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David Villa - ein tragischer Held?

Spanien muss das EURO-2008-Finale am Sonntagabend im Wiener Ernst Happel Stadion gegen Rekordeuropameister Deutschland ohne seinen Torjäger David Villa bestreiten.

Der 26-jährige Valencia-Stürmer hat sich bei einem Freistoß im Halbfinale gegen Russland (3:0) am Donnerstagabend eine Muskelzerrung im rechten Oberschenkel zugezogen, wie eine Untersuchung Freitagmittag im Allgemeinen Krankenhaus (AKH) in Wien ergab.

“Villa wird im Endspiel nicht spielen können. Er hat sich einen Muskel gezerrt”, erklärte Spaniens Teamchef Luis Aragones, der Villa im Semifinale bereits nach 33 Minuten durch Cesc Fabregas hatte ersetzen müssen. Der Angreifer, der mit vier Treffern die EM-Torschützenliste anführt, scheint sich mit seinem Schicksal aber bereits abgefunden zu haben. “Jetzt will ich den Sonntag einfach nur genießen”, meinte Villa, nachdem er davon erfahren hatte, dass er im Endspiel im Ernst Happel Stadion nur Zuschauer sein wird.

“Ich bin ein bisschen traurig, dass ich nicht mitspielen kann, aber es ist besser, wenn ein Spieler auf dem Platz steht, der topfit ist. Ich kann ja nicht einmal richtig gehen”, erklärte der als “Villa Maravilla” (“Wunder-Villa”) von den Fans gepriesene Mann mit dem Torriecher.

Damit wird Aragones im Endspiel wohl auf ein 4-1-4-1-System vor Tormann Iker Casillas setzen, nachdem seine bisherige 4-1-3-2-Standard-Elf bei der EM nun durch den verletzungsbedingten Ausfall des Valencia-Stars nicht mehr auflaufen kann. Anstelle von Villa wird wohl Arsenal-Jungstar Cesc Fabregas beginnen, allerdings nicht als zweite Spitze neben Liverpool-Angreifer Fernando Torres, sondern auf der linken Mittelfeldseite.

Eine offensivere Variante mit Daniel Güiza als zweitem Stürmer ist auch möglich. Sowohl der in Minute 69 für Torres eingewechselte “Joker” Güiza als Schütze des vorentscheidenden zweiten Tores (73.) als auch der in Minute 34 für den verletzten Villa gekommene Fabregas als entscheidender Assistgeber beim 2:0 und 3:0 hatten am Donnerstagabend beim klaren 3:0-Sieg über Russland überzeugt. David Villa: Der tragische Held

Der 26-Jährige zog sich am Donnerstag beim 3:0-Sieg im Halbfinale gegen Russland eine Muskelverletzung im Oberschenkel zu und wurde bereits in der 34. Minute durch Cesc Fabregas ersetzt. Dass er bis zum Endspiel am Sonntag im Wiener Ernst-Happel-Stadion gegen Deutschland fit wird, würde an ein Mirakel grenzen, hieß es am Freitag. Bei seinem Spitznamen scheint aber alles möglich: “Villa Maravilla”, “Wunder-Villa”.

Bereits zum Auftakt der EURO 2006 hatte Spaniens Torjäger David Villa den russischen Bären beim 4:1-Sieg zum Auftakt der Gruppe D in Innsbruck mit drei Prankenhieben fast im Alleingang erlegt. Als er dann im Spiel darauf noch einmal zuschlug und knapp vor Schluss den 2:1-Sieg gegen Schweden fixierte, sprach man in Spanien schon davon, dass Villa den “Pichichi” (so wird dort der beste Torschütze eine Bewerbs genannt) holen werde. Bei einem Out im Finale ist der “Pichichi” freilich in Gefahr. Hinter Villa lauern mit Lukas Podolksi (3 Tore) sowie Michael Ballack und Bastian Schweinsteiger (je 2) drei Deutsche auf ihre Chance. Auch Teamkollege Daniel Güiza hat es bereits auf zwei Treffer gebracht.

