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Ein Jahr unbedingt für Morddrohungen

Ein 54-jähriger Mann ist am Mittwoch wegen gefährlicher Drohung zu einem Jahr unbedingter Haft verurteilt worden, nachdem er ranghohe Beamte mit dem Umbringen bedroht hatte.

Die Bedrohten waren ranghohe Juristen im Justizministerium, im Wiener Landesgericht für Zivilrechtssachen (ZRS) und im Bezirksgericht Innere Stadt. Die Betroffenen nahmen die wüsten, zum Teil mit Bibelzitaten unterlegten Verbalinjurien ernst – immerhin weist der Mann wegen gleich gelagerter Morddrohungen bereits zwei einschlägige Vorstrafen auf.

Der knorrige, energiegeladene Vollbartträger zeigte völlig schulduneinsichtig und meldete daher unverzüglich Rechtsmittel an: „Ich bin nicht schuldig! Ich bin traumatisiert durch eine faschistoide Justiz, die glaubt, sie kann Rechte brechen!“ Seine Gesprächspartner, die ihn nun vor Gericht gezerrt hätten, bezeichnete er als „die Priklopils der Justiz“. Er bedrohe Richter nicht, „ich beschimpfe diese Individuen wie man Leute beschimpft, die Kinder missbrauchen bzw. sich dessen mitschuldig machen“.

Hintergrund des Geschehens dürften familiäre Verstrickungen und ein verlorener Sorgerechtsstreit sein, mit deren Folgen der 54-Jährige nicht fertig wurde. Im Jahr 2001 hatte ihn seine Frau verlassen. Sie bekam das Sorgerecht für die vier gemeinsamen Kinder zugesprochen und kehrte mit diesen in ihre Schweizer Heimat zurück.

Für den Vater war das eine „Entführung“ seiner Kinder, die er seither nicht mehr gesehen hat. Und er behauptet, der Liebhaber seiner Frau habe eine Tochter missbraucht, was er angeblich wiederholt zur Anzeige brachte. Es kam jedoch zu keinem Verfahren, weil sich nach Ansicht der Staatsanwaltschaft die Vorwürfe nicht belegen ließen.

Daraufhin griff der Mann immer wieder zum Telefon und terrorisierte vor allem jenen Abteilungsleiter im Justizministerium, dem die Dienstaufsicht im betroffenen Gerichtssprengel obliegt. Der 54-Jährige bekam sogar die Diensthandynummer des Juristen heraus, so dass er diesen etwa um 1.40 Uhr nachts anrief und mitteilte: „Vergiss niemals die Blutrache! Deine Familie, alle müssen weg!“

Im vergangenen März durfte sich der Ministerialbeamte beinahe jeden zweiten Tag über Drohanrufe „freuen“. Der empörte Vater unterstellte ihm Amtsmissbrauch, weil er dafür sorge, dass der angebliche Missbrauch an seiner Tochter von der Justiz „vertuscht“ werde. „Du willst Faustrecht? Du kriegst Faustrecht!“, musste sich der Abteilungsleiter anhören. Ein anderes Mal hieß es: „Aug’ um Aug’, Zahn um Zahn, Blut um Blut! So steht es in der Bibel!“

Vor Richterin Eva Brandstetter stellte der Mann das gar nicht in Abrede: „Es ist jedem Volksschüler bekannt, dass Blutrache vergossenes Blut zum Grunde hat!“ Der „hohe Herr“ habe die Vergewaltigung seiner Tochter nicht untersucht bzw. untersuchen lassen: „Auf Amtsmissbrauch in Verbindung mit Ausnützen einer Amtsstellung stehen eigentlich ein bis 15 Jahre Haft!“

In ihrer Urteilsbegründung äußerte Richterin Eva Brandstetter „ein gewisses Verständnis für den Beschuldigten“: In der Tat sei im gerichtlichen Sorgerechtsstreit um seine Kinder „Mist gebaut worden“. Sie verstehe daher seine Frustration und seine Ohnmachtsgefühle.

„Die gewählte Art, sich abzureagieren, ist allerdings nicht die richtige“, betonte die Richterin. Der laut Gutachten überdurchschnittliche Akademiker hätte ihrer Ansicht nach „andere Möglichkeiten zur Verfügung gehabt“.

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