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Erpressung im britischen Königshaus

Der britische Palast wird derzeit von einem schmuddeligen Kriminalfall heimgesucht, der sich zu einem handfesten Skandal auswachsen könnte.

Pornofilme auf dem Zimmerfernseher gehören längst zum Standardangebot vieler britischer Hotels. Doch das Sexvideo, das in einer Suite der Londoner Edelherberge Park Lane Hilton vermeintlichen Gesandten des Buckingham-Palastes gezeigt wurde, ging über jeden Standard hinaus: Darsteller des „oralen Sexaktes“ – so berichteten Londoner Sonntagszeitungen – sollen ein Mitglied der königlichen Familie und eine Hofangestellte gewesen sein. Drei Wochen, bevor Königin Elizabeth II. und Prinz Philip prunkvoll ihre Diamantene Hochzeit feiern wollen, wird der Palast von einem schmuddeligen Kriminalfall heimgesucht, der sich zu einem handfesten Skandal auswachsen könnte.

Allein schon die Schlagzeilen über den aufsehenerregenden Berichten lassen ahnen, dass die Queen beim sonntäglichen Zeitungsstudium „not amused“ war: „Königlicher in Erpressung um Sex und Kokain verwickelt“ titelte die „Mail on Sunday“. Ganz ähnlich lautete die Überschrift in der „Sunday Times“. Und beide Blätter wiesen darauf hin, dass dies der erste bekannt werdende schlüpfrige Erpressungsfall am Hofe seit mehr als 100 Jahren sei. 1891 zahlte Prinz Albert Victor, ein Sohn des späteren Königs Edward VII., zwei Prosituierten 200 Pfund, um kompromittierende Briefe zurückzubekommen, die er ihnen leichtsinnigerweise geschrieben hatte.

Anders als damals floss diesmal jedoch kein Geld. Nach Darstellung der Zeitungen entschloss sich der Hof, Scotland Yard einzuschalten. Begonnen hatte der Erpressungsfall bereits im Sommer. Anfang August meldete sich ein Mann telefonisch im Palast und erklärte, über Videoaufnahmen zu verfügen, die ein Mitglied der Königsfamilie beim Oralverkehr mit einer Hofangestellten zeigten. Außerdem sei zu sehen, wie ein Mitglied der Dienerschaft Kokain schnupfe. Gegen Zahlung von 50.000 Pfund (rund 75.000 Euro) seien die Aufnahmen sowie ein Umschlag mit dem königlichen Siegel, in dem sich Reste von Kokain befinden würden, käuflich zu erwerben.

Im Palast behielt man offenbar kühlen Kopf. Ein Anwalt der Royals habe mit den Erpressern ein Treffen im Hilton-Hotel an der Park Lane vereinbart, wo er sich vor einer eventuellen Geldübergabe zunächst die Videoaufnahmen anschauen wolle, berichteten die Zeitungen. Statt des Hofanwaltes hätten dann aber bei dem Hoteltreffen am 11. September Undercover-Agenten von Scotland Yard vor dem Bildschirm gesessen. Allzu lange sollen sie dem Video nicht zugeschaut haben, ehe sie den Erpressern – zwei Männern im Alter von 30 und 40 Jahren – ihre Dienstmarken vor die Nase hielten.

Nur zwei Tage später, am 13. September, wurden die mutmaßlichen Täter formell angeklagt. Ein Richter verfügte, dass sie bis zum Beginn des Prozesses in Untersuchungshaft zu bleiben hätten. Dass das Verfahren der königlichen Familie die Weihnachtstage vermiest, ist nicht auszuschließen: Den Prozessbeginn legte der Richter auf den 20. Dezember. Zugleich verhängte er zwar einen „Maulkorberlass“, wonach keinerlei pikante Einzelheiten des Verfahrens – schon gar nicht die Identität des erpressten Royals – bekanntgegeben werden dürfen. Doch britische Reporter sehen in der ungewöhnlichen Geheimhaltungsorder eher eine Herausforderung als eine Fessel.

Medienanwälte prüfen nun, ob sich gegen den Erlass vorgehen lässt, so dass Reporter doch aus dem Gerichtssaal berichten könnten. Haltbar wird die Order nach britischem Recht nur sein, wenn sich der Richter mit der Ansicht durchsetzt, dass die Beteiligung der Öffentlichkeit „ernsthaft die Ausübung von Gerechtigkeit behindern“ würde. Eines scheint bereits festzustehen: Der Fall könnte Wasser auf die Mühlen der radikal-republikanischen Gruppen „Throne Out“ und „Republic“ sein, die seit langem erklären, die Moral der Royals sei alles andere als vorbildlich und Großbritannien müsse endlich aufhören, den Hof mit Geld der Steuerzahler zu subventionieren.

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