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Ebola - Medikament kommt aus Wien: Erster Patient mit FX06 behandelt

Ebola - Experimentelles Medikament aus Wien in Frankfurt angewendet
Ebola - Experimentelles Medikament aus Wien in Frankfurt angewendet ©AP
FX06 heißt es und es kommt ursprünglich aus Wien: Die biotech-Substanz könnte als experimentelles Arzneimittel eine Option zur Therapie der Komplikationen von Ebola- Patienten darstellen. Intensivmediziner der Frankfurter Universitätsklinik wendeten es bei einem Patienten an. Dieser befindet sich auf dem Weg der Besserung.
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Diese Fakten gaben deutsche Wissenschafter und das Wiener Biotech-Unternehmen MChE-F4Pharma bekannt. Der Hintergrund: Anfang 2000 identifizierte Peter Petzelbauer, Chef der Abteilung für Haut- und Endothelforschung der Wiener Universitäts-Hautklinik im AKH, das Peptid B-beta15-42 aus 28 Aminosäuren – ein Teil des Blutklebstoffs Fibrin – als mögliche Wirksubstanz für eine Reihe von Einsatzgebieten: z.B. Verhinderung von Herzinfarktschäden und Komplikationen von Schockzuständen (bei Multi-Organ Versagen etc.). Das Eiweißfragment ist eine Art Versiegelung für im Rahmen solcher Erkrankung “löchrig” gewordene Blutgefäße, aus denen Flüssigkeit in das Gewebe austritt.

Experimentelles Medikament aus Wien

Die Substanz wurde ehemals von dem Wiener Biotech-Unternehmen Fibrex bis hin zu klinischen Studien der Phase II (Dosisfindung, Proof of Concept) in der Anwendung zur Verhinderung des sogenannten Reperfusionsschadens bei Ballondilatation verlegter Herzkranzgefäße 2006 in Tests an 243 Patienten in Europa erfolgreich entwickelt. Dann wurde es für die Weiterentwicklung an ein US-Unternehmen auslizensiert. Dies schlug fehl. Nunmehr liegen die Patentrechte bei dem Wiener Biotech-Unternehmen MChE-F4Pharma mit dessen Geschäftsführer Thomas Steiner, der bei der FX06-Entwicklung von Anfang an dabei gewesen war. Steiner: “Ich wollte einfach nicht, dass die Substanz einfach in irgendeiner Schublade liegen bleibt.

Am 3. Oktober dieses Jahres stand das Team der Frankfurter Universitätsklinik dann vor einem solchen Patienten. Der Intensivmediziner: “Wir haben damals einen 38-jährigen Kinderarzt aus Westafrika mit Ebola eingeliefert bekommen. Wenn Sie in einem solchen Fall keine etablierte Therapie haben, stehen Sie mit dem Rücken zur Wand. ”

FX06 erstmals angewendet

Genau das war in jenen Tagen der Fall. Der Experte: “Der Patient wurde schwerkrank. Wir haben ihn im Team intensivmedizinisch versorgt. Wir konnten beobachten, dass er mehr oder minder in ein Multiorganversagen geriet. Die Lungenfunktion wurde immer schlechter. Da stellt man sich die Frage, ob vielleicht ein für diese Anwendung nicht zugelassenen Therapieprinzip wirken könnte.”

Schließlich erhielt der Patient in Frankfurt jeweils zweimal 200 Milligramm des Peptids FX06 im Abstand von zehn Minuten – und das alle zwölf Stunden an drei aufeinanderfolgenden Tagen. Zacharowski: “Mit der sogenannten PiCCO-Messung konnten wir beobachten, wie dieses ‘Vascular Leak’ reduziert wurde. Die Atemfunktion wurde wieder besser.”

Behandelter Patient auf dem Weg der Besserung

Mittlerweile befindet sich der Ebola Patient aus Sierra Leone auf dem Weg der Besserung, er ist allerdings noch in der Frankfurter Klinik. Möglicherweise aber hat FX06 den Kinderarzt über die kritische Komplikation des Flüssigkeitsaustrittes in die Lunge so hinübergerettet, dass er die kritische Phase überstand.

Der Frankfurter Intensivmediziner Kai Zacharowski wies darauf hin, dass FX06 wahrscheinlich möglichst früh verabreicht werden sollte. Genau diese Möglichkeit will Thomas Steiner von dem Wiener Unternehmen jetzt für den dringendsten Bedarf eröffnen. “Wir haben bei dem von uns beauftragten Erzeuger von FX06 in den USA noch rund ein Kilogramm auf Lager. Wir glauben und wir haben ganz starke Hinweise dafür, dass FX06 Ebola-Patienten retten könnte. Wir müssen daher alles daran setzen, um möglichst den Menschen zu helfen.”

Medikament reicht vorerst für 200-300 Menschen

Derzeit reiche die vorhandene Substanzmenge für 200 bis 300 Patienten. Damit könnten man im ersten Schritt mit Ebola infizierte und erkrankte Angehörige des Gesundheitspersonals in Westafrika unter kontrollierten Bedingungen behandeln, ebenso aus dem Seuchengebiet evakuierte Patienten die nach Westeuropa und den USA zur intensivmedizinischen Betreuung evakuiert werden. Aufbauend auf den dabei gesammelten Erkenntnissen könne dann eventuell an einem breiteren Einsatz gedacht werden.

Mittlerweile ist der Wiener Dermatologie-Forscher Peter Petzelbauer nicht mehr an der Entwicklung beteiligt. “Es tut mir leid, dass wir damals den Weg zu einem Medikament nicht zustande gebracht haben. Ich würde mich aber sehr freuen, wenn man das jetzt schaffen würde. Ich bin aber weder finanziell noch wissenschaftlich mehr daran beteiligt”, sagte er.

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(APA)

 

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