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D: Ermittlungen wegen Fotos

Nach der Veröffentlichung von Skandalfotos von deutschen Bundeswehrsoldaten in Afghanistan wird gegen sechs namentlich bekannte Personen ermittelt.

Der deutsche Verteidigungsminister Franz Josef Jung sagte am Donnerstag im Bundestag, vier von ihnen seien inzwischen nicht mehr bei der Bundeswehr. Er drohte allen mit disziplinarischen und strafrechtlichen Konsequenzen. Zugleich warnte er vor einer „Pauschalverdächtigung“ von Bundeswehrsoldaten im Auslandseinsatz. Unterdessen entbrannte eine Debatte über die Ausbildung der Soldaten.

Gegen die mutmaßlichen Täter würden disziplinarische und strafrechtliche Maßnahmen eingeleitet, betonte Jung. „Wir werden sie einer gerechten Strafe zuführen.“ Das Verhalten der Soldaten stehe in diametralem Gegensatz zu den Werten des Grundgesetzes. „Wer sich so verhält, hat in der Bundeswehr keinen Platz.“ Die im Jahr 2003 aufgenommenen und von der „Bild“-Zeitung am Mittwoch veröffentlichten Bilder zeigen Soldaten einer Gebirgsjägerbrigade, wie sie in teils obszönen Posen mit dem Schädel eines Toten posieren.

Der deutsche Bundeswehrverband äußerte die Befürchtung, durch den Vorfall werde die Sicherheit der deutschen Soldaten in Afghanistan gefährdet. Mit Blick auf das Weißbuch zeigten sich Union und SPD einig über die geplante Grundgesetzänderung für den Einsatz der Bundeswehr im Innern. Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Bernhard Gertz, sagte der „Passauer Neuen Presse“ vom Donnerstag: „Dieser schlimme Vorgang ist geeignet, die Sicherheit der deutschen Soldaten in Afghanistan erheblich zu beeinträchtigen.“ Die „schockierenden Bilder werden natürlich in der islamischen Welt verbreitet werden. Diese Aufnahmen werden von (den radikalislamischen afghanischen) Taliban und (dem Terrornetzwerk) Al Kaida gegen uns instrumentalisiert werden.“

Zu dem am Mittwoch vom Kabinett beschlossenen Weißbuch zur Verteidigungspolitik sagte Jung im Bundestag, es solle die Grundlage für eine breite Debatte in Deutschland sein. Die Sicherheitspolitik Deutschlands sei eingebettet in die transatlantischen Beziehungen, aber auch in die Fortentwicklung der EU.

Mit Blick auf den Einsatz der Bundeswehr im Inneren verwies Jung darauf, dass die Streitkräfte insbesondere bei der Luft- und Seesicherheit einen Beitrag leisten könnten. Hierzu sei allerdings eine Verfassungsänderung notwendig. „Ich bin sicher, dass wir dies alsbald gewährleisten können“, betonte der Minister. SPD-Fraktionsvizechef Walter Kolbow bekräftigte, dass sich die Formulierungen im Weißbuch mit den Vorstellungen der SPD deckten. Die Streitkräfte sollten in dem engen Bereich der Luft- und Seesicherheit eingesetzt werden können, wenn die Mittel der Polizei nicht ausreichen. Dafür solle der Artikel 35 des Grundgesetzes geändert werden.

In allen Bundestagsfraktionen herrschte Einigkeit, dass der Vorfall unentschuldbar sei. Der CDU-Abgeordnete Bernd Siebert sagte: „Für uns Christdemokraten ist diese Totenschändung aufs äußerste zu kritisieren.“ Er dankte allen Soldaten, die das Ansehen Deutschlands auf ihren Auslandseinsätzen gemehrt hätten. Eine restlose Aufklärung sei man „all denen Soldaten schuldig, die sich in Auslandseinsätzen befinden und sich vorbildlich verhalten“, sagte die FDP-Abgeordnete Birgit Homburger. Die Grünen-Fraktionschefin Renate Künast wies darauf hin, dass der Skandal zu einer „Steigerung der Gefährdung der Soldaten führt, die jetzt da sind“.

Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Kolbow forderte im Bundestag eine Überprüfung der Werte und Verhaltensweisen, die den Soldaten in der Ausbildung mit auf den Weg gegeben werden. Jung sagte, er habe Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan gebeten, die Ausbildungsgrundlage und die Begleitung von Auslandseinsätzen zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen.

Kritik an der bisherigen Ausbildung der Soldaten übte auch Bundeswehrverband-Chef Gertz. Er forderte darüber hinaus eine gezieltere Personalauswahl. Der „Leipziger Volkszeitung“ sagte er: „Wir müssen genauer hinsehen auf die Menschen, die zu uns in die Armee kommen.“ Er wies auf das Problem der schlechten Bezahlung gerade in den unteren Mannschafts-Dienstgraden hin. „Wir müssen uns auch klarmachen, dass, wenn man schlecht bezahlt, aber einen sehr anstrengenden, gefährlichen und risikoreichen Beruf anbietet, man am Personalmarkt auch nur die Qualität bekommt, die zu diesem niedrigen Preis verfügbar ist“, sagte er.

Der katholische Militärbischof Walter Mixa forderte ebenfalls eine bessere Ausbildung von Soldaten in Auslandseinsätzen. „Der Skandal um die Fotos ist ein Alarmzeichen“, sagte Mixa im ZDF-Morgenmagazin. Er äußerte den Eindruck, dass junge Soldaten heute zum Teil nicht mehr „die innere, klare Einstellung“ hätten, um sich adäquat in einem Konfliktgebiet zu verhalten. Katholische wie evangelische Militärseelsorger müssten sich jetzt verstärkt engagieren, etwa im so genannten lebenskundlichen Unterricht für die Soldaten.

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