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Experte über Sommerschule: "Kann nicht viel bewirken"

Ein Experte übte Kritik an der Organisation der Sommerschule
Ein Experte übte Kritik an der Organisation der Sommerschule ©APA/HELMUT FOHRINGER (Sujet)
Einem Experten aus Deutschland zufolge kann die zweiwöchige Sommerschule zwar sinnvoll sein - allzu viel Lernertrag bringe sie allerdings nicht.
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Zweite Auflage der Sommerschule

"Realistisch gesehen kann sie nicht viel bewirken", konstatierte Michael Becker-Mrotzek (Universität zu Köln), Direktor des Mercator-Instituts für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache, bei einer Tagung am Montagabend in Wien. "Das, was sonst an Lernverlust in Ferien beobachtet wird, kann man bei einer bestimmten Gruppe von Kindern ein Stück weit kompensieren."

Für Schüler bedingt hilfreich - aber gute Praxis für Lehramtsstudenten

In Köln wird in den Ferien eine ähnliche Förderung für Schüler mit entsprechendem Bedarf angeboten - allerdings für wesentlich weniger Schüler als etwa in Wien. Allzu viele Evaluierungen gebe es derzeit nicht zu diversen Fördermodellen. Aber: "Die Lernerfolge bei Schülern sind bescheiden."

Das sei aber kein großes Problem: Einerseits könne man bei entsprechender Gestaltung so Kindern spannende Ferien bieten, und anderseits würden die dabei eingesetzten Lehramtsstudierenden wichtige Erfahrungen sammeln.

Sommerschule müsste verpflichtend und länger sein

Er habe die Erfahrung gemacht, dass sich die Ferienschule (so der Name in Köln) medial gut vermarkten ließe: "Das gibt schöne TV-Bilder", so Becker-Mrotzek. "Wenn man das aber damit verkaufen will, dass man Lernrückstände aufholt, ist es verfehlt", meinte der Professor für deutsche Sprache und ihre Didaktik. Hätte man dieses Ziel tatsächlich, müsste man die Ferienschule verpflichtend machen und über wesentlich längere Zeit anbieten. Dann würde sie aber wiederum mit dem Erholungsbedürfnis der Schüler kollidieren.

Rückstände in zwei Wochen Sommerschule nicht aufzuholen

Auch die Wiener Volksschuldirektorin Petra Feichtinger teilte diese Ansicht: Etwaige Rückstände könnten in den zwei Wochen nie aufgeholt werden - wenn man dieses Ziel verfolgen würde, müsse man den Standorten das Jahr über mehr Ressourcen geben. Im Vorjahr problematisch sei die Organisation gewesen: "Es war alles sehr knapp - wir sind in die Ferien gegangen, ohne dass man gewusst hat, was wir anbieten sollen."

Die Direktoren seien geradezu zur Teilnahme an der Sommerschule "vergattert" worden, meinte Feichtinger. Auch heuer sei man wieder in eine ähnliche Richtung unterwegs: Ursprünglich hätte die Anmeldung zur Sommerschule bis Ostern erfolgen sollen - später habe man die Frist bis zwei Wochen vor Schulschluss verlängert. Dementsprechend wisse man noch nicht, wieviele und welche Studierenden man erhalte. Sie hoffe nun, dass sie wenigstens noch vor den Ferien deren Namen bekomme, um sie einmal mit der Schule, an der sie unterrichten sollen, bekannt zu machen.

Schuldirektorin empfiehlt Summer City Camps

Trotz aller Schwächen hätten die Studierenden und Kinder im vergangenen Sommer aber auch eine schöne Zeit gehabt, meinte Feichtinger. Jedoch: Sie würde zumindest in Wien den Schülern die Teilnahme an den Summer City Camps der Stadt empfehlen. Dort seien die Lern- auch mit Freizeiteinheiten sowie Ausflügen verknüpft.

Von organisatorischen Problemen berichteten auch Lehramtsstudierende und deren Lehrveranstaltungsleiter bei einer Studie der Universität Innsbruck und der Philipps-Universität Marburg über die letztjährige Sommerschule in Tirol. So hätten die Studenten vor der Sommerschule kaum Infos über den Lernstand ihrer Schüler gehabt. Außerdem seien neben Schülern mit Erfahrung im Unterricht von Deutsch als Fremdsprache (DaF) auch solche ohne DaF-Erfahrung eingesetzt worden, die aber wiederum auf Schüler fast ohne Sprachkenntnis getroffen seien. Auch mit den Schulen habe es im Vorfeld kaum eine Vernetzung gegeben.

(APA/Red)

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