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Die Chancen politischer Einzelkämpfer: Peter Pilz auf den Spuren von Macron, Haider und Stronach

Politische One-Man-Shows der Marke Pilz sind und waren keine Seltenheit
Politische One-Man-Shows der Marke Pilz sind und waren keine Seltenheit ©APA
Neu ist die Idee auch in Österreich nicht, als mehr oder minder One-Man-Show gegen etablierte politische Parteien anzutreten. Während hierzulande selbiges schon von Jörg Haider oder Frank Stronach mit unterschiedlichen Ergebnissen unternommen wurden, zählen im Ausland etwa Beppe Grillo oder Emmanuel Macron zu den erfolggekrönten Parteigründern.
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Auch wenn Peter Pilz und Karl Schnell es selbst vielleicht nicht so sehen, sind sie typische Beispiel von Parteiabspaltungen. Während dies bei Pilz noch einigermaßen freiwillig der Fall ist – hätte er doch nach seinem Scheitern im Kampf um den Grünen Listenplatz vier auch für andere wählbare Plätze kandidieren können -, ist Schnell Opfer eines Rausschmisses durch die FPÖ, deren Salzburger Landesgruppe er über Jahrzehnte angeführt hatte. Die beiden Listengründer gelten jedenfalls als ausgesprochene Alpha-Tiere, es wird in erster Linie an ihnen selbst liegen, ob der Nationalratseinzug gelingt.

Pilz, Haider, Berlusconi: One-Man-Shows im In- und Ausland

Freilich hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass ein charismatischer Listengründer alleine nicht unbedingt ein Erfolgsgarant sein muss. Franz Olah scheiterte als vormaliger Innenminister nach seinem Rausschmiss aus der SPÖ mit seiner “Demokratischen Fortschrittlichen Partei” 1966 deutlich am Parlamentseinzug. Gleiches passierte dem früheren Journalisten Hans-Peter Martin, als er 2006 vom europäischen ins österreichische Parlament wechseln wollte. Wie Olah schaffte er nicht einmal drei Prozent. Der ehemalige Tiroler Arbeiterkammer-Präsident Fritz Dinkhauser verpasste 2008 sogar die Zwei-Prozent-Marke.

Interessant an diesen drei Fällen ist, dass das Trio auf anderer Ebene durchaus erfolgreich war. Dinkhauser kam mit seiner nach seinem Abschied von der ÖVP aus dem Boden gestampften Liste bei der Tiroler Landtagswahl 2008 auf mehr als 18 Prozent, büßte beim zweiten Antritt aber mehr als zwölf Prozentpunkte ein. Freilich kandidierte Dinkhauser da nicht mehr selbst. Hans-Peter Martin, ursprünglich auf einem SPÖ-Ticket, trat zwei Mal selbstständig für das EU-Parlament an und konnte trotz zahlreicher interner Querelen reüssieren. 2009 entschieden sich sogar fast 18 Prozent für ihn. Olah wiederum holte sich bei der Wiener Landtagswahl 1969 drei Mandate. Mit seinem späteren Abschied aus der Politik war auch die Partei rasch wieder Geschichte. Gleiches gilt für die Liste Martin seit dessen Rückzug.

Von “Die Unabhängigen” bis zum Liberalen Forum

Von einem überraschend starken Ergebnis bei seinem ersten Hofburg-Antrit mit knapp zehn Prozent im Jahr 1998 täuschen ließ sich Baumeister Richard Lugner und versuchte im Jahr darauf mit der von ihm gegründeten Partei “Die Unabhängigen” den Sprung ins Parlament. Gerade einmal 1,02 Prozent entschieden sich für den Promi-Baumeister und seine Getreuen.

Doch es gab auch einige kurzfristig erfolgreiche “Alleingänge” ins Hohe Haus. Frank Stronach überwand 2013 mit seinem Team locker die Vier-Prozent Hürde (5,7 Prozent) und konnte auch in einigen Ländern punkten. Vier Jahre später ist das Team Stronach allerdings schon wieder Geschichte. Das Liberale Forum, das die frühere Dritte Nationalratspräsidentin Heide Schmidt 1993 von der FPÖ abspaltete, schaffte wohl vor allem dank ihrer bekannten Spitzenkandidatin zwei Mal den Parlamentseinzug, ehe es als Partei mit der 1999er-Wahl aus dem Nationalrat verschwand. Kleiner Trost für die Nachfahren: Durch ihren Fusionspartner NEOS lebt das Liberale Forum jedenfalls bis zur kommenden Wahl parlamentarisch weiter.

