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Donaufestival 2013 in Krems: Performances, Kunst- und Filmprogramm

Beim Donaufestival 2013 dreht sich alles um Grenzgänge und -überschreitungen
Beim Donaufestival 2013 dreht sich alles um Grenzgänge und -überschreitungen ©donaufestival.at
Performances jenseits des Theaters spielen beim Donaufestival 2013 in Krems eine besonders große Rolle. Kuratorin Gabrielle Cram setzt auf den "hybriden Charakter" des Festivals. Was bei musikalischen und performativen Auftritten vorgelebt wird, zieht sich auch in den bildenden wie filmischen Schienen des am 25. April startenden Events fort.
Donaufestival "Krems brulee"

Gelöschte Symphonien, intellektuell aufgeladene Jahrmärkte, queere Identitätssuche einer Region: Der Performance-Schwerpunkt des diesjährigen Donaufestivals in Krems (25. April bis 4. Mai) widmet sich Formen “jenseits des Theaters” und setzt damit ganz auf einen “hybriden Charakter”, wie Kuratorin Gabrielle Cram erklärt. Schließlich könne man der “eigenen Sprache und eigenen Anliegen”, die das Festival über die Jahre entwickelt hat, folgen: “Ein Luxus.”Krems. Wobei Cram auch ein demokratischer Ansatz abseits großer Headliner wichtig ist, wie sie zu verstehen gibt.

Genre-Grenzen werden gesprengt

“Dadurch gibt es auch mehr Programme, wo Leute nicht in Genres bleiben, sondern darüber hinaus – vor allem in einer sozial engagierten Agenda – arbeiten.” Dies wird nicht zuletzt bei einem kleinen, sehr politisch aufgeladenen Lateinamerikafokus mit u.a. Teresa Margolles (27.4.) deutlich oder durch das Immigrant Movement International: Das von Tania Bruguera mitbegründete Kollektiv verlegt am zweiten Wochenende sein Büro temporär in den Kunstraum Stein, sucht Anknüpfungspunkte zu lokalen NGOs und will mit verstreuten Aktionen für sein Anliegen Aufmerksamkeit generieren.

Für Cram geht es dabei auch um gesellschaftspolitische Aspekte in einem globalen Kontext, wenn in “transnationalen Konstrukten oder translokalen Formationen” gearbeitet wird. “Dieser Berührungspunkt hat mich interessiert: Wie die Leute in Kollektiven die Grenzen entweder anders verstehen oder sie auch hacken, verändern, verschieben.” Verschoben wird der Fokus nicht zuletzt bei Carlos Amorales’ “Erased Symphony”, bei welcher der Mexikaner zum Auftakt in der Kunsthalle Krems gemeinsam mit dem Klangforum Wien Strauss’ “Kaiserwalzer” nach der Schönberg-Transkription bearbeitet, verdichtet und schließlich verschwinden lässt.

Natur im Innenraum beim Donaufestival erleben

Die etwas andere Theatererfahrung dürfte sich wiederum bei “Paradisiacal Rites” einstellen: Die Gruppe Saint Genet rund um Derrick Ryan Claude Mitchell nutzt das Forum Frohner als Setting, um während der kompletten Festivalzeit die Natur in den Innenraum zu übersetzen und dabei ein sehr (bild)gewaltiges, konkret die Physis ansprechendes Event zu erzeugen. “Hier ist es die intensive Körperarbeit und damit eine extrem intensive Medialität, die zustande kommt, die sich an sehr existenzialistischen Theaterformen orientiert”, so Cram.

Als “Spurensucher” präsentiert sich Hans Peter Litscher: Der Schweizer Künstler setzt sich mit dem Kremser Transgender- und Queerforscher Otto Retter ebenso auseinander wie dem im Zweiten Weltkrieg in der Region angesiedelten Kriegsgefangenenlager Stalag XVII. Darum herum “spinnt Litscher eine Ausstellung, ein Museum und Führungen”, erläutert Cram. Parallel dazu findet in der Wiener Galerie Georg Kargl die Ausstellung “rats live on no evil star” mit Auszügen aus dem bildenden Werk Retters statt.

Publikum in Performances eingebunden

Die Künstlergruppe Miasma ruft als The Eel House am 27. April zu einem “Merz-Welt-Neu-Bau”. Die Uraufführung ist der zweite Teil einer Trilogie, die im Vorjahr in der Wiener Ankerbrotfabrik ihren Anfang nahm. “Hier bekommt das Publikum konkrete Handlungsanweisungen bzw. wird es vor die Wahl gestellt, auf welcher Seite es stehen oder mitwirken möchte”, so Cram. Dadurch komme der Zuschauer in eine “Entscheidungsnot und muss sich selbst positionieren”. Die Performance, die im Stadtsaal sowie einem “noch geheimen Ort im Wald” vonstattengehen wird, kann auch online per Livestream genossen werden.

