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Ex-Polizeichef kritisiert "Weisungssucht"

Im Fall des in Wien ums Leben gekommenen libyschen Ex-Regierungschefs und ehemaligen Ölministers Shukri Ghanem schließt der frühere Sicherheitsbüro-Chef Max Edelbacher politische Weisungen nicht aus. "In Österreich gibt es halt eine politische Weisungssucht - siehe Kurdenmorde, wo man den Haupttäter einfach laufen ließ. Aber auch in vielen anderen Fällen", sagte er dem Magazin "profil".


Angesprochen auf den mysteriösen Tod des Libyers, dessen in der Donau gefundener Leichnam eilig in die nordafrikanische Heimat ausgeflogen wurde, meinte Edelbacher: “Na ja, wer weiß. Einfach nur ertrinken ist auch möglich. In Österreich ist alles möglich…” Nach Angaben des pensionierten Leiters des Sicherheitsbüros habe es auch politische Weisungen gegeben, in Wien lebende Bosse der Ost-Mafia nicht zu behelligen.

“‘Sperrt die Hendl-Diebe ein, aber lasst die großen Sachen in Ruhe’ war immer ein bisschen die Vorgabe von oben.” Daher habe die Wiener Polizei Anführer der Ost-Mafia, die sich in Wien trafen, nur beobachten können. “Wir durften zusehen, wie sie vorgefahren sind, aber nicht mithören, was sie dann im Hotel besprochen haben”, so Edelbacher. Zudem habe es zwischen Polizei und den Capos den “geheimen Code” gegeben, “dass, wer Ruhe gibt, auch Ruhe hat”.

Das Magazin verweist auch auf das Verhalten der österreichischen Behörden nach einem Vorfall in der Döblinger Villa von Saif al-Gaddafi, dem Sohn des früheren libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi. Am 12. April 2007 in der Früh sei eine ukrainische “Gespielin” Gaddafis vom Balkon der Villa gestürzt und habe sich dabei so schwer verletzt, dass sie “für Tage ins Koma fiel und sich danach angeblich an nichts mehr erinnern konnte”. Fluchtartig habe Saif, der Freund des damaligen Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider, wenige Stunden nach dem Vorfall Österreich mit einem Privatflugzeug verlassen.

“Doch die Ermittlungen wurden ohnehin sofort eingestellt. Man habe seine Leibwächter befragt, und die hätten gemeint, die Dame sei selbst abgestürzt, so die Staatsanwaltschaft. Gaddafi selbst wurde dazu nie einvernommen”, schreibt “profil”.

Als im Juli 1989 ein iranisches Kommando in Wien den Kurdenführer Abdul Rahman Ghassemlou zusammen mit zwei Mitarbeitern ermordete, ließ man die Täter unbehelligt ausreisen und eskortierte sie sogar unter Polizeischutz zum Schwechater Flughafen. Danach deutete die österreichische Bundesregierung an, vom Iran “erpresst” worden zu sein. Womit, wurde nie bekannt, schreibt “profil”.

Der damalige Chef der Politischen Sektion des Außenamts, Botschafter Erich Maximilian Schmid, sagte im April 1997 nach seiner Pensionierung in einem TV-Interview, der iranische Botschafter habe “mit ziemlicher Klarheit” zu verstehen gegeben, dass “es gefährlich werden könnte für die Österreicher im Iran”, sollten die Tatverdächtigen in Österreich vor Gericht gestellt werden.

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