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Der Leitwolf verlässt das Rudel

Die siebenjährige "Erfolgsehe" zwischen dem HC Hard und Branko Medini ist seit Mitte Mai geschieden - diese Woche erfolgte nun auch der "Auszug". Doch der Kroate kann sich eine Rückkehr als Trainer vorstellen.

Als vor sieben Jahren der Aufstieg des HC Hard in die höchste Spielklasse feststand, engagierte der damalige Sportliche Leiter Peter Thurnher mit dem Kroaten Branko Medini eine Verstärkung für den Rückraum. Der damals 29-Jährige reifte zur tragenden Figur des Harder Handball-Booms, wurde zur Identifikationsfigur für Spieler und Fans und ob seines Einflusses zum Schrecken für die sich im Lagerkampf befindlichen Vereinsverantwortlichen. In den vergangenen beiden Jahren verschlechterte sich die Chemie zwischen dem Vorzeige-Profi und der sportlichen Führung zusehends, unterschiedliche Auffassungen und machtpolitische Überlegungen führten zur Scheidung der “Erfolgsehe”. In einem abschließenden Interview nimmt Medini zu seiner Zeit bei den “roten Teufeln” Stellung.

NEUE: Branko, nach sieben Jahren in Hard heißt es nun endgültig Abschied nehmen. Was bleibt unterm Strich?
Branko Medini: (lacht) “Da muss ich auf der Bank nachschauen. Nein, finanziell und sportlich gesehen bin ich zufrieden. Ein Meister- und Cup-Titel und die Teilnahme an der Champions-League sind nicht schlecht. Aber ich glaube, dass sportlich noch mehr möglich gewesen wäre.”

NEUE: Für dich persönlich oder für das Team?
Medini: “Ich denke für den ganzen Verein. In Hard ist man aber im Gegensatz zu Bregenz mit dem Erreichten schnell zufrieden, sowohl Spieler als auch Trainer und Vorstand. Einmal Meister, dann haben wir zwei Jahre vom Titel gelebt.”

NEUE: Was waren deine schönsten Momente in dieser Zeit?
Medini: “Das war sicher das HLA-Finale in Lustenau gegen Linz. Und jetzt auch der Meistertitel mit der U11-Mannschaft. Das war ein besonderes Gefühl als Trainer dabei zu sein, das war neu für mich.”

NEUE: Und die bittersten?
Medini: (nachdenklich) “Bittere Momente vergisst man doch schnell wieder. Aber es war sicher die Situation im November, als ich vom Trainer und Vorstand öffentlich kritisiert wurde, genau als ich drei Tage in Kroatien war.”

NEUE: Was wirst du deinen Kindern oder später deinen Enkeln einmal über diese Zeit in Hard erzählen?
Medini: “Sicher viele schöne Erlebnisse. Aber auch über die andere Mentalität der Menschen, da habe ich viel gelernt, zum Beispiel wie man richtig arbeitet. Bei uns ist alles lockerer, vielleicht manchmal auch zu locker.”

NEUE: Du galtst bei aller Herzlichkeit immer eher als reservierter Mensch, der seine Gefühle für sich behält. Gestattest du uns zum Abschluss einen Einblick in deine aktuelle Gemütsverfassung?
Medini: “Dass ich vom HC Hard weggehe, ist im Moment die richtige Entscheidung. Ich habe sportlich mit den entscheidenden Leuten im Verein nicht mehr meine Zukunft gesehen. Auf der anderen Seite … menschlich … sieben Jahre sind eine lange Zeit. Die kann man nicht einfach abhaken. Hard, die Freunde bleiben immer ein Teil von mir.”

NEUE: Nicht zuletzt deine Kritik an Trainer Frank Bergemann und der sportlichen Leitung um Berr y Novacic im November haben deinen Abgang besiegelt. Eine Trennung im Streit?
Medini: “Nein, überhaupt nicht. Natürlich war ich schwer enttäuscht, aber meine Entscheidung zum Weggang ist schon im Jänner gefallen. Aber vergessen kann ich es sicher nie. Ich war zwar nicht überrascht, denn ich habe schon mit so etwas gerechnet – nur eben nicht während meiner Abwesenheit.”

NEUE: Warum glaubst du, wollte man dich “loswerden”?
Medini: “Da musst du besser die andere Seite fragen. Offiziell waren sie mit meiner Leistung als Führungsspieler nicht mehr zufrieden.”

NEUE: Und inoffiziell?
Medini: “Da glaube ich, dass sie gewusst haben, dass ich Interesse hatte, Trainer oder sportlicher Leiter in Hard zu werden. Das ist meine Meinung, aber die wissen das sicher besser.”

NEUE: Ist die Türe für eine spätere Rückkehr nach Hard zu oder heißt es: Sag niemals nie?
Medini: “Nein, von meiner Seite ist die Tür nach Hard sicher nicht zu. Wie gesagt, im Moment ist es das Beste zu gehen. In zwei, drei Jahren denke ich sicher anders darüber, dann könnte die Zeit reif sein, wieder zu zurückzukommen.”

NEUE: Gibt es schon konkrete Pläne für die nähere berufliche Zukunft?
Medini: “Ich möchte versuchen demnächst in meiner Heimat Kroatien einen Job abseits des Handballs zu bekommen, ich habe ja ein BWL-Studium absolviert. Aber das ist dort nicht so leicht. Sportlich wäre es auch kein Problem. Da gibt es auch Kontakte zu zwei Teams entweder als Spieler oder als Spielertrainer.”

NEUE: In Österreich?
Medini: (grinst) “Sagen wir einmal, im Ausland.”

NEUE: Was kannst du den jungen Hardern noch als „Vermächtnis” hinterlassen? Schließlich warst du sowohl für die Mannschaft als auch für die Fans immer eine Identifikationsfigur.
Medini: “Sie sollen richtig und aufrichtig trainieren. Wenn sie dann mit ihren Spielanteilen oder dem Verein unzufrieden sind, sollen sie nicht jammern, sondern wo anders ihr Glück versuchen. In Hard ist es zwar schön und sie spielen meist vorne mit, aber wenn man unzufrieden ist, soll man gehen.”

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