschwörung der Regierung, der Armee und der Geheimdienste“, sagte Omar. Das pakistanische Innenministerium hatte am Freitag Al Kaida für den tödlichen Anschlag verantwortlich gemacht und als Beleg einen abgehörten Telefonanruf des Terrornetzwerks vorgelegt. Dieses bezeichnete der Al-Kaida-Sprecher als „Hörspiel“.

Auch die genaue Todesursache der prominenten Politikerin war weiter unklar: Bhuttos ehemalige Sprecherin Rehman warf der Regierung vor, die Umstände der Ermordung zu verschleiern. Sie habe mit eigenen Augen eine Schusswunde im Kopf der Toten gesehen, als sie an der Waschung des Leichnams teilgenommen habe. Eine Kugel sei im Hinterkopf eingeschlagen und auf der anderen Seite wieder ausgetreten. Die Erklärung des Innenministeriums, Bhutto sei durch einen Aufprall auf den Hebel des Autoschiebedachs gestorben, bezeichnete Rehman als lächerlich.

Die Regierung in Islamabad erklärte sich daraufhin bereit, zur Ermittlung der Todesursache einer Exhumierung der Leiche Bhuttos zuzustimmen. Sie räumte zudem ein, Bhuttos Tod sei in jedem Fall eine Folge des Anschlags gewesen. Internationale Hilfe sei bei der Aufklärung nicht nötig.

Die Lage im Land blieb auch am Samstag äußerst gespannt: Erneut gingen Zehntausende im Gedenken an Bhutto auf die Straße, in manchen Städten gab es gewaltsame Auseinandersetzungen mit Regierungsanhängern. In Peshawar und Rawalpindi, wo Bhutto am Donnerstag bei einem Anschlag gestorben war, ging die Polizei mit Tränengas und Schlagstöcken gegen Demonstranten vor. Wegen der nach dem Tod Bhuttos verordneten dreitägigen Staatstrauer kam das öffentliche Leben in den Großstädten weitgehend zum Erliegen. Die Metropole Karachi glich einer Geisterstadt, sämtliche Geschäfte und Tankstellen blieben geschlossen.

Musharraf wies die Sicherheitskräfte zu hartem Vorgehen gegen Unruhestifter und Plünderer an. Es werde alles unternommen, um die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten, zitierte die Nachrichtenagentur APP den Staatschef. Bei den Ausschreitungen der vergangenen Tage kamen mindestens 38 Menschen ums Leben.

Angesichts der anhaltenden Gewalt war auch der Termin für die am 8. Jänner vorgesehenen Parlamentswahlen gefährdet. Die nationale Wahlkommission wollte am Montag über eine mögliche Verschiebung beraten. Durch die Unruhen nach dem Anschlag auf Bhutto sei der Wahlprozess „nachteilig beeinflusst“, hieß es in einer Erklärung. Bhuttos Pakistanische Volkspartei (PPP) wollte am Sonntag über einen möglichen Boykott der Wahl entscheiden. Ihr Mann Azif Zardari sagte der BBC, ihr Sohn werde dann eine Botschaft seiner Frau an die Partei verlesen.

International wurde die Situation in Pakistan mit Sorge betrachtet. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) warnte davor, dass die pakistanischen Atomwaffen bei einer weiteren Destabilisierung in die Hände islamistischer Terroristen könnten. Das „grausame Attentat“ auf Bhutto habe eine Situation geschaffen, die sich zur größten Krise in der Geschichte Pakistans ausweiten könne. Russland rief das Land auf, die Wahlen planmäßig abzuhalten.

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