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Osttimor: Straßenkämpfe dauern an

Die Straßenkämpfe in Osttimor dauern trotz Anwesenheit einer multinationalen Eingreiftruppe an. Bewaffnete Banden zogen auch am Mittwoch durch Teile der Hauptstadt Dili, die immer mehr Spuren der Verwüstung aufweist.

In der Nähe des Flughafens gingen verfeindete Gruppen mit Macheten aufeinander los. Immer wieder kam es zu Schießereien. Zwischen Staatspräsident José Alexandre (Xanana) Gusmao und dem umstrittenen Premier Mari Alkatiri ist unterdessen der Machtkampf voll entbrannt.

Gusmao hatte am Dienstag die Befehlsgewalt über Armee und Polizei übernommen. Alkatiri erklärte am Mittwoch dem australischen Rundfunk, für Verteidigung und innere Sicherheit sei nach wie vor die Regierung zuständig, deren Chef er sei. Alle Aufrufe, die Verantwortung für die schwere Krise zu übernehmen und von seinem Amt zurückzutreten, wies der Premier zurück. Er werde bis zu den nächsten Wahlen ausharren und notfalls Zehntausende seiner Anhänger zu seiner Unterstützung auf die Straße schicken, drohte Alkatiri.

Alkatiris Beschluss, mehr als ein Drittel der Soldaten der osttimoresischen Streitkräfte unehrenhaft zu entlassen, hatte die schweren Unruhen in dem ehemaligen portugiesischen Territorium ausgelöst, das über ein Vierteljahrhundert von Indonesien besetzt war und seit vier Jahren unabhängig ist. Der Premier hatte den Präsidenten beschuldigt, die Unruhen zum Vorwand zu nehmen, um ihn aus dem Amt zu drängen. Bisher sind etwa 2000 Soldaten einer multinationalen Eingreiftruppe aus Australien, Malaysia, Neuseeland und Portugal in dem Land stationiert.

Nach den tagelangen Ausschreitungen schwillt der Strom der Flüchtlinge weiter an. Nach UNO-Angaben flohen inzwischen schätzungsweise 70.000 Menschen aus Dili und damit etwa die Hälfte der Stadtbevölkerung. Das Ausmaß der Plünderungen, Schießereien und Brandstiftungen durch die Banden sei am Mittwoch deutlich zurückgegangen, sagte der Befehlshaber der australischen Truppen, General Michael Slater. Mindestens sechs Monate sollen australische Soldaten in Osttimor bleiben. Die Ankunft der Soldaten habe die Spirale der Gewalt gebrochen, sagte der Truppenkommandant Angus Houston am Mittwoch bei einer Parlamentsanhörung in Canberra.

Osttimor (Timor Leste) ist kleiner als Niederösterreich und war von 1520 bis 1975 portugiesisch. Nach der Ausrufung der Unabhängigkeit durch die Befreiungsbewegung „Fretilin“ marschierten indonesische Truppen ein. Die Besatzungsarmee machte sich schwerster Menschenrechtsverstöße schuldig. Erst nach dem Zusammenbruch der Suharto-Diktatur einigten sich Indonesien und Portugal unter UNO-Vermittlung auf ein Selbstbestimmungs-Referendum in Osttimor im August 1999, doch die Besatzungsarmee und von ihr gesteuerte Milizen überzogen daraufhin die Inselhälfte mit einer Welle der Gewalt. Etwa 250.000 Menschen mussten fliehen, viele wurden von der Besatzungsmacht nach Westtimor vertrieben oder verschleppt. Eine multinationale Eingreiftruppe unter Führung Australiens setzte dem Morden ein Ende. Im Mai 2002 wurde Osttimor nach einer UNO-Übergangsverwaltung eine unabhängige Republik.

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