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Demos von Kurden und Türken am Wochenende

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Nach den jüngsten gewaltsamen Zwischenfällen erwartet die Polizei die Versammlungen von Kurden und Türken nicht ohne Sorge. In Wien sollen die kurdischen Demonstranten am Samstag nicht bis zur türkischen Botschaft vorgelassen werden.

Tags darauf soll ein Großaufgebot an Polizisten in Linz Ausschreitungen türkischer PKK-Gegner verhindern. Auch in Tirol wird damit gerechnet, dass Kurden sich dem Antifaschismus-Protest der Jungsozialisten am Samstag in Innsbruck anschließen. FPÖ und BZÖ hatten ein Verbot für diese Kundgebungen gefordert.

Während der Konflikt zwischen der Türkei und den vor allem aus dem Nordirak heraus operierenden PKK-Kämpfern an Brisanz gewinnt und Ankara unverhüllt mit dem Einmarsch in den Nordirak droht, steigen auch die Spannungen zwischen den in Österreich lebenden Kurden und Türken. Deren Zahl kann indes nur geschätzt werden. Nach Angaben der türkischen Botschaft in Wien, die sich auf Statistiken von 2005 bezieht, leben rund 114.000 Türken in Österreich. Dazu kommen fast noch einmal so viele Bürger türkischer Herkunft mit österreichischem Pass – nämlich rund 100.000.

Den Löwenanteil machen die fast 40.000 Türken in Wien aus; allerdings stehen einem türkischen Staatsbürger in Wien rund 40 Wiener gegenüber, während das Verhältnis im kleinen Bundesland Vorarlberg bei eins zu 27 liegt. Wie viele türkische Kurden es hierzulande gibt, lässt sich hingegen kaum abschätzen. Ein Kurden-Vertreter ging auf Anfrage der APA von rund 70.000 Kurden in Österreich aus – was allerdings auch jene aus dem Iran, Syrien und dem Irak einschließe. In Europa haben Deutschland, Österreich, Frankreich und die Niederlande die höchsten Bevölkerungsanteile an Türken.

Viel augenscheinlicher ist, wie auf beiden Seiten das Vereinswesen blüht. So sind die Kurden im Dachverband „Feykom“ organisiert. Dieser hat für Samstag einen Protestzug in Wien angekündigt und erwartet rund 1.500 Sympathisanten aus ganz Österreich. „Wir werden gegen die türkische Aggression im Irak demonstrieren. Es soll keinen Krieg gegen Kurdistan geben“, sagte ein Feykom-Vorstandsmitglied zur APA. Von der Oper soll es den Ring entlang über den Schwarzenbergplatz in die Prinz-Eugen-Straße gehen. Bis zur türkischen Botschaft will die Polizei die Demonstranten aber nicht vorlassen. „Wir stoppen sie in der Plösslgasse“, bestätigte Andreas Krajcsy vom Wiener Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT). Die um 13:00 Uhr beginnende Demo soll gegen 16:00 Uhr zu Ende sein, von Verkehrsbehinderungen ist auszugehen.

Feykom sympathisiert offen mit der PKK, die in der EU und in den USA heute als Terrororganisation gilt; auf seiner Webseite fordert der Verband „Freiheit für (den inhaftierten PKK-Führer) Abdullah Öcalan“. Wie viele PKK-Aktivisten sich gegenwärtig in Österreich aufhalten, wagt niemand zu sagen. Ihre Zahl wurde 1999 auf 400 geschätzt, jene der Sympathisanten auf etwa das Zehnfache. Bis die EU die PKK im Jahr 2002 als Terrororganisation einstufte, marschierten Vertreter der marxistischen Kurdischen Arbeiterpartei bei den Maikundgebungen in den Reihen der SPÖ mit. Tradition hat es auch, dass antifaschistische und antiimperialistische Organisationen und Kurden in Österreich gemeinsam auftreten.

Wenn am Samstag in Innsbruck Jusos und der Gewerkschaftliche Linksblock der November-Pogrome von 1938 gedenken, könnten sich wieder Kurden anschließen, wie aus der Tiroler Sicherheitsdirektion zu erfahren war. Um zehn Uhr soll der Antifaschismus-Protestzug beim Landestheater starten und durch die Altstadt und zum Hauptbahnhof führen. Ende Oktober war es in der Tiroler Landeshauptstadt nach einer Demonstration zu einer Massenschlägerei zwischen Kurden und Türken gekommen.

Mit Spannung erwartet wird darum auch eine Demonstration in Linz am Sonntag. Von 13 bis 15 Uhr wird durch die Innenstadt marschiert: Die Demo des türkisch-islamischen Vereins für kulturelle und soziale Zusammenarbeit Atib richtet sich der Linzer Polizei zufolge gegen Terrorismus in der türkisch-irakischen Grenzregion. Da mit mehreren Tausend Demonstranten gerechnet wird, soll ein Großaufgebot der Polizei Ausschreitungen verhindern. Die Linzer Landstraße wird gesperrt, ab Mittag werden dort keine Straßenbahnen mehr fahren. Vor zwei Wochen hatten in Linz rund 350 Kurden ohne große Zwischenfälle demonstriert.

Eine regelrechte Straßenschlacht hatten sich am Sonntagabend mehr als zwei Dutzend Türken und Kurden in Wien-Favoriten geliefert. Zwei Männer wurden durch Messerstiche schwer verletzt. Zugleich fand ein Brandanschlag auf das Atatürk-Kulturzentrum am Antonsplatz statt, es blieb aber bei Sachschäden. Ebenfalls am Sonntag demonstrierten in St. Pölten rund tausend Menschen gegen die PKK, PKK-Sympathisanten besprühten aus Protest mehrere Häuser.

Während der deutsche Verfassungsschutz von „Stellvertreterkriegen“ zwischen den politischen Gegnern in Deutschland ausgeht, sollte die Türkei sich zum Äußersten entschließen, ist es hierzulande BZÖ-Chef Peter Westenthaler, der die Angst vor „Türkenkriegen in Österreich“ schürte. Er forderte am Mittwoch im Nationalrat Innenminister Günther Platter (V) auf, eine ethnisch motivierte Demonstration auf der Wiener Mariahilfer Straße zur besten Einkaufszeit zu untersagen. Am Donnerstag war schließlich von der Wiener Polizei zu hören, man habe sich mit den kurdischen Demonstranten auf einen anderen Ausgangspunkt als den Westbahnhof am Mariahilfer Gürtel geeinigt.

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