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"Elsner rief mich an, das Geld ist weg"

Johann Zwettler, damals BAWAG-Vorstandsmitglied und später Nachfolger von Helmut Elsner an der Spitze der Bank, schilderte bei seiner Befragung vor Gericht, wie er die Verluste durch die Flöttl-Geschäfte erlebt hatte.

Er war im Mai 1995 in den Vorstand berufen worden, wo er sich um das Rechnungswesen zu kümmern hatte. Elsner habe bei seiner Amtsübernahme „versucht, eine Dynamik hineinzubringen. Die Expansionskurve in den vorangegangenen Monaten war schlecht“, so Zwettler über die letzten Monate in der BAWAG unter dem damaligen Generaldirektor Walter Flöttl. Der Vorstandsbeschluss, Wolfgang Flöttl wieder sogenannte „Sondergeschäfte“ tätigen zu lassen, sei „Jahre gut gelaufen“.

Eines Nachts im Jahr 1998 erhielt Zwettler allerdings einen Anruf von Elsner: „Sein Anruf hat mir einen dreifachen Schock versetzt. Er hat mir mitgeteilt, dass das Geld weg ist. „Da ist was passiert. Wir haben ein Riesenproblem“, habe „der Chef“, wie Zwettler seinen Amtsvorgänger titulierte, gesagt. Ihm sei klar gewesen, dass sich Außergewöhnliches ereignet haben musste, „weil es nicht seine (Elsners, Anm.) Art ist, wegen irgendetwas anzurufen“, so der 65-jährige Zwettler.

Mit den Worten „Der Chef will uns sprechen. Gut hat er net klungen“, habe er dann auf dessen Geheiß seine Vorstandskollegen zusammengetrommelt, erinnerte sich der Zweitangeklagte. Bei einer kurzfristig anberaumten Vorstandssitzung habe Elsner erläutert, „dass Herr Flöttl auf den fallenden Yen gesetzt hat in einem für mich riesigen Ausmaߓ. Er habe bis zu diesem Zeitpunkt nichts davon gewusst, betonte Zwettler. Er habe zwar schon von den Währungsgeschäften Flöttls mit BAWAG-Geldern gewusst, aber nicht von diesem riesigen Volumen.

Der „Totalverlust 1998“, wie diese Phase in der Anklageschrift bezeichnet wird, war erreicht. „Sie können sich vorstellen, in welcher Gemütsverfassung wir waren. Wir standen unter Schock. Herr Elsner hat versucht, seinen Schock abzubauen“, gab Zwettler zu Protokoll. Bei einer weiteren Sitzung sei auch Flöttl anwesend gewesen: „Ich habe mir einen coolen Investmentbanker erwartet. Er hat keinen sehr fröhlichen Eindruck hinterlassen.“

Ungeachtet der Verluste für die BAWAG von 639 Mio. US-Dollar (464 Mio. Euro) war laut Zwettler die Stimmung im Vorstand zum Zeitpunkt Oktober 1998 noch durchaus pro Flöttl: „Es war uns allen bewusst, dass Herr Flöttl auch nach den Verlusten für österreichische Verhältnisse ein Top-Mann ist.“ Flöttl habe dann der BAWAG sein Vermögen überlassen, insbesondere seine umfangreiche Bildersammlung. Auf die Befragung der Richterin, ob Flöttl dies von sich aus angeboten habe, räumte Zwettler ein, dies habe ihnen Elsner erzählt, Flöttl habe das bestätigt. Elsner und Flöttl hätten dann vorgetragen, dass das Flöttl’sche Vermögen die Verluste der BAWAG im Jahr 1998 bei weitem übersteige.

Im Jahr 2000 habe Flöttl dann – obwohl die BAWAG sieben verschiedene Risikogruppen für die Investments eingerichtet habe – wieder alles auf eine Karte gesetzt und verloren. Dann kamen bei Zwettler offenbar Zweifel auf, als ihm klar wurde, dass Flöttl mehrere Male immer alles auf eine Karte gesetzt habe. Im Jahr 1998 habe Flöttl auf die Yen-Währung spekuliert, und zwar auf einen fallenden Yen. Im Jahr 2000 habe Flöttl dann auf steigende Yen-Zinsen gesetzt, also wieder nur auf ein einziges Produkt. „Ich habe mich gefragt, muss man wirklich alles auf nur ein Produkt setzen?“, stellte Zwettler heute zum Ende seiner Befragung die unbeantwortet gebliebene Frage.

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