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Dopingverdacht wird konkret

„Humanplasma“: Leiter des Sportservice des Landes Vorarlberg gab Blutabnahmen seiner Sportler in Auftrag.

Humanplasma, jene Wiener Blutbank, die in die Blutdoping-Affäre verwickelt war, belastet nun in einem offenen Brief an ÖOC-Präsident Karl Stoss den Leiter des Sportservice der Vorarlberger Landesregierung, Martin Keßler. Keßler sei – wie der ehemalige ÖSV-Langlauftrainer Walter Mayer – im Sommer 2003 an Humanplasma mit der Bitte herangetreten, Blutabnahmen für die von ihnen vertretenen Ausdauersportler durchzuführen. „Dabei haben sie ausdrücklich darauf verwiesen, dass solche Abnahmen und Blutdoping insgesamt in Österreich völlig legal und seit langem geübte Praxis seien“, schreibt die Humanplasma-Unternehmensleitung in dem offenen Brief. Anfang 2005 habe dann Stefan Matschiner, der Ex-Trainer vom ehemaligen Radprofi und Dopingsünder Bernhard Kohl die Rolle von Mayer übernommen. Humanplasma habe Anfang 2006, nach der Razzia bei den Olympischen Spielen in Turin, die Blutabnahmen beendet. Die Blutbank gesteht damit ein, zahlreiche Athleten unterstützt zu haben. Blut wurde abgenommen, behandelt, gelagert. Eine Rückführung des Blutes, damit die Sportler vor dem Wettkampf die Ausdauer erhöhen konnten, sei in Laborräumen nicht geschehen.

Vorwurf: „Hintermann“

„Im Zeitraum von Ende 2003 bis Anfang 2006 haben die drei genannten Personen – und nur diese – insgesamt für etwa 30 Sportler Blutabnahmen bei Humanplasma organisiert“, bestätigt Unternehmenssprecherin Michaela Eisler auf VN-Nachfrage den Inhalt des offenen Briefs. Namen der involvierten Sportler bleibt Humanplasma weiter schuldig, bezeichnete aber Mayer, Keßler und Matschiner als Hintermänner. Diese hätten die Sportler zu Blutabnahmen begleitet, die Konzentrate auch für spätere Rücktransfusion vor Wettkämpfen abgeholt, so Humanplasma. Damit wird erstmals Martin Keßlers Name von Beteiligten öffentlich im klaren Doping-Zusammenhang genannt. Der Lochauer verantwortete bis September 2005 neun Jahre lang die Erfolge der österreichischen Ruderer, seither war er als Chef des Sportreferats für die Vorarlberger Landesregierung tätig. Als Ende letzten Jahres Doping-Vorwürfe gegen Keßler bekannt wurden, meinte dieser, er werde sich „zu gegebenem Zeitpunkt“ äußern. Landesrat Stemer hielt Keßler die Stange, er lege zumindest „für seine Arbeit bei uns die Hand ins Feuer“. Im VN-Interview bestätigt Keßler nun erstmals den Kontakt mit Humanplasma. Man habe sich Vorteile erhofft, was nicht eingetreten sei. Verbotene Rücktransfusionen hätten aber nie stattgefunden. Die Humanplasma-Direktoren suggerieren in ihrer Aussendung eine weitaus größere Tragweite der Doping-Affäre – und weitere verwickelte Blutbanken: „Diese Affäre hat vor 2003 begonnen und sie wurde nach 2006 fortgeführt.“

Zur Person Martin Keßler

Der aus Lochau stammende Keßler war neun Jahre lang Nationaltrainer der österreichischen Ruderer. Er verantwortete die größten Erfolge des Ruderverbandes (WM-Gold, WM-Bronze und Weltcupgesamtsiege) Seit Herbst 2005 war er Leiter des Sportreferates der Landesregierung. Ende 2009 tauchten Doping-Vorwürfe gegen Keßler im „Kurier“ auf. Seit Jänner 2010 ist Keßler Geschäftsführer des Sportservice des Landes. Er ist Sportlandesrat Siegmund Stemer (ÖVP) unterstellt.

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