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Ex-Lokalpolitiker soll sich an Buben vergangen haben: Prozess vertagt

Der Missbrauchsprozess gegen den 38-Jährigen wurde vertagt.
Der Missbrauchsprozess gegen den 38-Jährigen wurde vertagt. ©APA/HELMUT FOHRINGER
Weil er sich seit 2012 an mehreren Buben vergangen haben soll, stand am Dienstag ein 38-Jähriger am Landesgericht Korneuburg vor Gericht. Die Anklage warf dem Ex-Lokalpolitiker aus dem Bezirk Gänserndorf u.a. schweren sexuellen Missbrauch und Vergewaltigung von Unmündigen sowie Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses vor.

Der Mann war Anfang Februar in U-Haft genommen worden. Die ÖVP hatte sofort nach Bekanntwerden des Missbrauchsverdachts reagiert und den vormaligen Stadtrat aus der Partei ausgeschlossen.

38-Jähriger verbrachte seine Freizeit mit Kindern und Jugendlichen

Wie die Staatsanwältin ausführte, hatte der Beschuldigte bereits in jungen Jahren begonnen, seine Freizeit mit Kindern und Jugendlichen zu verbringen. Man spielte zusammen Fußball, ging ins Freibad und Kino, er lud sie in seine Wohnung. Seit 2005 sollen dort Buben und Burschen im Alter von sieben bis 17 Jahren ein- und ausgegangen sein. Sie spielten mit der Playstation, schauten fern und übernachteten teilweise sogar in der Wohnung. Seit damals gab es wiederholt Anzeigen von Nachbarn, die sich durch den Lärm oder das Rauchen auf dem Balkon gestört gefühlt hatten.

Laut Anklageschrift holte der Beschuldigte einige der Kids regelmäßig mit dem Auto von der Schule ab – teilweise ohne Einverständnis der Eltern, weshalb es zu mehreren Polizeieinsätzen in seiner Wohnung kam. Der Umgang des Beschuldigten mit den Minderjährigen sei “sehr ungezwungen und locker” gewesen: Er sei nackt durch die Wohnung gegangen, habe mit ihnen zum Spaß gerauft und sie massiert. Mehrere sexuelle Übergriffe habe der Mann als “unabsichtliche Berührungen” im Zuge dieser Spielchen getarnt, so die Anklägerin. Weitere geschlechtliche Handlungen seien zurückgewiesen worden, etwa indem seine Hand weggeschoben wurde.

Heute 15-Jähriger belastet Angeklagten schwer

Massiv belastet wurde der Beschuldigte Ende Jänner 2018 von einem heute 15-Jährigen. Dieser war neun, als es im Sommer 2012 zum ersten Missbrauch kam – laut Anklage beginnend mit Entkleiden und Onanie über Oral- bis zum erzwungenen Analverkehr. Der Bub war zuvor seit 2011 zwei- bis drei Mal die Woche zu Besuch gewesen – und allein mit dem Angeklagten in der Wohnung, als dieser “Doktor-Spiele” vorschlug und ihn ins Schlafzimmer trug.

Der Bub habe niemandem von den – in großen zeitlichen Abständen passierenden – Übergriffen erzählt, weil er Angst hatte, dass ihm keiner glauben würde, hieß es in der Anklage. Nur seinem besten Freund vertraute er einmal an, dass ihn der Beschuldigte angegriffen habe, ging aber – so wie seine Freunde – weiter regelmäßig in die Wohnung und verbrachte im Juni 2017 zwei Wochen lang fast jede Nacht beim Beschuldigten. Dann kam es laut Anklage zum letzten massiven Vorfall. Der 14-Jährige begann, gegen seine Umgebung aufzubegehren, seine Schulnoten verschlechterten sich, er wurde aggressiv und beging Diebstähle. Als er im September nach der Schule erneut nicht nach Hause kam, wandten sich seine Eltern an die Behörden. Da ihr Sohn jedoch keine belastenden Angaben machte, wurde der Angeklagte lediglich ermahnt.

