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Erdogans AKP klarer Sieger der Parlamentswahl

Istanbul - Nach dem Machtkampf um das Präsidentenamt hat der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan die vorgezogene Parlamentswahl am Sonntag überraschend deutlich gewonnen

Hochrechnungen zufolge erzielte seine islamisch-konservative Gerechtigkeits- und Entwicklungspartei AKP zwischen 47 und 50 Prozent der Stimmen und kann auch künftig allein regieren. Laut CNN Türk kommt die Regierungspartei auf mehr als 330 Abgeordnete im 550 Sitze zählenden Parlament von Ankara. Der Sender berief sich auf mittlerweile rund 82 Prozent ausgezählte Stimmen.

Auf die kemalistische Republikanische Volkspartei CHP von Oppositionsführer Deniz Baykal, die sich selbst als sozialdemokratisch bezeichnet, entfielen dieser Hochrechnung zufolge rund 18 Prozent der Stimmen. Mit knapp 16 Prozent schaffte auch die nationalistische MHP den Sprung über die Zehn-Prozent-Hürde. Auf die CHP entfielen demzufolge knapp 100, auf die MHP mehr als 80 Mandate. Laut CNN Türk werden rund 30 Einzelkandidaten ins Parlament einziehen. Die meisten der so genannten unabhängigen Kandidaten wurden von der pro-kurdischen Partei DTP unterstützt.

Die Neuwahl war nötig geworden, nachdem es Erdogan vor drei Monaten nicht gelungen war, seinen Außenminister Abdullah Gül vom Parlament zum Staatschef wählen zu lassen. Nach Drohungen der Militärführung, die sich als Hüter der von Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk verfügten Trennung von Staat und Religion versteht, hatte das Verfassungsgericht den ersten Wahlgang annulliert. Im Mai und April waren Hunderttausende aus dem laizistischen Lager gegen die AKP-Regierung auf die Straße gegangen.

Vor dem Hintergrund der Polarisierung der Türkei in ein religiös geprägtes und ein weltlich-laizistisches Lager galt die um vier Monate vorgezogene Parlamentswahl als Weichenstellung für die politische Zukunft des Landes. Eine der ersten Aufgaben des neuen Parlaments wird die Wahl eines neuen Staatspräsidenten als Nachfolger des seit Mitte Mai nur noch amtierenden Staatschefs Ahmet Necdet Sezer sein. Nach dem Urteil des Verfassungsgerichts müssen mindestens zwei Drittel der Abgeordneten an der Präsidentenwahl teilnehmen. Damit sollen die Parteien gezwungen werden, sich auf einen Konsenskandidaten zu einigen.

Große Bedeutung wurde der Wahl auch für das künftige Verhältnis der Türkei zur Europäischen Union beigemessen. Erweiterungskommissar Olli Rehn hat die Erwartung geäußert, „dass die Türkei nach den Parlamentswahlen ihre Reformanstrengungen wieder deutlich verstärkt und den Weg in Richtung EU weiter geht.“ Im Gegensatz zum Pro-EU-Kurs der AKP-Regierung stehen CHP und MHP der Europäischen Union skeptisch bis ablehnend gegenüber.

Bei dem Urnengang am Sonntag hatte es eine rege Beteiligung gegeben. Bereits am Vormittag hatten sich vor einzelnen Stimmbüros lange Wählerschlangen gebildet. Viele Türken hatten extra ihren Urlaub unterbrochen, um an ihrem Wohnort wählen zu gehen. Auslandstürken konnten ’Wochen voraus wählen. Die AKP hatte im Wahlkampf vor allem wirtschaftliche Erfolge ins Treffen geführt. Das neue Parlament wird unter anderem auch über eine Militäroffensive gegen die Kurden-Rebellen der PKK entscheiden müssen, die vom Nordirak her operieren und zuletzt bei Anschlägen wieder zahlreiche türkische Soldaten getötet haben.

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