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Coronajahr 2020 brachte Fahrgasteinbruch bei der ÖBB

Eine Eisenbahnkrise konnte jedoch verhindert werden.
Eine Eisenbahnkrise konnte jedoch verhindert werden. ©APA/HANS KLAUS TECHT
2020 haben die ÖBB einen massiven Fahrgasteinbruch erlitten. Der Umsatz brach um 322 Mio. Euro auf 4,083 Milliarden ein.

Die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) haben im Coronajahr einen massiven Fahrgasteinbruch erlitten. Nach 477 Millionen Passagieren im Jahr 2019 nutzten 2020 nur mehr 287 Millionen Passagiere die ÖBB-Dienste. Der Umsatz brach um 322 Mio. Euro auf 4,083 Milliarden ein. Das operative Ergebnis (EBT) war mit 59 Mio. Euro positiv, 2019 wurden noch 169 Mio. erwirtschaftet. Die schwarzen Zahlen verdanken die ÖBB eigenen Einsparungen und der Hilfe vom Staat mit rund 200 Mio. Euro.

ÖBB erhielt 90,6 Millionen staatliche Unterstützung

Aufgegliedert kamen von der staatlichen Unterstützung 90,6 Millionen aus Nachverhandlungen im Personenverkehr und der Notvergabe für die Weststrecke, 60 Mio. Euro aus der Schienenmautsenkung (IBE), rund 25,6 Mio. Euro aus der Kurzarbeit und 13,9 Mio. aus der Einzelwagen- und Rola-Förderung sowie 7,2 Mio. Ansprüche aus dem Epidemiegesetz. Die ÖBB haben aber auch aus eigener Kraft mit einem Sparpaket und übrigen Effekten 378 Mio. Euro zum Ergebnis beigetragen. Auch damit konnte der coronabedingte Einbruch von 696 Mio. Euro wieder ausgeglichen werden.

Im Personenverkehr gingen ab dem ersten Lockdown im März 2020 die Passagierzahlen massiv zurück, im April waren um 82 Prozent weniger Menschen im ÖBB-Netz unterwegs. Im Jahresschnitt betrug der Rückgang rund 40 Prozent. Das entspricht den Fahrgastzahlen Ende der 1980er-Jahre. Auf der Schiene ging die Fahrgastzahl von 266,7 Millionen im Jahr 2019 auf 162,8 Millionen im Jahr 2020 zurück. Wobei es bei den Vorteilskarten und Österreich-Cards "nur" einen Einbruch um weniger als 10 Prozent gab. Das Ergebnis der Personenverkehrs-Sparte brach 2020 massiv ein auf 6,3 Mio. Euro, nach 100,1 Mio. im Jahr davor.

Güterverkehr hat sich nach Einbruch wieder erholt

Hingegen hat sich der Güterverkehr nach einem starken Einbruch im ersten Lockdown im vierten Quartal wieder erholt. Im April 2020 sanken die transportierten Mengen um 22 Prozent, dann ging es schrittweise aufwärts und im November war wieder ein Plus zum Vorjahr von 8 Prozent zu verzeichnen. Auch im Dezember wurde noch ein siebenprozentiger Zuwachs zum Vorjahresmonat verbucht. Insgesamt wurden nach 110 Millionen Nettotonnen im Jahr 2019 im Coronajahr 95 Millionen Nettotonnen transportiert. Das Ergebnis vor Steuern (EBT) lag im Teilbereich Rail Cargo mit 7,6 Mio. Euro sogar über jenem von 2019 mit 5,1 Mio. Euro.

Eisenbahnkrise konnte verhindert werden

"2020 war alles andere als ein einfaches Jahr, auch wir mussten auf Sicht fahren", sagte ÖBB-Chef Andreas Matthä am Freitag bei der Bilanzpressekonferenz. Angesichts der Bedeutung der Bahn für die notwendige Mobilität und für die Versorgung der Güter habe man alles versucht, eine weitere Krise, nämlich eine Eisenbahnkrise, zu verhindern. Der ÖBB-Konzern habe 2020 "ausgeglichen, mit einem leichten Plus" bilanziert. Das Eisenbahnpaket sei für den gesamten Sektor geschnürt worden und "war enorm hilfreich für alle Verkehrsunternehmen im Land", bedankte er sich.

