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Corona-Maßnahmen in Pflegeheimen wegen Freiheitsentzug vor Gericht

Bewohnervertreter lassen 30 Fälle prüfen.
Bewohnervertreter lassen 30 Fälle prüfen. ©APA/HELMUT FOHRINGER
Die Corona-Schutzmaßnahmen in Pflegeheimen könnten zu einem unzulässigen Freiheitsentzug geführt haben. Bewohnervertreter lassen 30 Fälle von Besuchsverboten und Isolationsmaßnahmen überprüfen.

Sie orten Eingriffe in die Grundrechte. Gefordert werden Verordnungen statt Empfehlungen, berichtete der "Kurier" (Donnerstagausgabe).

30 Fälle vor Gericht

Das Vertretungsnetz, das Bewohner von Pflege- und Betreuungseinrichtungen vertritt, hat mittlerweile rund 30 Fälle vor Gericht gebracht, bei denen die Maßnahmen der Heimbetreiber im Zuge der Coronakrise geprüft werden sollen. Darunter auch welche, bei denen Bewohner nach der Rückkehr aus dem Spital trotz negativer Corona-Tests 14 Tage isoliert wurden oder Fälle, bei denen Heimbewohner die Einrichtung nur zu bestimmten Zeiten verlassen durften.

Die Causa ist heikel, denn die in den Heimen umgesetzten Maßnahmen sollten dem Schutz der Bewohner dienen. Immerhin sind ein Drittel aller Corona-Sterbefälle auf Infektionen in Pflegeheimen zurückzuführen. Auf der anderen Seite könnte es sich dabei vielfach um Freiheitsbeschränkungen handeln. Das Vertretungsnetz sieht in den Ausgangssperren oder der Isolation im Zimmer Grundrechtseingriffe, die nur auf Basis gesetzlicher Grundlagen möglich seien.

Auch 50 Beschwerden beim Volksanwalt eingereicht

Wie die Verfahren ausgehen, ist offen. Aber die Bewohnervertreter sind jetzt schon damit beschäftigt, wie es im Herbst weitergehen könnte. Auch beim zuständigen Volksanwalt Bernhard Achitz sind bereits 50 Beschwerden in der Causa eingelangt. Achitz wünscht sich nun genauere Vorgaben seitens der Behörden. Maßnahmen zum Schutz oder begrenzter Ausgang seien nicht per se schlecht, "aber das Ganze muss rechtskonform sein: Wann und unter welchen Umständen dürfen Leute rein oder raus", fragt Achitz.

Verordnung für Pflegeheime gefordert

Es brauche also nicht nur Empfehlungen seitens des Gesundheitsministeriums, sondern Verordnungen. Und zwar solche, die nicht alle Heimbewohner über einen Kamm scheren, sondern etwa auch zwischen weitgehend selbstständigen Bewohnern eines Seniorenwohnheims und wirklich pflegebedürftige Menschen unterscheide. Etwas, das auch Wiens Patientenanwältin Sigrid Pilz fordert. Die Verantwortung dürfe jedenfalls nicht auf die Heime abgeschoben werden, sind sich Achitz und Pilz einig.

Im Ministerium verweist man im "Kurier"-Bericht auf die Pflegereform, die ab Herbst angegangen wird. Grundsätzlich sei Pflege aber Ländersache, neue gesetzliche Regelungen seien also schwierig. Man habe extra Empfehlungen ausgearbeitet.

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(APA/Red)

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