AA

Dresden wehrt sich: Zehntausende blockieren Neonazi-Marsch

Dresden im Ausnahmezustand: 65 Jahre nach der Zerstörung der Stadt im Zweiten Weltkrieg hat am Samstag nur ein massives Polizeiaufgebot das Erinnern an die Tragödie vom 13./14. Februar 1945 ermöglicht.
Gedenktag in Dresden: 29 Verletzte
Gedenktag: Krawalle in Dresden

Dass der übliche Neonazi-Marsch durch die Straßen von Dresden erstmals verhindert werden konnte, ist Tausenden Gegendemonstranten zu verdanken. Sie hatten seit den frühen Morgenstunden die Zufahrtswege zum Neustädter Bahnhof – dem Treffpunkt der Rechtsextremen – blockiert und ließen ihnen somit keine Chance zum Marschieren.

In der Menschenkette standen neben Politikern, Gewerkschaftern und vielen jungen Leuten auch Frauen und Männer, für die der Anblick der ausgebombten Stadt für immer ins Gedächtnis gebrannt bleibt. Eine von ihnen ist Hannelore Quitter. Auch sie trug am Samstag eine weiße Rose am Revers, das Symbol des Widerstands gegen das NS-Regime. Die 72-Jährige hatte den Krieg selbst miterlebt, kam danach in das zerstörte Dresden. “Damals habe ich mir geschworen, alles zu tun, damit so etwas nie wieder passieren kann”, sagte sie. “Wenn ich diese Nazis sehe, stehen mir die Haare zu Berge.”

Die Gegner der Rechtsextremen dominierten das Geschehen. Jeweils Tausende Menschen auf beiden Seiten der Elbe zeigten auf ihre Weise Flagge und relativierten das Bild von reichlich 6000 Neonazis, die Dresdens Bombardierung durch die Alliierten erneut für ihre Zwecke missbrauchen und die deutsche Schuld am Zweiten Weltkrieg leugnen oder zumindest abschwächen wollten.

Der geplante “Trauermarsch” der Neonazis blieb stecken, noch bevor er angefangen hatte. Ursprünglich hatten die Rechtsextremen einen kilometerlangen Zug durch die Stadt geplant. Am Ende bewegten sie sich keinen Meter. Ihr Sprechchor “Wir sind das Volk” wirkte hilflos.

Denn das Volk präsentierte sich auf der Gegenseite anders als in den Vorjahren massenhaft. Während in der Neustadt die Polizei zwischen den Fronten stand, hielten sich auf der Altstädter Seite weit mehr als 10.000 Personen an den Händen. Die Menschenkette war der Beitrag der Stadt zum Gedenken und sollte ein klares Zeichen gegen Neonazis und eine Vereinnahmung dieses Tages durch Extremisten beider Lager setzen. Minutenlang waren nur Glockengeläut und das Knattern der Polizeihubschrauber zu hören.

Als die Glocken verstummten, brandeten Applaus und Jubel auf. Viel mehr Menschen waren gekommen als erhofft. Am Ende standen sie in Dreier- und Viererreihen hintereinander, die geplante Kette war ein Ring geworden.

Im unmittelbaren Umfeld der Blockaden blieb es weitgehend ruhig. Krawallbereite Linksautonome trübten allerdings den Eindruck. Und auch aus den Reihen der Rechtsextremen wurden Flaschen in Richtung Polizei geworfen. Die Bilanz umfasst mindestens 27 Leichtverletzte, darunter 15 Beamte. Auch die Sachschäden – demolierte Autos, Busse, Schaufenster – sind erheblich. Polizeisprecher Thomas Geithner sprach von “kleinen Brandherden” überall in der Stadt.

  • VIENNA.AT
  • Politik
  • Dresden wehrt sich: Zehntausende blockieren Neonazi-Marsch
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen