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Drei Kanzler und kuriose Wahlen: 2021 war politisch turbulentes Jahr

Die Korruptionsermittlungen rund um Sebastian Kurz hatten gleich zwei Kanzlerwechsel zur Folge.
Die Korruptionsermittlungen rund um Sebastian Kurz hatten gleich zwei Kanzlerwechsel zur Folge. ©APA/GEORG HOCHMUTH
Das Jahr 2021 war innenpolitisch recht turbulent. Die Ermittlungen wegen Korruption rund um Sebastian Kurz hatten gleich zwei Kanzler-Wechsel zur Folge und erneut stellte die Corona-Pandemie die Politik vor große Herausforderungen.

Auch bei den Wahlen hab es 2021 einige kuriose Ergebnisse: Graz bekam mit Elke Kahr eine kommunistische Bürgermeisterin und im oberösterreichischen Landtag sitzt neuerdings eine impfkritische Partei. Die FPÖ hat indes mit Hebert Kickl einen neuen Obmann.

Wie das Jahr 2021 sonst politisch verlief, lesen Sie hier.

Das war 2021: Innenpolitik

Corona-Lockdowns

Corona-bedingte Lockdowns begleiten die Menschen in Österreich schon ab Jahresbeginn. Erst im Februar kommt es zu Öffnungsschritten, als Schulen, Handel, körpernahe Dienstleister wie Friseure und Freizeiteinrichtungen wieder aufsperren. Nach einer so genannten Osterruhe im Osten, die mehrere Wochen etliche Einschränkungen in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland bringt, gibt es am 19. Mai mit der Gastronomie und der Hotellerie den größten Öffnungsschritt. Damit einher geht das Debüt von 3G, was heißt, dass man für viele Vergnügungen geimpft, genesen oder getestet sein muss. Mit Juli kann auch die Nachtgastronomie nach über einem Jahr Pause wieder genutzt werden.

Foto: APA/BARBARA GINDL

Wien fährt über den Sommer einen vorsichtigeren Kurs als der Rest des Bundesgebiets und kann so im Herbst die Infektionszahlen niedriger halten. Der Bund ist eher locker unterwegs und verhängt etwa eine Maskenpflicht im nicht alltagsnotwendigen Handel nur für Ungeimpfte. Angesichts eines drastischen Anstiegs der Fallzahlen entschließt man sich dann aber doch mit 8. November dazu, für weite Lebensbereiche eine Impfung oder Genesung zur Eintrittsvoraussetzung zu machen. Mit 23. November muss das Land angesichts überlasteter Intensivstationen noch einmal drei Wochen in den Lockdown, der für Ungeimpfte schon kurz davor begann und mit Ausnahme der Weihnachtsfeiertage unbegrenzt fortgesetzt wird.

Corona-Demonstrationen

Die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie werden das ganze Jahr über mit Demonstrationen bekämpft, die auch von bekannten Rechtsradikalen und der Esoterik-Szene eifrig besucht werden. Speziell zwei von den Freiheitlichen organisierte Kundgebungen erfreuen sich großen Zulaufs, wobei am 21. November je nach Angaben zwischen 40.000 und 100.000 Menschen in der Wiener Innenstadt zusammenkommen. Die größten Ausschreitungen gibt es bei einer Demonstration im März, als es zu 42 Festnahmen kommt.

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Die Zivilgesellschaft antwortet auf die zunehmend aggressiveren Proteste, die sich teils sogar gegen Spitäler, aber auch gegen Lokalpolitiker richten, mit einem Lichtermeer kurz vor Weihnachten in der Wiener Innenstadt, an dem rund 30.000 Menschen teilnehmen.

Foto: APA/LPD WIEN

Corona-Impfung

Die Corona-Impfung wird in Österreich rasch zum Politikum. Etliche Landespolitiker, am prominentesten der Feldkircher Bürgermeister Wolfgang Matt (ÖVP), sehen sich dem Vorwurf ausgesetzt, sich bei der Immunisierung vorgedrängt zu haben. Seinen Posten räumen muss Impfkoordinator Clemens Martin Auer, nachdem er wegen vermeintlich zu geringer Bestellung von Impfstoffen in die Kritik geraten war. Angesichts rapide steigender Fallzahlen im November wird seitens der Regierung für Februar 2022 eine Impfpflicht angekündigt, die alle in Österreich Lebenden ab 14 betreffen soll.

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Mehrere Spitzenpolitiker erkranken schwer an Corona. Am schlimmsten erwischt es den oberösterreichischen Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner (FPÖ), der im März auf der Intensivstation erfolgreich um sein Leben kämpft. Die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) muss nach ihrer Infektion eine mehrwöchige Rehabilitation absolvieren.

Corona - Tirol

Ein regionaler Spezialfall in Sachen Corona ist Tirol. Das Land wird am 9. Februar wegen der Verbreitung der infektiöseren südafrikanischen Variante zur sogenannten Sperrzone erklärt, es ergeht auch eine nationale Reisewarnung. Um die Ausbreitung unter Kontrolle zu bekommen, wird der Bezirk Schwaz in einem Modell-Projekt im März durchgeimpft. Für einen Skandal sorgt die HG Pharma, die in Tirol für die Testauswertung zuständig war. Wegen Ungereimtheiten bei labortechnischer Befundung wird die Zusammenarbeit beendet. Der Gründer der Firma muss sich in einer anderen Angelegenheit wegen mutmaßlicher Behandlungsfehler vor Gericht verantworten. Die Ermittlungen in der Causa Ischgl werden im November sowohl straf- als auch zumindest vorerst zivilrechtlich eingestellt.

Ermittlungen gegen Sebastian Kurz

Ab 12. Mai: ÖVP-Obmann Sebastian Kurz gerät ins Visier der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Die Behörde ermittelt, wie am 12. Mai von Kurz selbst bekannt gemacht wird, gegen den Kanzler zunächst wegen einer vermeintlichen Falschaussage bezüglich der Bestellung von ÖBAG-Chef Thomas Schmid im U-Ausschuss zu Ibiza- und Casinos-Affäre.

Foto: APA/AFP/JOE KLAMAR

Richtig Fahrt nimmt die Affäre auf, als es am 6. Oktober zu Hausdurchsuchungen unter anderem im Kanzleramt kommt. Kurz wird nun auch Untreue und Bestechlichkeit vorgeworfen. Im Kern geht es bei den Vorwürfen darum, dass mit öffentlichen Geldern frisierte Umfragen mit dem Ziel, Kurz' Karriere zu protegieren, beauftragt worden seien. Eine interne Revision des Finanzressorts bestätigt im Wesentlichen die Vermutungen der Staatsanwälte. Neben dem VP-Chef werden auch mehrere seiner engsten Berater verfolgt. Ebenfalls Ziel der Ermittlungen sind die Medienmacher Wolfgang und Helmuth Fellner sowie die Meinungsforscherinnen Sophie Karmasin und Sabine Beinschab, wobei letztere sogar kurz in Untersuchungshaft genommen wird.

Doppelter Kanzlerwechsel

Die Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft gegen Sebastian Kurz (ÖVP) führen zu einem Wechsel im Kanzleramt. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) erklärt Kurz wegen der Vorwürfe der Justiz für nicht mehr amtsfähig. Als die ÖVP ihren erst Ende August mit großer Mehrheit wiedergewählten Parteichef nicht opfern will, schmieden die anderen Fraktionen an einer Vier-Parteien-Regierung. Um diese zu verhindern, tritt Kurz am 12. Oktober zurück und designiert Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) zu seinem Nachfolger. Das Außenamt übernimmt Michael Linhart (ÖVP), bis dahin Botschafter in Paris. Kurz geht zunächst als Klubobmann der ÖVP ins Parlament.

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Am 2. Dezember, unmittelbar nach der Geburt seines Sohns, entscheidet sich der Altkanzler jedoch für den vollständigen Abschied aus der Politik, was mit dem praktischen gleichzeitigen Rücktritt von Finanzminister Gernot Blümel das Regierungsteam der ÖVP nochmals umwürfelt. Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) wird Bundeskanzler, während Schallenberg zurück ins Außenamt geht, das Linhart in Richtung Botschaft in Berlin verlassen muss. Neuer Finanzminister wird der bisherige Staatssekretär Magnus Brunner, während das Innenressort an den Zweiten Landtagspräsidenten Niederösterreichs, Gerhard Karner, geht. Wissenschaftsminister Heinz Faßmann wird durch den Rektor der Uni Graz, Martin Polaschek, abgelöst. Laura Sachslehner ersetzt den Kurz-Vertrauten Axel Melchior im ÖVP-Generalsekretariat.

U-Ausschuss

Der parlamentarische Untersuchungsausschuss zu Ibiza- und Casinos-Affären wird neben dem Dauerkonflikt zwischen der ÖVP und den vier anderen Parteien und einem Corona-Cluster durch die Auseinandersetzung um die Lieferung von Akten geprägt. Der Verfassungsgerichtshof beantragt am 6. Mai beim Bundespräsidenten die Exekution von Unterlagen aus dem Finanzministerium, nachdem dieses mit Datenschutz-Argumenten der Aufforderung zur Lieferung nicht vollständig nachgekommen war. Das Staatsoberhaupt beauftragt in letzter Konsequenz im Juni das Straflandesgericht Wien mit der Durchsetzung des VfGH-Erkenntnisses.

In seinem Abschlussbericht konstatiert Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl ein gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis zwischen Vertretern des Bundes unter Schwarz-Blau und dem Novomatic-Konzern. Am 9. Dezember wird auf Wunsch der Oppositionsparteien ein neuer U-Ausschuss eingesetzt, der sich diversen "ÖVP-Affären" widmen soll.

Pilnacek und Brandstätter

Christian Pilnacek, Sektionschef im Justizministerium, wird am 26. Februar suspendiert. Ihm wird vorgeworfen, dem Verfassungsrichter Wolfgang Brandstetter eine Razzia bei dessen Klienten, dem Investor Michael Tojner, verraten zu haben. Der frühere Justizminister Brandstetter verlässt den VfGH dann im Juni, nachdem er wegen publik gewordener Chats mit Pilnacek, unter anderem über Interna am Gerichtshof, unter Druck geraten war. Pilnacek wird im November in einer anderen Causa, der Weitergabe von Informationen an eine Journalistin, vom Vorwurf der Verletzung des Amtsgeheimnisses freigesprochen.

Verurteilung Strache

Ex-FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache wird in der Prikraf-Affäre nicht rechtskräftig wegen Bestechlichkeit zu 15 Monaten bedingter Haft verurteilt. Der mitangeklagte Eigentümer der Privatklinik Währing, Walter Grubmüller, fasst wegen Bestechung zwölf Monate aus. Bei der Verhandlung ging es um Zuwendungen Grubmüllers an die Freiheitlichen, als deren Chef Strache für eine Gesetzesänderung im Sinne der Privatklinik lobbyierte. Ein Ermittlungsverfahren unter anderem gegen Strache selbst wegen angeblicher Sporttaschen mit Bargeld im Auto des damaligen FPÖ-Chefs wird im November eingestellt. Indes wird der vermeintliche Drahtzieher der Ibiza-Affäre, Julian Hessenthaler, im März von Deutschland nach Österreich ausgeliefert.

Foto: APA/AFP/ALEX HALADA

Rücktritt Anschober

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) legt wegen Überlastung am 13. April sein Amt zurück. Der Grünen-Politiker hatte davor zwei Kreislaufkollapse erlitten. Sein Nachfolger wird der Mediziner Wolfgang Mückstein (Grüne), der als Gruppenpraxen-Pionier gilt. Mit dem Tiroler Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg (Grüne) legt ein weiterer in der Pandemie stark geforderter und viel kritisierter Politiker (am 4. Mai) sein Amt nach 13 Jahren nieder und wechselt an die Privatuniversität UMIT.

Plagiatsaffäre Aschbacher

Christine Aschbacher (ÖVP) gerät in eine Plagiatsaffäre und tritt als Arbeitsministerin ab. Der Plagiatsforscher Stefan Weber hatte ihr vorgeworfen, Teile ihrer 2020 in Bratislava eingereichten Dissertation kopiert zu haben, ohne die Quellen ordentlich auszuweisen. Auch in ihrer Diplomarbeit an der FH Wiener Neustadt will er Plagiate entdeckt haben. Die österreichische Hochschule verzichtet nach einer Überprüfung auf eine Aberkennung des Titels, auch ihren in der Slowakei erworbenen Titel dürfte Aschbacher behalten.

Kampf um FPÖ-Spitze

Wochenlang liefern sich FPÖ-Chef Norbert Hofer und Klubobmann Herbert Kickl öffentlich einen Kampf um die Spitzenposition bei den Freiheitlichen. Am 1. Juni zieht sich Hofer zermürbt zurück und konzentriert sich auf seine Position als Dritter Nationalratspräsident. Gegen den offenen Widerstand des oberösterreichischen Landesparteiobmanns Manfred Haimbuchner setzt sich Kickl intern durch und wird am 19. Juni bei einem Parteitag in Wiener Neustadt mit 88,2 Prozent der Delegierten-Stimmen zum neuen FPÖ-Chef gewählt.

Foto: APA/HANS KLAUS TECHT

Debakel für Rendi-Wagner

Der Bundesparteitag der SPÖ am 26. Juni wird zum Debakel für Parteichefin Pamela Rendi-Wagner. Sie erhält bei ihrer Wiederwahl lediglich 75,3 Prozent der Delegiertenstimmen und überspringt damit nur relativ knapp die von ihr ohnehin niedrig gelegte Latte von 70 Prozent. Weitere Negativ-Schlagzeilen bringt, dass der Parteitag abgebrochen werden muss, da nicht mehr ausreichend Delegierte anwesend sind. So können geplante Statutenänderungen nicht mehr beschlossen werden. Nicht mehr in den Parteigremien vertreten ist der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil, der wegen seines Dauerkonflikts mit der Parteispitze auf eine Kandidatur verzichtet.

Oberösterreich-Wahl

Die oberösterreichischen Landtagswahl am 26. September spült die impf-kritische Liste MFG aus dem Stand ins Landesparlament. Mit 6,2 Prozent bleibt sie sogar vor den NEOS, die mit 4,2 Prozent ebenfalls erstmals den Einzug in den Landtag schaffen. Die ÖVP bleibt mit 37,6 Prozent der Stimmen stärkste Kraft und setzt die Koalition mit den Freiheitlichen fort, die mit 19,8 Prozent zweistellig verlieren, aber vor der SPÖ bleiben, für die sich 18,6 Prozent der Wähler entscheiden. Zugewinne gibt es für die Grünen mit 12,3 Prozent.

Bei den gleichzeitig abgehaltenen Gemeinderatswahlen in Oberösterreich bleiben die Bürgermeister der beiden größten Städte, Klaus Luger (SPÖ) in Linz und Andreas Rabl (FPÖ) in Wels, im Amt. Der Ortschef einer kleineren Gemeinde legt wenige Woche nach seiner Wiederwahl den Posten zurück, nachdem er wegen Vergewaltigung erstinstanzlich verurteilt wurde.

Graz wird dunkelrot

Die Grazer Gemeinderatswahl am 26. September wird zum politischen Erdbeben. Die ÖVP von Langzeit-Bürgermeister Siegfried Nagl büßt ihre Vormachtstellung ein und wird von der KPÖ auf Platz drei verdrängt. Die Kommunisten schließen ein Bündnis mit Grünen und SPÖ, das Elke Kahr (KPÖ) mit 17. November zur Bürgermeisterin macht. Im Nachspiel zur Wahl wird die FPÖ von einem Spesenskandal ihrer Spitzenfunktionäre heimgesucht, was zum Parteiaustritt von Ex-Vizebürgermeister Mario Eustacchio führt. Zudem wird dem ehemaligen Klubdirektor vorgeworfen, mehrere 100.000 Euro aus öffentlichen Fördermitteln für persönliche Zwecke verwendet zu haben.

Foto: APA/ERWIN SCHERIAU

Bei den Kärntner Gemeinderatswahlen im Februar und März feiern zwei Kandidaten des Team Kärnten Überraschungserfolge. Der ehemalige Freiheitliche Christian Scheider kehrt nach einem Sieg in der Stichwahl über Amtsinhaberin Maria-Luise Mathiaschitz (SPÖ) ins Klagenfurter Bürgermeisteramt zurück. Ex-Landesrat Gerhard Köfer wird nach acht Jahren Pause wieder Stadtchef von Spittal.

Die Gemeinderatswahl in St. Pölten am 26. Jänner bringt der SPÖ trotz leichter Einbußen wieder die absolute Mehrheit, womit Bürgermeister Matthias Stadler im Amt bleibt.

Öko-Steuerreform

Mit der ökologischen Steuerreform verständigt sich die Koalition im Oktober auf ein Prestigeprojekt der Grünen. Ab 1. Juli kommenden Jahres müssen die Österreicher für ihren CO2-Ausstoß eine zusätzliche Steuer bezahlen. Die Einnahmen daraus fließen zurück an die Bevölkerung in Form eines Klimabonus, der wegen seiner regional unterschiedlichen Ausgestaltung zuungunsten Wiens umstritten ist. Weiters im Paket enthalten sind unter anderem eine Senkung der Lohn- und der Körperschaftssteuer. Zudem wird der Familienbonus erhöht.

Sterbehilfe

Die Regierung verständigt sich am 23. Oktober auf eine gesetzliche Neuregelung der Sterbehilfe, die am 16. Dezember vom Nationalrat beschlossen wird. Wer Beihilfe zum Suizid in Anspruch nehmen will, kann ab 2022 eine Sterbeverfügung errichten, ähnlich der Patientenverfügung. Der Zugang ist auf dauerhaft schwerkranke oder unheilbar kranke Personen beschränkt. In Apotheken wird ein letales Präparat erhältlich sein. Begleitend kommt ein Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung. Das Gesetz war nach einem entsprechenden Spruch des Verfassungsgerichtshofs notwendig geworden.

Foto: APA/BARBARA GINDL

Folgen des Terroranschlags

Den Terroranschlag in der Wiener Innenstadt arbeitet eine Kommission unter der Strafrechtlerin Ingeborg Zerbes auf. Beanstandet werden Mängel aufseiten des Verfassungsschutzes, etwa beim Risikobewertungsprogramm für Gefährder und dem Informationsfluss zwischen den einzelnen Behörden. Als eine der Reaktionen wird das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung reformiert. Es teilt sich künftig in einen staatspolizeilichen und einen nachrichtendienstlichen Bereich und heißt Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst. Leiter der Behörde wird der bisherige Chef des niederösterreichischen Landeskriminalamts, Omar Haijawi-Pirchner.

Weiters schnüren Regierung und Nationalrat ein Anti-Terrorpaket. Ermöglicht wird damit eine Fußfessel bei bedingter Entlassung von nach Terrorparagrafen Verurteilten. Im Paket enthalten ist auch ein Straftatbestand für "religiös motivierte" Verbrechen.

