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Curevac-Impfstoff schützt nur zu 47 Prozent vor Corona-Infektion

Der Curevac-Impfstoff hat laut Zwischenanalyse nur eine vorläufige Wirksamkeit von 47 Prozent.
Der Curevac-Impfstoff hat laut Zwischenanalyse nur eine vorläufige Wirksamkeit von 47 Prozent. ©APA/AFP/ANP/JEROEN JUMELET
Die deutsche Biopharmafirma Curevac musste einräumen, dass der eigene Impfstoffkandidat leider weniger wirksam gegen das Coronavirus ist als erhofft.

Im Rennen um die Markteinführung eines weiteren hochwirksamen Corona-Impfstoffs hat Biopharmafirma Curevac aus dem deutschen Tübingen einen empfindlichen Dämpfer publik gemacht. Das Unternehmen musste einräumen, dass der eigene Impfstoffkandidat CVnCoV in einer Zwischenanalyse nur eine vorläufige Wirksamkeit von 47 Prozent gegen eine Corona-Erkrankung "jeglichen Schweregrades" erzielt habe. Damit habe er die vorgegebenen statistischen Erfolgskriterien nicht erfüllt.

Lieferung von Curevac-Impfstoff unsicher

Der Curevac-Impfstoffkandidat befindet sich schon seit Dezember - also seit rund einem halben Jahr - in der finalen und damit zulassungsrelevanten 2b/3-Studienphase. Während zahlreiche Konkurrenten ihre Vakzine längst auf den Markt gebracht haben, sammelt Curevac nach wie vor Daten. Ob Curevac nun überhaupt absehbar - und wenn, wann - liefern kann, bleibt vorerst unklar.

Die deutsche Bundesregierung hatte den Curevac-Impfstoff Berichten zufolge lange für die zweite Jahreshälfte eingeplant, auf der jüngst vom deutschen Bundesgesundheitsministerium veröffentlichten Liste der Impfstoff-Lieferplanungen fehlte das Unternehmen aber bereits. Zuletzt hatte die Plattform "Business Insider" berichtet, es habe noch Ende Mai in internen Lieferprognosen der Bundesregierung geheißen, dass von Curevac bis Jahresende eine zweistellige Millionenmenge an Impfstoffdosen erwartet werde.

Börsenkurs stürzte erheblich ab

Angesichts der massiven Zeitverzögerung hatte die Firma zuletzt nicht nur ihre Aktionäre immer wieder vertröstet. Bis Anfang Juni hatte es geheißen, das Unternehmen erwarte - abhängig von den klinischen Studiendaten - die Zulassung seines Impfstoffkandidaten in der EU zumindest noch im zweiten Quartal. Doch kurz darauf wurde bekannt, dass sich das Verfahren weiter verzögern werde. Zuletzt war darüber spekuliert worden, der Curevac-Impfstoff könne möglicherweise im August in der EU zugelassen werden. Auch diese Aussichten könnten sich nach Bekanntwerden der neuen Daten erledigt haben. Die Anleger reagierten zeitweise panisch: Der Curevac-Börsenkurs sackte im nachbörslichen US-Handel am Mittwoch um mehr als die Hälfte ab.

Impfstoffkandidat weniger wirksam als erhofft

Zur Frage, wie es mit dem bisherigen Impfstoffkandidaten nun weitergehen soll, äußerte sich Curevac nicht im Detail. Curevac-Vorstandschef Franz-Werner Haas teilte mit, man habe auf stärkere Ergebnisse in der Zwischenanalyse gehofft. Man wolle die laufende Studie aber dennoch bis zur finalen Analyse fortsetzen. "Die endgültige Wirksamkeit könnte sich noch verändern."

Der Curevac-Impfstoffkandidat basiert - ebenso wie beispielsweise das bereits länger in der EU zugelassene Vakzin des Konkurrenten Biontech - auf sogenannter "messenger RNA" (Boten-RNA) und unterscheidet sich damit von herkömmlichen Vektorimpfstoffen wie etwa jenem von Astrazeneca. Doch anders als bei Biontech oder auch beim US-Konkurrenten Moderna lässt die Wirksamkeit des Curevac-Impfstoffs offenbar deutlich zu wünschen übrig.

Wirksamkeit hängt von Alter und Virusstamm ab

Die Firma teilte mit, dass die Wirksamkeit des Impfstoffkandidaten von der untersuchten Altersgruppe und den Virusstämmen abhänge. In die Analyse sei die Wirksamkeit gegen mindestens 13 Covid-Varianten eingegangen.

Curevac hatte sich im vergangenen Jahr über einen Börsengang in New York sowie mehrmals über Kapitalerhöhungen frisches Geld verschafft und zudem eine Partnerschaft mit dem Pharmariesen Bayer vereinbart. Historisch noch enger verzahnt ist Curevac allerdings mit dem deutschen SAP-Mitbegründer und Investor Dietmar Hopp, der nach wie vor einen Großteil der Anteile an dem Unternehmen hält. Hopp sorgte zu Beginn der Corona-Krise im Frühjahr 2020 für Schlagzeilen, als er überraschend und öffentlichkeitswirksam verkündete, Curevac könne möglicherweise schon im Herbst 2020 einen Corona-Impfstoff liefern.