Villa selbst wollte von solchen Spekulationen ohnehin nie etwas wissen: “Wer die Tore schießt, ist doch egal, wichtig ist, dass die Mannschaft gewinnt.” So ist es wohl eine kleine, aber schöne, Ironie des Schicksal, dass ihm das Team am Donnerstag eindrucksvoll bewies, dass es das auch ohne ihn tatsächlich kann. Nachdem Villa ohne Fremdeinwirkung beim Treten eines Freistoßes den berühmten Stich im Oberschenkel verspürt hatte, sprangen Xavi, Güiza und David Silva ein, um Russland wieder mit drei Toren Differenz nach Hause zu schicken. Somit blieb Villa vorerst bei 18 Toren in 34 Länderspielen.

Dass er ausgerechnet in Österreich zur Hochform auflief, kommt vielleicht nicht von ungefähr. Villa stammt aus Asturien. Landschaftlich unterscheidet sich diese Region im Norden Spaniens kaum vom Tiroler Alpin-Panorama, in dem Spaniens Team drei Wochen lang sein EURO-Quartier in Neustift im Stubaital belegt hat. Auch das regnerische Wetter ist er gewohnt: “Dafür gibt es den Schirm.” Auch wenn er einen solchen beim Platzregen in der ersten Hälfte des Semifinale natürlich nicht zur Verfügung hatte.

David Villa wurde am 3. Dezember 1981 in Tuilla, einem klitzekleinen Nest in der Gemeinde Langreo geboren. Bereits im Alter von vier Jahren hätte ihm beinahe ein Oberschenkel jeglichen Bubentraum von einer Fußballer-Laufbahn zunichte gemacht. Ein komplizierte Bruch ließ eine lebenslange Behinderung befürchten, doch blieb ihm dieses Schicksal durch die Kunst eines besonders engagierten Arztes erspart. Daher liegt Spanien heute nicht nur David, sondern auch Herrn Doktor Dionisio Cuetos zu Füßen.

Villas Heimatregion lebte bis vor kurzem hauptsächlich vom Bergbau, auch Davids Vater Mel war “minero”. In der Vergangenheit machten statt lokalen Helden bisweilen schwere Bergwerksunglücke mit Hunderten Toten Schlagzeilen, doch das ist vorbei. Die meisten Zechen sind geschlossen. Senor Villa senior ist ebenfalls bereits im Ruhestand. Doch lebt er immer noch hier, obwohl ihm sein Sohn längst ein mehr als beschauliches Leben an der levantinischen Küste finanzieren könnte. Schließlich sind dessen Fußballkünste dem Valencia CF eine ordentliche Stange Geld wert. Aber mit Sonne, Strand und Meer hat man in der rauen, aber bukolischen Bergwelt Asturiens wenig am Hut.

Zu Valencia war David Villa im Sommer 2005 für 12 Mio. Euro von Saragossa gekommen, wo er in zwei Saisonen 32 Tore in der Primera Division erzielte. Auch im UEFA-Cup 2004/05 traf er dreimal, einmal davon beim 2:2-Heimremis gegen die Wiener Austria. Dennoch schieden die Spanier mit einem Gesamtscore von 3:3 aus.

An sich wurde “Villa Maravilla” von Valencia zwar bis 2013 verlängert, doch gibt es Gerüchte, dass Vereine aus der Premier League (Chelsea) oder der FC Barcelona nach dem 26-Jährigen angeln. Das könnte auch für den höchst unterklassigen Verein Langreo Industrial, wo “el guaje” (“das Kind” oder “der Kleine”) ab 1991 seine allerersten Fußballschuhe zerriss, höchst lukrativ werden. Sollte der 1,75 Meter große Villa nach der EM tatsächlich zu einem Topclub wechseln, nascht der Provinzverein an der Transfersumme mit. Es könnte sich angeblich um ein Sümmchen von rund zwei Mio. Euro handeln.

Seinen Einstieg ins Profigeschäft hatte Villa im Jahr 2000 bei Sporting Gijon gemacht. Diesem Club gehört im Grunde immer noch ein großer Teil seines Herzens, aus dem er auch am 15. Juni keine Mördergrube machte: Sporting schaffte mit einem 2:0 gegen Eibar nach zehn Jahren der Zweitklassigkeit wieder den Aufstieg in die Primera Division.

David sah sich das Match auf einer Direktleitung eines spanisches TV-Senders im Teamhotel in Milders (Ortsteil von Neustift) an und war ganz aus dem Häuschen. Unter anderem jubelte der Superstar ekstatisch über einen Ex-Rapidler: Der Kroate Mate Bilic, der Österreichs Meister im Winter verlassen hatte, sorgte mit dem 1:0 für die Vorentscheidung.

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