Schülerinnen-Abschiebung

Die Abschiebung mehrerer gut integrierter Schülerinnen nach Georgien bzw. Armenien lässt die Wogen hoch gehen. Wiewohl das Verfahren korrekt abgelaufen war, wenden sich auch die Grünen zum Ärger der ÖVP gegen die Abschiebung der im Asylverfahren gescheiterten Familien. Die Außerlandesbringung erfolgt am 28. Jänner am frühen Morgen mit größerem Polizeiaufgebot, da sich eine Gruppe Protestierender vor dem Abschiebezentrum in Wien-Simmering postiert hatte. Quasi als Schlusspunkt der durch die Vorkommnisse entstandenen Regierungskrise, setzt Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) eine Kindeswohl-Kommission unter der früheren OGH-Präsidentin Irmgard Griss ein.

Islam-Landkarte

Eine von der Dokumentationsstelle politischer Islam vorgelegte Islamlandkarte des Wiener Universitätsprofessors Ednan Aslan sorgt für Aufregung im religiösen Leben. Bei diesem Projekt werden muslimische Einrichtungen jeweils kurz beschrieben, unter anderem wer hinter der jeweiligen Moschee steht. Die Universität Wien verbietet die Verwendung ihres Logos auf der Seite, scharfe Kritik kommt nicht nur von muslimischen Organisationen sondern auch von katholischer und evangelischer Kirche. Nach Drohungen gegen Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) wird der Staatsschutz eingeschaltet. Mutmaßlich rechtsradikale Aktivisten stellen "Warnschilder" in der Nähe muslimischer Einrichtungen auf.

ÖH-Wahl mit Minusrekord

Die Wahlen zur Österreichischen Hochschülerschaft bringen am 20. Mai die niedrigste Beteiligung aller Zeiten. Nicht einmal 16 Prozent der Studenten geben ihre Stimme ab. Platz eins holt erstmals der Verband Sozialistischer StudentInnen, dessen Vertreterin Sara Velic zur neuen Vorsitzenden gewählt wird. Davor hatte der VSStÖ eine Koalition mit der Grünen Studierenden-Fraktion GRAS und den Fachschaftslisten gebildet.

Politik-Abgänge

Das Jahr 2021 war auch geprägt vom Abgang diverser Spitzenpolitiker abseits der Regierung. Den meisten Lärm gibt es um die vormalige Wiener Grünen-Chefin Birgit Hebein, die nach ihrer Demontage aus Protest gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung sogar die Partei verlässt.

Foto: APA/HANS PUNZ

In Frieden gehen mit Thomas Drozda zum Wohnbaukonzern ARWAG und Sonja Hammerschmid (beide SPÖ) zur Leopold Museum Stiftung zwei ehemalige Minister der Regierung von Christian Kern (SPÖ). Der prominente NEOS-Mandatar Sepp Schellhorn verlässt aus Politfrust den Nationalrat, um sich um sein Gastro-Imperium zu kümmern. Der vormalige Generalsekretär Nikolaus Donig sorgt sich mittlerweile nicht mehr um die NEOS sondern um die Vier Pfoten.

Was sonst noch geschah

Auch zahlreiche kleinere Aufreger bestimmten 2021 innenpolitisch mit. Gleich in der Silvesternacht kommt es in Wien zu Ausschreitungen von Jugendlichen mit hohem Sachschaden. Die Regierung präsentiert im März ein Informationsfreiheitsgesetz mit der Aufhebung der Amtsverschwiegenheit, das es aber bis jetzt zum keinem Beschluss schafft. Der ehemalige FPÖ-Abgeordnete Thomas Schellenbacher erhält ebenfalls im März - nicht rechtskräftig - wegen schweren Betrugs und betrügerischer Krida zwei Jahre und neun Monate unbedingter Haft. Ziel einer Anklage ist im Mai der niederösterreichische Landesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) im Zusammenhang mit der Verlegung von jugendlichen Flüchtlingen in die Asylunterkunft Drasenhofen. Schließlich wird im November auch gegen den langjährigen Grünen Spitzenpolitiker Christoph Chorherr seitens der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft im Verfahren um Spenden an einen Schulprojekts-Verein Anklage erhoben.

(APA/Red)

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