Vergütung des Vorstands veröffentlicht

Im nach der Pressekonferenz veröffentlichten Geschäftsbericht der ÖBB ist auch die Vergütung des Vorstands im Jahr 2020 enthalten. Demnach erhielt Matthä insgesamt 597.000 Euro, davon waren 444.000 Euro fixe Bezüge und 153.000 Euro variable Bezüge für das Jahr 2019. Sein Holdingvorstandskollege Arnold Schiefer verdiente insgesamt 573.000 Euro, davon waren 486.000 Euro fixe Bezüge für 2020 und 87.000 Euro variable Bezüge für 2019.

ÖBB-Finanzvorstand Schiefer verwies auf das große Infrastrukturprogramm: 2020 wurden 2,6 Milliarden Euro in Erneuerung und Ausbau der Bahninfrastruktur investiert. Die rund 200 Baustellen der ÖBB-Infrastruktur sein bis auf wenige Tage im vollen Betrieb gewesen, was auch viele Arbeitsplätze sicherte. Mit dem im Vorjahr von der Bundesregierung beschlossenen Rahmenplan 2021-2026 von 17,5 Milliarden Euro habe man das größte Investitionspaket aller Zeiten auf Schiene gebracht. Das bringe dem Wirtschaftsstandort Österreich jährlich 5 Milliarden Euro Wertschöpfung und sichere bzw. schaffe pro investierter Milliarde 15.000 Arbeitsplätze.

Während der Bau des Koralmtunnels gut voranschreite, gebe es beim Semmeringbasistunnel immer wieder Probleme. "Der Berg bestimmt, wie schnell wir da bauen", sagte Matthä. "Wir bohren hier von Wasserloch zu Wasserloch, das ist ein tunneltechnischer Lehrpfad", räumte auch Schiefer die geologischen Schwierigkeiten ein. Insgesamt zeigten sich beide aber zuversichtlich, dass der Basistunnel auch dort fertig werde. Im Jahr 2025 will die Bundesbahn die Koralmbahn eröffnen, dann wird die Bahnfahrt von Graz nach Klagenfurt auf 45 Minuten verkürzt. Für die Attraktivierung der gesamten Südbahnstrecke sei der Semmeringbasistunnel erforderlich.

Finanzieller Ausblick für 2021 wesentlich besser

Der finanzielle Ausblick für das laufende Jahr sieht wesentlich besser aus, steht aber unter dem Schatten der Pandemie-Entwicklung: Soweit vorhersehbar peile man ein Jahres-Ergebnis von rund 100 Mio. Euro an, sagte Finanzvorstand Schiefer: "Wir glauben im Moment, dass unser Budget halten wird. Irgendwann werden auch die Corona-Impfungen einen Effekt haben, wenn nicht wieder eine neue Mutante zuschlägt." Daher gehe man davon aus, mit einem "dreistelligen Plus" über die Krise zu kommen. Ein positives Ergebnis sei - sowohl 2020 als auch 2021 - ja für die Finanzierungen der Verbindlichkeiten notwendig.

Dabei rechnet die Bundesbahn fest mit einer Rückkehr der Reiselust. Bahnreisen sei sicher, die Hygienemaßnahmen und die Luftventilation würden dies gewährleisten. Die coronabedingt derzeit gestoppten Nachtzüge sollen ab 24. Mai wieder rollen - soweit die Pandemie das zulasse. Das Angebot der Nightjets wird heuer ausgeweitet: Ein Nachtzug nach Amsterdam kommt schon ab Ende Mai dazu, in die französische Metropole Paris kann man dann ab Dezember über Nacht reisen. Ein weiterer "Sehnsuchtsort" laut Matthä wird mit einem ab Juni täglich fahrenden Tagzug von Wien aus direkt erreichbar sein: Die Hafenstadt Triest wird von der Bundeshauptstadt aus über Ljubljana fahrend angesteuert.

(APA/Red)

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