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Debatte um zweites Straflandesgericht geht weiter

Zweites Wiener Strafgericht: Standort und Kosten sollen fest stehen- "Die Presse" zitiert aus "Raum- und Funktionsprogramm" des Justizministeriums - Für Richtervertreter sind das nur "Wünsche des Beamtenapparats".

„Reine Stimmungsmache! Das sind Wünsche des Beamtenapparats im Ministerium, die das Projekt als bereits gelaufen darstellen wollen“, kommentierte Peter Liehl, Obmann der Sektion Wien der Richtervereinigung, am Donnerstag einen Bericht der Tageszeitung „Die Presse“. Das Blatt zitiert in seiner Ausgabe vom Donnerstag aus einem angeblich streng vertraulichen „Raum- und Funktionsprogramm“ des Justizministeriums, wonach der definitive Standort und die Kosten für die Errichtung des umstrittenen zweiten Wiener Straflandesgerichts bereits feststehen sollen.


Das zweite Strafgericht soll demnach samt einer angeschlossenen Justizanstalt für 500 bis 600 Häftlinge in Wien-Landstraße unweit der U 3-Station Erdberg gebaut werden. Der Komplex soll auch ein neues Bezirksgericht Wien-Landstraße umfassen. Wie „Die Presse“ berichtet, werden in dem Papier die gesamten Bau- und Übersiedlungskosten mit rund 90 Millionen Euro veranschlagt.


Die seit längerem kolportierten Pläne stoßen auf vehementen Widerstand der Richter, Staatsanwälte und Rechtsanwälte, die eine „Zerschlagung“ des bestehenden Straflandesgerichts und eine mutwillige Zerstörung der funktionierenden Strukturen befürchten. Zuletzt hatte Justizministerin Karin Miklautsch (B) Gesprächsbereitschaft signalisiert und Arbeitsgruppen eingerichtet, die zu einer für beide Seiten tragbaren Lösung aus der Platzmisere führen sollen: Das Landesgerichtliche Gefangenenhaus ist überbelegt, bis zu zehn Häftlinge sollen sich derzeit dort eine Zelle teilen.


„Ich bin mir sicher, dass es nicht so kommen wird, wie heute in der Zeitung zu lesen ist. Ich glaube an größte Modifikationen“, zeigte sich Peter Liehl im Gespräch mit der APA zuversichtlich. Die Wiener Richtervereinigung hat für Donnerstagnachmittag dennoch eine Sondersitzung einberufen und will über weitere Maßnahmen beraten. Das Wort „Streik“ nahm Liehl aber vorerst nicht mehr in den Mund.


„Schon die erste Arbeitsgruppe hat einen kleinen Erfolg für uns gebracht“, berichtete er. Man habe der Ministerin deutlich machen können, „dass es im Ministerium verabsäumt worden ist, mit den Praktikern zu reden und eine funktionierende Lösung auszuarbeiten, die für alle Vorteile bringt“. Die Richter wollen daher die weiteren Arbeitsgruppen, die für morgen, Freitag, und nach Pfingsten anberaumt worden sind, beschicken und in Ruhe diese Gespräche abwarten.


Christoph Pöchinger, der Sprecher von Justizministerin Karin Miklautsch, hatte am Monatsanfang gegenüber der APA erklärt, die endgültige Entscheidung in Sachen zweites Strafgericht werde Anfang Juni fallen. Für Peter Liehl hat sich daran nichts geändert: „Die Ministerin wird sich sicher die Argumente anschauen, die wir einbringen, und dann frei entscheiden.“

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