Ebenfalls On- und Offlinewelt verbinden will “Raiders of the Lost Crown”, ein “Alternate Reality Game” von Fran Ilich und Diego de la Vega. Ziel des auf den ganzen Festivalzeitraum verteilten Spiels ist, die “Federkrone des Montezuma” zurück nach Mexiko zu holen und Unterstützer für dieses Vorhaben zu sammeln. Happening und filmische Intervention verknüpft wiederum Douglas Gordon in der Kunsthalle (zweites Wochenende), wo er mit seiner Filmklasse der Städelschule in Hamburg ein “All Day Breakfast” veranstaltet – zur Feier der “wichtigsten Mahlzeit des Tages”.

Genregrenzen sprengen ist schließlich beim “Pataphysischen Jahrmarkt” die oberste Maxime. Der vom französischen Schriftsteller Alfred Jarry geprägte Begriff der “Pataphysik” als Wissenschaft imaginärer Lösungen dient am 26. April u.a. Peter Brandlmayr, Fritz Ostermayer oder dem Zahnarztbohrmaschinenorchester als Ausgangspunkt für ein “Festival im Festival”, das sich dem “Stein der Idioten” widmet – musikalisch, literarisch, performativ.

Neue Territorien, filmische Destruktion und Katzen

Inhaltliche Eindeutigkeit ist nicht unbedingt die Sache des Kremser Donaufestivals. Der Ansatz von musikalischen und performativen Auftritten setzt sich auch in den bildenden wie filmischen Schienen des Events fort. Die Besucher begehen diese Interventionen im wahrsten Sinne des Wortes “auf eigene Gefahr”, wie es etwas bei der Ankündigung zu “Alterated States” von New-Territories heißt. Im Folgenden eine Auswahl des künstlerischen und cineastischen Programms:Krems. – “Alterated States” (beide Wochenenden, Messegelände): Der Eingangsbereich des Hauptschauplatzes wird zur emotionale Zustände abbildenden Wunderkammer.

Programmpunkte Kunst & Film

Das Architektenkollektiv New-Territories evoziert Euphorie, Melancholie oder Angst mittels “performativer Szenarien”.

– “Tino Sehgal” (erstes Wochenende, Kunsthalle): Die Kooperation mit der Kunsthalle Krems wird in diesem Jahr u.a. mit dem deutsch-britischen Künstler Tino Sehgal begangen. Details zum Projekt sind im Vorfeld spärlich gesät, geht es dem Gestalter des deutschen Pavillons bei der Biennale von Venedig 2005 doch immer wieder auch um Gerüchte und das Nichtfassbare in seiner Kunst, die er bewusst als vergängliches Konstrukt gestaltet.

– “SCORE – A Live Remix Installation” (27. April, Kunstraum Stein): Die Avantgarde-Rockband Zs ruft zum kollektiven Musikerzeugnis auf Basis ihres bisherigen Oeuvres auf. Sieben Stunden lang darf getüftelt, bearbeitet und das Ausgangsmaterial verschoben werden. Neben eingeladenen Musikern kann sich dabei auch das Publikum (bei Voranmeldung) beteiligen.

– “The Cats” (zweites Wochenende, Kunstraum Stein): Der ehemalige The-Jesus-Lizard-Sänger David Yow betätigt sich in Krems als künstlerischer Katzenversteher und zeigt im Kunstraum Stein Auszüge aus seinem Werk, für das er sich nun seit mehr als 30 Jahren mit den vierbeinigen Haustieren beschäftigt. Cartoons, fotografische Texturen und die immer wiederkehrende Buchstabenkombination C A T inklusive.

– “Trash, Elektro, Kunst und Punk” (beide Wochenenden, Kino im Kesselhaus): Ausgehend von musikalischen Impulsen widmet sich die Filmschiene beim diesjährigen Festival “Trash, Elektro, Kunst und Punk”. Dabei steht das Musical “Hedwig and the Angry Inch” von John Cameron Mitchell ebenso am Programm wie ein von Peter Weibel und Harmut Joerg kuratierter Nachmittag mit prämierter “Videokunst um die Jahrtausendwende”. Den Brückenschlag zum VIS Vienna Independent Shorts schlägt eine “Short Film Punk Night”, die trotz des Titels nachmittags zu erleben ist. Neun Werke bilden dabei “eine archaische Symphonie aus Dekonstruktion und Destruktion”. Und in das Liveuniversum elektronischer Musik entführt schließlich Romuald Karmakars “Between the Devil and the Wide Blue Sea”.

Weitere Infos zum Donaufestival 2013 finden Sie hier.

(apa/red)

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