Curevac-Chef verteidigt Impfstoff, weiter Hoffnung auf Zulassung

Die vorläufig geringe Wirksamkeit des Corona-Impfstoffs von Curevac steht nach Ansicht des Vorstandsvorsitzenden Franz-Werner Haas zu Unrecht in der Kritik. Kein anderes Vakzin sei an so vielen Virusvarianten getestet worden, sagte Haas im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. "Es ist faktisch eigentlich nicht korrekt, die Zahl der vorläufigen Wirksamkeit unseres Corona-Impfstoffs und die Zahlen zur Wirksamkeit anderer Impfstoffe nebeneinander zu stellen", sagte Haas.

In der Studie zum Corona-Impfstoffkandidaten CVnCov seien 29 Virusvarianten enthalten. Das ursprüngliche Virus, der Wildtyp, spiele aber kaum mehr eine Rolle. "Die Zahlen zur Wirksamkeit der anderen Impfstoffe sähen vermutlich anders aus, wenn man deren Studien zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt hätte."

Das Unternehmen aus dem deutschen Tübingen möchte in den kommenden zwei bis drei Wochen die Analyse der Daten aus der finalen Studienphase abschließen. Dabei werde sich die Wirksamkeit des Impfstoffs nochmals verändern, zeigte sich Haas überzeugt. Sobald dies abgeschlossen sei, werde Curevac mit der EMA beraten, ob man noch weitere Daten benötige.

Die Mitteilung zur vorläufigen Wirksamkeit hatte einen drastischen Sturz des Börsenkurses von Curevac ausgelöst. Haas sagte dazu: "In unserem operativen Geschäft und auch bei unserer Liquidität hat sich seit Mittwoch nichts geändert."

Das Unternehmen ist weiter überzeugt, seinen Impfstoff bis zur Zulassung zu bringen. Haas zufolge soll dem auch eine möglicherweise relativ geringe Wirksamkeit nicht im Weg stehen. "Angesichts der Pandemie kann es nur heißen: Wenn es einen wirksamen Impfstoff gibt, sollte dieser auch zum Einsatz kommen." Haas verwies dabei auch auf die zahlreichen Entwicklungsländer, in denen bisher kaum oder gar keine Corona-Impfstoffe verfügbar sind.

Curevac-Investor Dietmar Hopp glaubt auch weiter an das Unternehmen. "Ich bin zuversichtlich, dass Curevac erfolgreich sein wird", sagte er der Heidelberger "Rhein-Neckar-Zeitung" (Freitag). Dem Portal merkur.de sagte Hopp, er bleibe "auf alle Fälle als Investor erhalten." "Ich glaube felsenfest an das Unternehmen", fügte er hinzu. Der Bund hält ebenfalls an seiner Beteiligung an Curevac fest, wie das deutsche Wirtschaftsministerium am Donnerstag erklärte. Der Bund war im vergangenen Jahr über die Aufbaubank KfW mit 300 Millionen Euro bei Curevac eingestiegen und hält laut KfW damit einen Anteil von 16 Prozent. Dabei hat die deutsche Bundesregierung aber keinen Einfluss auf das operative Geschäft, so eine Sprecherin.

Novartis wartet wegen Herstellung weitere Studien ab

Bei Novartis, die in Kundl in Tirol Bestandteile des Impfstoffs herstellen will, verfolgt man die Entwicklung und will weitere Studien abwarten. Ab Jahresmitte sollte die Produktion bei Kundl anlaufen, heuer bis Jahresende wurde die Herstellung von bis zu 50 Mio. Dosen des Wirkstoffes für Curevac vereinbart, im kommenden Jahr dann bereits bis zu 200 Mio. Dosen. Insgesamt 20 Mio. Euro wurden investiert, für die Impfstoff-Produktion sind 100 Arbeitsplätze geplant.

Novartis-Österreich-Chef Michael Kocher zeigte sich gegenüber der "Tiroler Tageszeitung" (Freitagausgabe) über die schwachen Wirksamkeits-Resultate des Curevac-Impfstoffs überrascht. Jetzt gelte es einmal die weiteren Studien abzuwarten. Der Produktionsvertrag von Novartis, das in diesem Fall ja nur als Lohnproduzent agiere, mit Curevac sei jedenfalls wasserdicht. "Wir gehen derzeit weiterhin davon aus, dass wir unseren Vertrag vollumfänglich erfüllen werden", betont Kocher. Grundsätzlich gebe es weltweit großes Interesse an Verträgen mit Produzenten, die Impfstoffe herstellen können. So könne man in Kundl im Fall des Falles, wovon man jetzt nicht ausgehe, auch andere Produkte herstellen.

"Wir verfolgen die Entwicklung aufmerksam und werden die endgültige Analyse und die Bewertung der Gesamtheit der Daten abwarten", hieß es von Novartis auch zum "Kurier" (Freitagausgabe).

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(APA/Red)

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