Ein wenig Spezialfall in Sachen Listengründung ist das BZÖ, da FPÖ-Legende Jörg Haider die Spitzenfunktionäre der Freiheitlichen fast vollständig in sein Bündnis Zukunft Österreich mitzog. Trotz der hohen Popularität Haiders war das BZÖ keine Erfolgsgeschichte. Gerade einmal 4,1 Prozent schauten 2006 bei der Nationalratswahl heraus. Als Haider zwei Jahre später selbst als Spitzenkandidat antrat, kletterte das Bündnis allerdings über die 10-Prozent-Marke. Nach dem Tod des Parteigründers wenige Wochen danach ging es mit dem BZÖ bergab. Mit der kommenden Kärntner Landtagswahl dürfte das Haider-Bündnis endgültig aus der österreichischen Polit-Landschaft verschwinden.

Frankreichs Emmanuel Macron als aktuell erfolgreichstes Beispiel

Charismatische Einzelkämpfer als Parteigründer sind freilich kein österreichisches Phänomen. Der Erfolgslauf von Emmanuel Macron endete heuer nicht mit seiner Kür zum Präsidenten Frankreichs, sondern brachte dem vormaligen Mitglied der sozialistischen Regierung mit seiner aus dem Boden gestampften Bewegung “La Republique en Marche” auch eine absolute Mehrheit bei der Parlamentswahl. Vor Macron das wohl bekannteste, wenn auch umstrittenste Polit-Startup Frankreichs war die rechtsextreme Front National, die über Jahrzehnte von ihrem charismatischen Gründer Jean-Marie Le Pen dominiert wurde.

Rechtsaußen-Bewegungen in den Niederlanden waren ebenfalls von ihren Frontmännern diktiert. Die höchst erfolgreiche Lijst Pim Fortuyn trug sogar den Namen ihres Gründers – und wurde nach seiner Ermordung aufgelöst. An ihre Stelle trat die Partij voor de Vrijheid von Geert Wilders, die als Besonderheit hat, dass nur der Gründer selbst Parteimitglied ist. Ein weiteres Land, das ein guter Boden für neue Bewegungen mit charismatischen Spitzenpersonen ist, ist Italien. Der berühmteste Parteigründer ist der Industrielle Silvio Berlusconi, der über seine Forza Italia insgesamt vier Mal zum Posten des Ministerpräsidenten kam. Aktuell Mann der politischen Stunde ist Komiker Beppe Grillo, der mit dem populistischen “MoVimento 5 Stelle” von Erfolg zu Erfolg eilt.

Box-Champions und Spaßparteien

Deutschland ist dagegen eher ein Polit-Land der eingesessenen Parteien. Einzelkämpfer waren nur selten erfolgreich. Eine Ausnahme bildet Richter Ronald Schill, der mit seiner “Rechtsstaatlichen Offensive” bei der Hamburger Bürgerschaftswahl 2001 immerhin 19,4 Prozent der Stimmen auf sich vereinen konnte und so zum Zweiten Bürgermeister aufstieg. Einige Skandale und eine Wahlpleite später war die “Schill-Partei” schon wieder Geschichte. Heute sieht man Schill vor allem in Reality-TV-Formaten, zuletzt etwa in einer Nackt-Dating-Show.

Ohne ihren Mit-Gründer, Box-Champion Vitali Klitschko, wohl nicht einmal annähernd so erfolgreich wäre die Ukrainische demokratische Allianz für Reformen, die mittlerweile mit der Partei von Präsident Petro Poroschenko weiterfusioniert wurde. Klitschko ist seit 2014 Bürgermeister der Hauptstadt Kiew. Aus dem Nichts zu Bürgermeister-Ehren kam auch Jon Gnarr. Der beliebte isländische Komiker schaffte mit seiner Spaßpartei Besti flokkurinn, zu Deutsch Beste Partei, bei der Wahl in Reykjavik Platz eins. Mit Ende der Amtszeit hatte Gnarr die Lust verloren. Die Partei wurde aufgelöst.

>> Weitere Infos rund um die Nationalratswahl 2017

(APA/Red.)

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