Am 25. Jänner 2018 wurde der 14-Jährige wegen diverser Diebstähle in der NMS (Neue Mittelschule) einvernommen. Dabei entdeckten die Beamten auf seinem Mobiltelefon eine Nachricht an den Beschuldigten mit der Drohung, “zur Polizei zu gehen und alles, aber wirklich alles zu sagen”. Danach befragt, habe der Jugendliche zunächst ausweichend geantwortet, dann aber die Übergriffe geschildert.

Im Prozess gegen einen 38-Jährigen wegen Missbrauchs Minderjähriger sind am Landesgericht Korneuburg am Nachmittag einige Zeugen befragt wurden, ehe den Schöffen unter Ausschluss der Öffentlichkeit die kontradiktorischen Vernehmungen der Zeugen bzw. Opfer nahegebracht wurden. Dann wurde die Verhandlung auf unbestimmte Zeit vertagt, weil u.a. die Verteidigung die Ladung weiterer Zeugen beantragte.

Eine Pädagogin der NMS hatte den Angeklagten vom Sehen – u.a. von einer Stadtratssitzung – gekannt. Dass er Burschen von der Schule abholte, habe sie nie selbst beobachtet, sagte die Frau im Zeugenstand. Eine Mutter habe ihr in einer Sprechstunde erzählt, dass ihr Sohn fallweise “abhaue” und bei dem Beschuldigten übernachte.

Die Mutter des heute 15-Jährigen, der den Angeklagten im Alter von acht Jahren kennengelernt hatte, schilderte auf Richterbefragung ihre wachsende Besorgnis. Sie hatte bei der Polizei Abgängigkeitsanzeige erstattet und auch das Jugendamt eingeschaltet. Dessen Stiefvater kam das Ganze von Beginn an dubios vor, sagte er aus. Als er einmal anläutete, um mit dem 38-Jährigen zu reden, wurde ihm nicht geöffnet. Die Situation sei bedrohlich gewesen, meinte der Beschuldigte dazu. Nicht friktionsfrei war auch das Verhältnis zu einer Nachbarin. Diese war, abgesehen von den Störungen durch Lärm und Nikotin, auch besorgt um ihren eigenen Sohn.

Missbruach nur erfunden?

In weiteren Aussagen von “Gästen” des Ex-Lokalpolitikers wurde deutlich, dass zwar der Angeklagte als “nett” beschrieben wurde, im Nachhinein aber doch so manche Situation als “seltsam” und nahe an der Grenzüberschreitung empfunden wurde. Die eigenen Angaben zufolge zwei Jahre lang beste Schulfreundin des 15-Jährigen wurde mit kontroversiellen Angaben gegenüber der Polizei konfrontiert. Demnach hatte sie – wie auch ein anderer Freund – angegeben, dass der Angeklagte “schwul rüberkomme”. Eine besondere körperliche Nähe ihres Schulfreundes zum 38-Jährigen fiel ihr nicht auf, meinte sie heute – und ließ damit aufhorchen, dass der 15-Jährige vor drei Monaten – also als der Angeklagte bereits inhaftiert war – angeblich drei Leuten erzählt hätte, alle Vorwürfe nur erfunden zu haben.

Vertreterinnen des Jugendamtes in Wien-Donaustadt und der Bezirkshauptmannschaft berichteten von ihren Kontakten in der Causa. So wurde dem Beschuldigten im vergangenen Sommer mitgeteilt, dass er Minderjährige ohne Zustimmung von deren Eltern nicht bei sich übernachten lassen dürfe. Nachdem der 15-Jährige im September 2017 erneut nicht von der Schule heimkam, wurde der Beschuldigte abgemahnt.

Als letzter wurde am Dienstag ein Zeuge befragt, der zuvor bereits geraume Zeit bei der Verhandlung anwesend gewesen war. Er gab an, vom 15-Jährigen gehört zu haben, dass dieser alles nur erfunden hätte, weil er nicht zum Angeklagten ziehen durfte. Der Zeuge musste sich neben Vorhalten früherer Aussagen die Frage vorwerfen lassen, warum er damit nicht sofort herausrückte. Er habe ja keinen Beweis, meinte er.

Prozess vertagt

Die Staatsanwältin beantragte ein psychologisches Gutachten zur Traumatisierung des Jugendlichen, der Verteidiger über dessen gesamte Persönlichkeit. Ein weiterer Termin dürfte frühestens Mitte Oktober stattfinden.

(APA/Red)

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